Nocht so spannend wie andere Bücher von Steinfest. Geschichte wirkt ab einem gewissen Punkt wie an den Haaren herbeigezogen
Aber was in aller Welt besaß nicht genau diese Eigenart, wie nie geschehen zu sein? Oder so, als sei das Geschehene bloß eine Erfindung aus einem Roman oder Film. Oder stamme aus dem Kopf eines Träumenden. Zitat, Seite 374 Der Autor selbst hat seinem Roman einige Erklärungen vorangestellt und zugleich die Hauptfigur enthüllt, nämlich die Zeit selbst. Vielleicht könnte man in dem Zusammenhang auch von Zeitsprüngen oder Zeitsplittern sprechen, wobei die Grundhandlung selbst in naher Zukunft, im Jahre 2025 angesiedelt ist. Allerdings beschleicht einem bei der Lektüre der Verdacht, dass der Schriftsteller als Meister der Scharaden, bereits im Vorneherein nicht mit offenen Karten spielte. Was will dieses Werk wirklich sein? - Ein Roman, offensichtlich, aber auch der Beweis, dass der Schriftsteller die Grenzen, die anderen Künstlern gesetzt werden, federleicht überwinden kann. Weil für das geschriebene Wort andere Regeln gelten wie für Gemälde, Skulpturen, Fotos oder sogar Filme. Ja, durch Worte können andere Kunstwerke sogar umgedeutet, neu interpretiert oder erweitert werden. Heinrich Steinfest spielt mit unserer Phantasie und steuert ein eigenes Feuerwerk an Ideen bei. Es gibt jedoch auch Elemente, die in anderen Romanen der Gegenwart existenziell erscheinen und bei diesem Werk bewusst ausgelassen wurden. Obwohl es ausreichend Material für eine romantische Note gibt, verzichtet der Verfasser komplett darauf, die naheliegende Richtung einzuschlagen. Vielmehr wird der geheimnisvolle Mittagsmann fast im Vorbeigehen zum Reisebegleiter der Protagonistin, die sich auf die Suche nach ihrer verschwundenen Großmutter macht, die mit ihrem inszenierten Foto "Sprung ins Leere", für ein Rätsel sorgt. Auch die Figuren werden zwar hinreichend in ihrer Lebensrealität dargestellt, auf eine Psychoanalyse verzichtet der Autor. Das passt sehr gut zu dem Thriller Faktor der Geschichte, scheint aber auch durch die klassische Literatur Japans beeinflusst. Überhaupt scheint die Kunst Japans einen wesentlichen Einfluss auf diesen Roman zu haben. Die offensichliche Referenz nennt Steinfest selbst, indem er die tragische Geschichte des Yukio Mishima im Werk zitiert. Die obsessive Beziehung zu einem dinglichen Objekt wie in "Der Goldene Pavillon" beschrieben, wird hier überdeutlich als Element aufgegriffen. Interessant ist auch die subtile Hommage an das Werk von Natsume Soseki, dessen Roman "Der Bergmann", das Lieblingsbuch von Haruki Murakami ist. Nicht nur der Name Soseki taucht im Roman auf, genauso oft, wie der japanische Schriftsteller betont, dass sein Werk eben kein Roman sei, so oft lesen wir im vorliegenden Buch, dass es sich um einen Roman handelt. Sogar die Figuren selbst scheinen zu spüren, dass sie in einer Fiktion eines Buches leben - so, wie man im Traum manchmal die Gewissheit hat zu träumen. So faszinierend auch die Gedankenspiele und auch die Schauplätze des Romans sind, manchmal schießt die Handlung übers Ziel hinaus. Die Bullet Train Vibes waren etwas drüber und manche Action Szene auch. FAZIT Teilweise etwas zu abgefahren und ins Detail verliebt, bietet der Autor Heinrich Steinfest anregende und spannende Unterhaltung auf einem literarisch hohen Niveau. Und er beweist federleicht, warum die Erzählkunst etwas ganz Besonderes ist und steht so beeindruckend für das Medium Buch ein. Sehr lesenswert.
Weder Krimi noch Fantasy noch Familiensaga, einordnen lassen sich Steinfests Romane kaum. Aber eintauchen kann man in seinen wunderbar schrägen Kosmos. Großartig, eigentlich sechs Sterne
Schade nur, dass seine Art Bücher zu schreiben nur wenigen vergönnt ist.