"Wir tragen die gesamte Last, aber Macht haben wir keine." Ganz starkes Buch! **Achtung, Rezension enthält am Ende Spoiler und Triggerwarnungen**
Das Buch hat mich von Seite eins an in den Bann gezogen. Helene, Mutter von drei Kindern, steht beim Abendessen vom Tisch auf und stürzt sich ohne Worte vom Balkon in den Tod. Die Lücke, die sie hinterlässt wird vor allem von ihrer besten Freundin Sarah und der Teenagertochter Lola aufgefangen. Der Vater der beiden Jungs (5 Jahre und 18 Monate) lebt sein Arbeitsleben weiter. Im Familienleben findet er überhaupt nicht statt. Lola, zunächst verloren nach dem Tod ihrer Mutter, findet Kraft im Kampfsport und dabei auch neue Freundinnen. Das Buch beschäftigt sich mit den Leben von Frauen im Patriarchat. Wieso bleibt die Care Arbeit an den Frauen, sogar schon an den Töchtern hängen? Wo sind die Männer? Das angeblich starke Geschlecht. Da kann ich nur drüber lachen. Wieder einmal mehr wird deutlich, dass die Welt ohne Frauen nicht funktionieren würde. Wieder einmal mehr wird deutlich, das Männer mit allem durchkommen. Auch mit sexuellen Übergriffen und Gewalt. Das Buch zeigt in erschreckender Art und Weise auf, in was für einer Gesellschaft wir leben. Das Traurige daran: es überrascht nicht. Positiv hingegen sind Lola und ihre Freundinnen. Die feministischen Ansichten, die teilweise radikal vorgetragen und ausgelebt werden, aber dann auch zu Sarah durchdringen, die aus einer anderen Generation stammt und eine Veränderung bewirken. "Das Grundgefühl zwischen Frauen ist Schwesterlichkeit und Zusammenhalt, aber wir werden in dieses Klima der Konkurrenz gezwungen." Das Buch sollte jede*r lesen. Uneingeschränkte Empfehlung, auch wenn es am Ende tatsächlich Wut ist, die bleibt. Achtung Spoiler: Frauen werden vergewaltigt, Männer aus Rache verprügelt. Hier wäre meiner Meinung nach eine Triggerwarnung am Anfang des Buchs angebracht. Auch wenn die Szenen oft kurz sind, so sind sie da. Zu lesen, dass eine junge Frau zum Oralsex gezwungen und mit einem Stock vergewaltigt wird, ist bedrückend, wenn auch sehr realitätsnah. Für Opfer von sexuellem Missbrauch oder Gewalt ist es vielleicht nicht so einfach sowas zu lesen. Aus dem Klappentext kann man nämlich nicht herauslesen, dass es auch um Gewalt und Missbrauch geht. Hier wäre mehr Sensibilität angebracht.