„Ich habe mir von dem Ganzen nur gemerkt, dass der Gefangene, der das Buch geschrieben hat, sich angeblich an die erste, von ihm also weiter weg liegende Zeit der Gefangenschaft besser erinnern konnte als an die späteren, dem Zeitpunkt des Schreibens näher liegenden Tage. Das hielt ich damals für ein wenig zweifelhaft, sozusagen für eine Erfindung. Nun, ich glaube, er hat doch die Wahrheit geschrieben - auch ich erinnere mich nämlich am besten an den ersten Tag, tatsächlich, wenn ich's bedenke, genauer als an die folgenden.“
Dieses Buch begann für mich ruckelnd, so als musste der Autor sich erst einmal zurechtfinden und den Übergang von Fiktion zu den eigenen Bildern im Kopf finden. Wir haben es hier mit einem Protagonisten zu tun, der jeder hätte sein können. Zumindest jeder Jugendliche; denn er ist erst 15. Und genau diese Tatsache macht das Buch so grausam, weil man daran teilnimmt, wie der kindliche Geist , das Geschehen um ihn herum zu erklären, zu verstehen - ja, fast zu entschuldigen sucht. Bis immer mehr Realität einsickert und man miterleben muss, wie die Persönlichkeit immer mehr leidet und schließlich aufzugeben droht. Am Ende muss man sich dann die Frage stellen, was bei diesen Erfahrungsberichten überhaupt heißt: es ist gut ausgegangen. „Ich werde mein nicht fortsetzbares Dasein fortsetzen. Meine Mutter wartet auf mich und wird sich wahrscheinlich sehr über mein Auftauchen freuen, die Arme. Ich erinnere mich, früher hatte sie den Plan, dass aus mir einst ein Ingenieur, ein Arzt oder dergleichen werde. Es wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch so werden, wie sie es wünscht; es gibt keine Absurdität, die man nicht ganz natürlich leben würde, und auf meinem Weg, das weiß ich schon jetzt, lauert wie eine unvermeidliche Falle das Glück auf mich. Denn sogar dort, bei den Schornsteinen, gab es in der Pause zwischen den Qualen etwas, das dem Glück ähnlich war. Alle fragen mich immer nur nach Übeln, den «Gräueln»: obgleich für mich vielleicht gerade diese Erfahrung die denkwürdigste ist. Ja, davon, vom Glück der Konzentrationslager, müsste ich ihnen erzählen, das nächste Mal, wenn sie mich fragen. Wenn sie überhaupt fragen. Und wenn ich es nicht selbst vergesse.“ Für mich ein wirklich gutes Buch, was in Erinnerung bleiben wird. ⭐️⭐️⭐️⭐️💫