23. Sept. 2022
Bewertung:4

Ist über die Queen nicht eigentlich schon alles, was man erzählen kann, berichtet worden? Jein, denn natürlich erfindet Paola Calvetti das Leben der wohl bekanntesten lebenden Frau dieses Planeten nicht neu, aber es gelingt ihr durch eine spannenden Blickwinkel zumindest neue Sichtweisen zu erzeugen. Im Grunde ist auch diese Biographie völlig konventionell und beschreibt das Leben Elizabeth II. von der Kindheit bis - ja das ist am Ende sehr morbide und etwas verstörend - zum Tod. Denn das letzte Kapitel gibt sogar einen umfassenden Ausblick darauf, was das Vereinigte Königreich und die Welt zu erwarten haben, wenn diese pflichtbewusste und durch und durch royale Frau die Krone nicht mehr tragen kann. Was allerdings frischen Wind in diese Lebenserzählung bringt, ist die Perspektive der Fotografen, die sich wie ein roter Faden durch die Biographie zieht. Jedem Kapitel bzw. Lebensabschnitt ist ein ikonographisches Foto vorangestellt, dessen Entstehungsgeschichte ebenso näher erläutert wird wie die Biographie des jeweiligen Fotografen. Insgesamt hätte ich mir bei dem ein oder anderen Bild sogar noch mehr Information gewünscht, im Großen und Ganzen ist dies aber ausgesprochen interessant und gut gelungen. Da die Autorin auch immer wieder andere Fotos in ihrer Überlegungen und Darstellungen einbezieht, wäre ein Fotoanhang wünschenswert gewesen (ich vermute, dieser fiel einer engen Budgetplanung zum Opfer), denn so musste man sich die beschriebenen Bilder im Internet zusammensuchen. Der Text selbst ist ausgesprochen informativ und lesbar, es finden sich einige Anekdoten und sehr viele Hinweise über die Lebenswelt der Queen, selbst royale Fans finden sicherlich noch den ein oder anderen neuen Aspekt. Leider schleichen sich auch immer wieder ein paar Ungenauigkeiten ein: die Königin wird z.B. einmal als "Hoheit" statt als "Majestät" bezeichnet, bei der Eheschließung von Elisabeth und Philip wurde nicht "God Save the Queen" gespielt, sondern selbstverständlich "God Save the King" und da Edward VIII. bereits im Dezember 1936 seinen Thronverzicht erklärt hat, werden amerikanische Magazine wohl kaum im Januar 1937 sich noch Wallis Simpson als zukünftige englische Königin vorgestellt haben. Ein weiteres Manko des Textes, der das Lesevergnügen jedoch nicht beeinträchtigt, ist der Umstand, dass die Autorin keine Interviews geführt hat. Ihre gesamten Ausführungen beruhen auf Sekundärliteratur, Artikeln und Dokumentationen - zumindest das ein oder andere Interview mit einem Fotografen hätte ich sehr bereichernd gefunden, denn auch wenn es natürlich Verschwiegenheitsklauseln gibt, wäre ein Einblick in die generelle Vision eines Porträts doch aus persönlicher Sicht doch spannend gewesen. Insgesamt ist "Die Queen" jedoch eine große Leseempfehlung, für alle die mehr über eine Ikone des 20./21. Jahrhunderts erfahren möchten. Es liest wie eine überdimensionale Gala oder Bunte, macht schlauer und einfach viel Spaß.

Die Queen
Die Queenvon Paola CalvettiPiper