Ein HNO-Arzt erzählt Geschichten aus seinem Klinikalltag - und aus seiner Gefühlswelt. Bücher rund um Patientengeschichten und den Medizineralltag sind in der Regel spannend. Henry Marsh, Frank Vertosick, Paul Kalanithi, Abraham Verghese, René Prêtre, ... - die Liste der Ärzte, die ihre Berufsgeschichten in Bücher verpackt haben, ist lang, und die Bücher sind fast allesamt lesenswert. Auch die Patientengeschichten von Rainer Jund sind spannend - aber leider anstrengend (!) zu lesen. Der Schreibstil ist das große Problem, das ich mit diesem Buch habe. Es trieft vor Adjektiven und tragischen Vergleichen, kein Kapitel ohne Metapher, im Fokus sind im Buch nicht die Patienten, sondern das Gefühlsleben des Autors - was an sich kein Problem wäre, aber trotz seiner etwas "gewollt" wirkenden, poetischen Gefühlsschilderungen konnte ich beim Lesen keinen Draht zum Arzt aufbauen. Ich verstehe auch nicht so ganz, was das Buch mir sagen sollte; der Arzt wirkte in fast jedem Kapitel etwas unglücklich, wenn nicht gerade seine Norweger-Liebe aufgetaucht ist. Summa summarum: Ich habe schon viele Bücher von Ärzten gelesen, und viele mochte ich lieber. Wem ein Schreibstil, der wie ein Tannenbaum ausgeschmückt ist, nichts ausmacht, wird vielleicht Gefallen an dem Buch finden. Die Sprache ist (leider) nicht so schlicht wie das Cover.
Invalid Date17. Mai 2023
Tage in Weißvon Rainer JundPiper