Hab das Buch 1999 erstmals in der Schule und nun das dritte Mal gelesen. Ich mag Mulischs Sprache sehr und fühle nach all den Jahren immer noch mit Anton mit, der sich mit dem Trauma seiner Kindheit - wie vermutlich viele Opfer des Krieges - erst sehr spät beschäftigt.
Ein klares, tiefgründiges Denkmal gegen den Faschismus
Der junge Anton erlebt im Harleeem der besetzten Niederlanden 1945 mit, wie ein Kollaborateur vor dem Haus seiner Nachbarn erschossen wird. Seine Nachbarn legen die Leiche vor seinem Elternhaus ab, um der Rache der Nazis zu entgehen. Der Vergeltungsakt trifft mit voller Wucht Antons Familie: seine Eltern und sein Bruder werden noch in derselben Nacht erschossen. Nach dem Verlust seiner Familie nehmen Antons Onkel und seine Tante ihn bei sich in Amsterdam auf. Anton erlebt die Befreiung, geht zur Schule, dann studieren und wird Arzt. Er führt ein gewöhnliches Leben, ist für seine Zeit bemerkenswert unpolitisch - hat etwa keine Meinung zum Vietnamkrieg oder zu Atomwaffen. Selbst sein Beruf des Änästhesisten erscheint wie die ultimative Verdrängung, man könnte meinen, Anton verbringt sein Leben in psychischem Dämmerschlaf. Doch man spürt den unsichtbaren Strom in der Tiefe, Mulisch beschreibt knapp, aber präzise, wie Splitter der Vergangenheit Anton über die Jahre immer wieder aus der Bahn werfen. Der Roman verhandelt in schlichter, poetischer Sprache die Frage nach Schuld. Klare Leseempfehlung!
Wunderbares Buch. Es geht um die Geschichte von Anton, der Ende des 2. Weltkrieges Zeuge wird, wie seine Eltern eigentlich grundlos erschossen werden. Das Buch ist in 5 Episoden unterteilt, die mehrere Jahre auseinanderliegen. Dadurch erhält man einen guten Überblick über Antons Entwicklung nach dem Attentat. Und nach und nach werden auch die Hintergründe der Tat aufgedeckt und Anton gezwungen, sich mit dem Geschehenen auseinanderzusetzen. Wie von Mulisch gewohnt ein unglaublich schön geschriebenes Buch. Eigentlich beschreibt er nichts Außergewöhnliches, sondern nur eine Geschichte, wie sie genauso passiert sein könnte. Und trotzdem machen die Charaktere und völlig logisch wirkende Zufälle die Geschichte zu etwas Besonderem.