Es gibt diese Bücher, in denen Plott, Storytelling, Figuren und sowieso alles, was man sonst an guten Büchern schätzt in den Hintergrund rücken und man sich einfach nur an einem wunderschönen Schreibstil erfreuen kann.
"Tochter einer leuchtenden Stadt" war ein Spontankauf. Ich kannte weder Titel, noch Autorin, beschloss aber das Buch zu kaufen, da mich die ersten 10 Seiten schon begeistert hatten. Kurz zur Story: Die Geschichte spielt in Smyrna, dem heutigen Izmir, zu einer Zeit in der die Stadt als wichtige Handelsstadt florierte und sowohl von Türken, als auch Griechen und Europäer bevölkert wurde. Wir begleiten verschiedene Figuren aus verschiedenen Familien, deren Geschichte und Zukunft mit der Stadt verknüpft ist. Schreibstil Es war nicht der Plot, der mich an das Buch fesselte, sondern dieser intensive, wunderschöne Schreibstil von Defne Suman. Sie schreibt so eindringlich, dass ich die Zitronen, Orangen, Datteln und Gewürze der Stadt förmlich riechen konnte. Obwohl ich nie in Izmir war, baute sich die Stadt vor meinem inneren Auge auf, als würde ich seit Jahren dort leben und das obwohl sich die Autorin nicht in ausschweifende Beschreibungen der kleinsten Details verliert. Es fällt mir schwer diesen Schreibstil so zu beschreiben, wie er es verdient. Defne Suman schafft es den Leser das Gefühl zu vermitteln, direkt neben den Figuren in dieser Stadt zu stehen, die Gerüche einzuatmen, die Hitze der Sonne zu spüren, den Lärm der alltäglichen Dinge zu hören, nur um dann in einem fast schon plumpen Nebensatz den Plot in eine Richtung zu lenken, die den Leser vor Überraschung zusammenzucken lässt. Leider bleibt ein nicht ganz unerheblicher Kritikpunkt meinerseits stehen: Das Storytelling Wir begleiten in diesem Buch sehr viele Figuren. Normalerweise habe ich damit absolut kein Problem und begrüße den frischen Wind, den die Perspektivwechsel in eine Geschichte bringen können. Aber bei "Tochter einer leuchtenden Stadt" wird nahezu willkürlich Perspektive und Zeitebene gewechselt. Teilweise binnen eines Absatzes. Man erhält auch leider keine Datumsangaben und muss sich aus dem Kontext erschließen, um welches Jahr es ungefähr geht. In einem Kapitel leben noch alle friedlich zusammen, im nächsten Absatz formiert sich schon der Untergrund , im nächsten Kapitel wurde die Stadt schon niedergebrannt, um dann wieder friedlich zu erscheinen, ohne blutige Kämpfe. Kurzum: es gibt keinen roten Faden, der durch die Geschichte führt. Braucht das Buch aber auch nicht. Denn es gibt diese Bücher, in denen Plott, Storytelling, Figuren und sowieso alles, was man sonst an guten Büchern schätzt in den Hintergrund rücken und man sich einfach nur an einem wunderschönen Schreibstil erfreuen kann. Genau so ein Buch ist "Tochter einer leuchtenden Stadt". Ganz klare Leseempfehlung für alle, die wissen wollen, wie schön Sprache sein kann und damit ein großes Lob an die Übersetzerin Andrea Schellinger.