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Bewertung:5

Vor über zwei Jahren habe ich das Buch zum ersten Mal gelesen. Es hat mich begeistert. Seitdem spukte mir Karlsbad als Reiseziel im Kopf herum. Nun bin ich tatsächlich in dieser wunderschönen Stadt und habe das Buch zum zweiten Mal gelesen. Es war ein Genuss! Zum einen, weil ich die Bilder aus dem Anfangsteil der Erzählung, in dem Karlsbad mit seinen Quellen beschrieben wird, real vor Augen habe. Ich wandele bildlich gesehen auf Goethes (und Günthers) Spuren durch den Ort. Zudem verstehe ich inzwischen viel besser, wie fabelhaft der Autor am Schicksal von Amalie und Henri zunächst "Die Leiden des jungen Werther" (ohne das tragische Ende) illustriert, um im weiteren Verlauf den Fokus auf Goethes Verbindung mit Christiane Vulpius, auf deren gesellschaftliche Missachtung wie auch auf deren trostloses Ende zu richten. Bei alldem wird Goethe keinesfalls verherrlicht. Thematisiert wird insbesondere sein gestörtes Verhältnis zu Tod und Krankheit, das ihn dazu veranlasst hat, die geliebte Christiane in ihren letzten Stunden allein zu lassen (und im übrigen auch noch nicht einmal an ihrer Bestattung teilzunehmen). Auch seine Mitwirkung an der Verurteilung der Kindsmörderin Johanna Catharina Höhn zim Tode sowie den - damals durchaus üblichen - herzlosen Umgang mit seinem "Kuckuskind" und deren Mutter spart Günther nicht aus. Beeindruckend!

Goethe in Karlsbad
Goethe in Karlsbadvon Ralf GüntherROWOHLT Kindler