11. März 2025
Bewertung:4

In der ersten Hälfte habe ich die Hoffnung in die Menschheit verloren, in der zweiten Hälfte habe ich sie wiedergefunden.

Der Start war etwas zäh: Zu viele Austriazismen, viel zu viele Figuren, die irgendwie alle gleich klangen und ähnlich agierten. Dankenswerterweise ist hinten ein Glossar mit österreichischen Begriffen sowie den Haupt- und Nebenfiguren. Ich bin dran geblieben, da Eva Menasse es wirklich versteht, große Gedanken in wunderschöne, beeindruckende und nachhallende Sätze zu verpacken. Außerdem erinnerten mich die Dunkelblumer sehr an die Bewohner in ost- (sicherlich auch west-)deutschen Landstrichen, die einige Teile der Geschichte ebenso lieber in dunklen Kisten verschließen und für immer vergraben wollen und dafür andere Erinnerungen verklärt romantisiert bei jeder passenden Gelegenheit hervorholen. Die vielen ähnlichen Figuren sind für mich daher ein Stilmittel, dass diese ländlichen Gegenden und ihre Einwohner mit scharfer Beobachtungsgabe einfängt. Ein gutes Gegengewicht stellen zudem Figuren wie Lowetz und Flocke dar, die die Vergangenheit und Verhaltensweisen der Dunkelblumer kritisch hinterfragen und aufarbeiten wollen. Nach einem schwierigen Start gab ich mich dem Sog von Dunkelblum hin und das lohnt sich, denn Eva Menasse verbindet zwei große historische Ereignisse auf gekonnte Weise und zeigt, wie komplex das Menschsein ist.

Dunkelblum
Dunkelblumvon Eva MenasseE-Books im Verlag Kiepenheuer & Witsch
20. Dez. 2023
Bewertung:5

Die Thematik und die Sprachgewalt von Eva Menasses neuem Roman haben mich absolut begeistert. Gekonnt schafft sie neue Bilder ohne sich althergebrachter Stereotypen zu bedienen. Chapeau! Die Geschichte der Gräueltaten, die zu Ende des 2. Weltkrieges in dem österreichischen Dörfchen Dunkelbum an der Grenze zu Ungarn begannen wurden, lassen den Leser betroffen schlucken. Vor allem nach der Lektüre des Nachwortes, in dem Menasse erklärt, dass sie sich von der Geschichte des realen Dorfes Rechtens zu diesem Roman hat inspirieren lassen. Der Roman hat mein Interesse an der Rolle Österreichs zur Zeit des 2. Weltkrieges geweckt. Eine Thematik, über die ich als Schweizerin leider (noch) fast nichts weiss. Mehr zu der Thematik und meinem Unwissen darüber, erfahrt Ihr hier: https://youtu.be/i3ilBnlyKIQ Viel Spass beim Lesen!

Dunkelblum
Dunkelblumvon Eva MenasseE-Books im Verlag Kiepenheuer & Witsch
14. Nov. 2023
Bewertung:5

" Wenn die Träume groß sind, werden es auch die Enttäuschungen." Ein Tourist kommt in die Stadt und stellt Fragen, eine Leiche wird gefunden, ein jüdischer Friedhof wird restauriert, eine junge Frau verschwindet. Und die Dunkelblumer schützen ihre Geheimnisse, um jeden Preis. Ich liebe den Schreibstil von Eva Menasse. Sie kann mit ihren Worte Bilder malen, Gefühle lebendig werden lassen. Ihre Metaphern sind sehr oft großartig, ihre Vergleich treffend und oft wunderbar bissig. Mit viel östereichischem Lokalkolorit (für den es glücklicherweise ein Wörterbuch gibt) und einem tiefsinnigen scharfzüngigem Humor erzählt uns die Autorin von Dunkelblum, einem vermeintlich harmlosen kleinen Städtchen kurz an der Grenze zu Ungarn. Das Buch ist überladen von vielen verschiedenen Personen und ihren Geschichten ... und vor Allem ihren Geheimnissen. Zum Glück gibt es in den neuen Auflagen ein Personenregister, das ich regelmäßig zu Rate ziehen konnte ohne mich zu spoilern. Wir wechseln zwischen verschiedenen Erzählperspektiven und verschiedenen Zeitebenen, all dies erfordert eine hohe Konzentration beim Lesen. Und ein Mitdenken, was mich besonders begeistert hat. Ich hatte das Glück, das Buch mit zwei Mitleser*innen zu lesen und durch den regelmäßigen Austausch konnten wir gemeinsam miträtseln und Verbindungen ziehen, Menschen und Ereignisse verknüpfen und Vermutungen anstellen. Die Ereignisse im fiktiven Dunkelblum sind u.a. an ein reales östereichisches Dorf angelehnt und man merkt dem Buch in seiner Detailverliebtheit die große historische Recherche an. Bis zurück in die dunklen Zeiten des 2.Weltkrieges reichen die Wurzeln dieser Geschichte. Und Eva Menasse präsentiert uns mit der anstehenden Wende in der DDR im Sommer 1989 noch ein weiteres historisches Ereignis. Die Personen sind vielschichtig, und auch wenn man eindeutige Verbrecher und einige "Scheinheilige" ausmachen kann, so sind doch viele Charaktere nicht eindeutig "gut" und "böse" was mir ziemlich gut gefällt. Und bei der Vielzahl der Personen gibt es nicht den einen Hauptcharakter, im Mittelpunkt steht die Kleinstadt Dunkelblum als Ganzes. Viele Fragen werden aufgeworfen, viele lose Ende warten darauf, verknüpft zu werden und sobald man einen Hinweis entdeckt stellen sich direkt wieder neue Fragen. Und nicht alle Fragen werden am Ende beantwortet, so viel sei verraten. Denn im Roman geht es eher um die Geheimnisse, um das Schweigen, um ungesühnte Verbrechen, um Schuld und um Rache. Die Autorin lässt die Charaktere selber erzählen, wie man in Dunkelblum mit Geheimnissen umgeht: "Dass dieses Gespräch niemals stattgefunden hatte, war klar, keine musste das aussprechen. Das war hier alte Tradition, damit waren sie bisher immer gut gefahren." Ein paar Szenen sind nichts für zarte Gemüter wobei die Autorin niemals übertreibt in irgendwelchen Gewaltdarstellungen. Durch die vielen Rätsel gab es für mich im Roman eine dauerhaft anhaltende Spannung, die mich durch die Seiten gezogen hat. Das Ende kommt mit einem Knall und nach einem ersten Schrecken und dann großer Begeisterung, hätte ich das Buch am Liebsten direkt wieder von vorne begonnen. Wenn denn nicht noch so viele andere Bücher darauf warten würden, gelesen zu werden. Man muss sich auf diesen Roman einlassen, man muss sich hineinfallen lassen in eine Geschichte, die Fragen aufwirft, in einen großen Mischtopf aus Menschen und Meinungen, aus Geheimnissen und Lügen. Nicht ganz einfach, man sollte aufmerksam lesen um nichts zu verpassen, um den Überblick zu behalten. Und man wird belohnt mit einer ganz besonderen Geschichte, die mich sicherlich noch lange beschäftigen wird.

Dunkelblum
Dunkelblumvon Eva MenasseE-Books im Verlag Kiepenheuer & Witsch
25. Sept. 2023
Bewertung:5

Wow! Was für ein tolles Buch! „Dunkelblum“ war zwar das erste Buch der österreichischen Autorin Eva Menasse für mich, aber sicherlich nicht das letzte. Sie hat mich mit ihrer vom ersten Satz an in ihren Bann gezogen und ich habe sowohl die Sprache und Geschichte als auch die tolle Leserunde total genießen können! Dunkelblum ist ein fiktiver Ort in Österreich, kurz vor der ungarischen Grenze. Angelehnt ist der Ort an die österreichischen Gemeinde Rechnitz, in der im Jahr 1945 von dort stationierten SS-Leuten ein Massaker an etwa 200 jüdischen Zwangsarbeitern verübt wurde. Aber auch andere Begebenheiten aus der Zeit des zweiten Weltkrieges in Österreich webt die Autorin in die Geschichte ein, was zusammen mit der großen Anzahl an Dunkelblumern zu eine unglaubliche komplexe Geschichte ergibt, bei der ich all meine Sinne und Konzentration zusammennehmen musste, um den Durchblick nicht zu verlieren. Die eigentliche Geschichte spielt im Sommer 1989. Mehrere Fremde sind in Dunkelblum, darunter eine Gruppe Studierende, die den jüdischen Friedhof sanieren wollen und ein rätselhafter Besucher, der mit seinen unermüdlichen Fragen etliche Dunkelblumer aufschreckt. Es gibt keine klare Hauptfigur in dem Buch, dafür umso mehr Figuren, aus deren Perspektive die Geschichte erzählt wird … oder auch nicht erzählt wird. Denn was die Dunkelblumer eint, ist ihr „tosendes Schweigen“ über Dinge – große und auch kleine individuelle Geheimnisse, die teilweise schon lange zurückliegen. Mal wird hier ein Spotlight hingerichtet, mal dort, mal sind wir in der Vergangenheit im zweiten Weltkrieg, mal bei den DDR-Flüchtlingen, die hinter der nahgelegenen Grenze in Ungarn auf die Weiterreise warten. Es wirkt wie ein großer bunter Wandteppich, der sich aus vielen kleinen Bildern zusammensetzt und eine große, spannende Geschichte erzählt. Ich habe die Sprache der Autorin als bildgewaltig und ehrlich empfunden. Mit einem bissigen, feinen Humor fängt sie so grandios gut ein, wie so eine Kleinstadt mit ihren so unterschiedlichen Bewohner funktioniert und tickt, wer mit wem oder gegen wen und die vielen Andeutungen, die sie macht, die großen und kleinen Geheimnisse, die unter der Oberfläche aufblitzen, haben eine absolute Sogwirkung auf mich gehabt. Sie fängt den Zeitgeist so gut ein, stellt tolle Vergleiche an und hat so viele tolle Szenen und einzelne Sätze in ihren Roman gepackt, dass evtl. kleinere Kritikpunkte – zumindest für mich – nicht ins Gewicht fallen. Ein Kritikpunkt war z.B. ein wenig Schwafelei um Dinge, die nicht wirklich was für die Geschichte tun und die mich weniger interessierten oder auch das Ende, das man wirklich mögen muss. Auch ich musste erstmal schlucken, aber inzwischen feiere ich das Ende, genau so wie es ist. Da ich leider noch eine „alte“ Ausgabe ohne Personenregister habe, bin ich mitunter ein wenig ins Schwimmen geraten. Ohne meine Notizen und die Leserunde hätte ich in der Geschichte durchaus auch verloren gehen können. Alles in allem war es ein wirklich grandioses Buch mit einer tollen Geschichte und Sprache, mit sperrigen, mit liebenswerten aber auch mit absolut hassenswerten Figuren und einer Kleinstadt, die so echt wirkt und aus der ich gar nicht auftauchen wollte.

Dunkelblum
Dunkelblumvon Eva MenasseE-Books im Verlag Kiepenheuer & Witsch
22. Aug. 2023
Bewertung:5

Für mich beschreibt "Dunkelblum" wie eigentlich die Schweigekultur über den Holocaust und auch die eigene Involvierung in diese Verbrechen funktioniert. Eine Hand wäscht die andre... oder klarer ausgedrückt: Wenn Du mich nicht verrätst, kann ich Dich auch nicht verraten. Jede der Täter - Figuren zeigt durch ihr jeweiliges Verhalten, wie dieses Schweigen durch Handlungen und dem nur verfälscht über bestimmte Ereignisse sprechen, dazu beiträgt die Vergangenheit nicht nur zu verschweigen, sondern eine neue zu Konstruieren. In dieser Konstruktion halten sich ganz andere Wahrheiten, die eigentlich Lügen sind aber als Wahrheit ausgegeben werden. Dieser Selbstschutz hat verschiedene Dimensionen, zum einen muss man sich so nicht mit der eigenen Schuld auseinander setzen - Schuld sind immer nur die andren. Zum anderen kann man so eben auch nicht schuldig im Sinne einer Verurteilung vor Gericht gesprochen werden. Das Dorf hält zusammen und das gerade auch weil sie alle genau wissen, das sie alle irgendwie involviert waren. Sei es am Mord selbst, oder weil sie verschiedentlich davor und danach davon profitiert haben, weiter zu Schweigen. Interessant finde ich persönlich auch, wie weitere Generationen in diese Dorfgeschichte eingebunden werden. Sie wissen die Wahrheit und doch auch wieder nicht. Das Schweigen, verschweigen, Wahrheit verbiegen bis sie einem selbst am besten passt... das lernten nicht nur die Dunkelblumer... Eigentlich hat Dunkelblum ein ganz konkretes Vorbild. Der Fall geht soweit, das sogar Menschen dafür ermordet wurden. Nur um dafür zu Sorgen das niemand nach dem Massengrab der ungarischen Juden und Jüdinnen sucht. Bis heute ist es nicht gefunden worden, obwohl historisch belegt ist, dass es da sein muss und das die Morde geschehen sind. Doch bei genauerer Betrachtung legt der Roman noch weit mehr offen... Jede deutsche Familie von Täterseite hat ihre eigene Schweigekultur aufgebaut. Mein Opa hat quasi verboten über diese Zeit auch nur eine einzige Frage zu stellen. Meine andren Großeltern pochten auf dem "Wir haben von nichts gewusst" Die Aufarbeitung in der Nachkriegszeit brachte kaum Verurteilungen, dafür aber eben jene Schweigekultur hervor, die unsere Gesellschaft so stark durchdrungen hat, das sie noch heute spürbar ist. Der Roman hält uns eine unangenehme Wahrheit vor Augen. Wir sind Dunkelblum, manchmal mehr, manchmal weniger. Und auch wenn es mancher Orts wie in Rechnitz (der Vorlage für Dunkelblum) die Verbrechen direkt vor Ort verübt wurden, kann sich kaum jemand, weder in Deutschland noch in Österreich davon ausnehmen. Die Taten liegen offen vor uns, wir sind nicht mehr die Täter:innen selbst. Aber wir sind diejenigen, die dafür sorgen müssen, das offen darüber gesprochen wird. Das wirkliche Aufarbeitung stattfindet. Es tut weh, zu wissen das unsere Großeltern, Urgroßeltern eben mitgemacht haben. Eben keiner ein entschiedenes Nein entgegengesetzt hat. Es schmerzt umso mehr, das die Ermordung der europäischen Jüdinnen und Juden, Sinti, Roma, Homosexueller, Widerstandskämpfe:Innen, psychisch Kranker, Behinderter Menschen am besten nie wieder laut ausgesprochen werden sollte... Scham und Schuld vergehen aber nicht, wenn man die Wahrheit nicht laut ausspricht und für das, was man getan hat endlich gerade steht. Viele haben ihre Wahrheiten mit ins Grab genommen und auch in Dunkelblum herrscht weiterhin diese merkwürdige Mischung aus: Es gibt die Wahrheit, sie ist bekannt und gleichzeitiger Verdrängung bis man selbst glaubt, was man sich da einredet. Ich hoffe dass das Massengrab in Rechnitz doch gefunden werden kann und die Menschen ein würdiges Begräbnis erhalten. Das ist das mindeste um ihnen ihre Würde wieder zu geben. Eva Menasse hat eine Sprache dafür gefunden, wie man dieses Schweigen erzählen kann. Eindringlich und durch verschiedene Augen beschreibt sie einen Ort, der einerseits für Rechnitz und seine Geschichte steht, aber auch uns allen den Spiegel vor hält. Für mich ein absolutes Highlight das mich so schnell nicht wieder los lassen wird...

Dunkelblum
Dunkelblumvon Eva MenasseE-Books im Verlag Kiepenheuer & Witsch
19. Aug. 2023
Bewertung:5

Eine Stadt und ihre schmutzigen Geheimnisse.

An Dunkelblum bin ich ohne jede Vorkenntnisse herangegangen. Zum einen wusste ich nichts über den Inhalt, zum anderen schien mir die Autorin unbekannt. Dazu später mehr. Doch dann eröffneten sich mir beim Zuhören Abgründe, die so gut geschildert wurden, dass ich mich fast schon mit Vergnügen hineinstürzte. Eva Menasse beschreibt anschaulich und fast lustvoll die Geschichte einer Stadt, die in der Nazizeit allen Anstand verloren hat und sich komplett in Vertuschen und Verschleiern verliert. Doch damit kommen die Einwohner Jahrzehnte später nicht mehr zurecht und was dann ans Tageslicht gebracht wird ist gruselig und als Leser fragt man sich, wie wohl die eigene Stadtgeschichte jetzt oder in Zukunft aussehen mag... Eva Menasse ist eine ruhige Erzählerin. Das Hörbuch hat sie selbst eingelesen und ich mag ihre Stimme und den leichten, österreichischen Akzent. Alles in allem war es eine sehr gute Leseunterhaltung. Und da mir später einfiel, dass ich vor Jahren ihren Roman Quasikristalle abgebrochen habe, werde ich dieses Buch jetzt wieder auf meine Leseliste packen. Ich denke, ich werde es jetzt mit anderen Augen sehen.

Dunkelblum
Dunkelblumvon Eva MenasseE-Books im Verlag Kiepenheuer & Witsch
29. März 2023
Bewertung:4

Das Buch ziert und zieht sich. Fast möchte man meinen, es möchte nicht gelesen werden, so vielfältig sind die Sprünge und Brüche in der Erzählweise. Aber wenn man geduldig und hartnäckig dabei bleibt, wird man mit einer komplexen Story belohnt. Das Buch zweimal zu lesen hilft definitiv! Wer auf einen unterhaltsamen Pageturner zum Weglesen aus ist, wird mit dem Buch jedoch nicht glücklich werden, glaube ich.

Dunkelblum
Dunkelblumvon Eva MenasseE-Books im Verlag Kiepenheuer & Witsch
28. Sept. 2022
Bewertung:4

Ein Mantel des Schweigens liegt über dem burgenländischen Städtchen Dunkelblum. Kurz vor Ende des 2. Weltkrieges wurden in dem Ort, der in Wirklichkeit Rechnitz heißt, Dutzende ungarische Juden erschossen, die als Zwangsarbeiter eingesetzt worden waren. Und zwar in einer Nacht, als im örtlichen Schloss eine letzte Party gefeiert wurde, deren entsetzlicher Höhepunkt der Mord an den Juden war. 1989 sind noch etliche Dunkelblumer am Leben, die etwas über die Mordnacht wissen, aber nicht darüber sprechen. Eva Menasse erzählt in ihrem Roman von Versuchen, die Dunkelblumer zum Reden zu bewegen. Von Opfern, Mitläufern und Altnazis, die relativ unbehelligt ihr Leben weiterlebten. Das macht sie mit viel österreichischem Humor und Sprachwitz, der die Lektüre zum Vergnügen macht. Es werden zahlreiche Charaktere eingeführt und Hinweise und Fäden zusammengeführt, doch am Ende ist längst nicht alles geklärt. Hat mir sehr gefallen.

Dunkelblum
Dunkelblumvon Eva MenasseE-Books im Verlag Kiepenheuer & Witsch
23. Sept. 2022
Bewertung:4

Dunkelblum ist eine kleine Stadt im Burgenland, unweit der österreich-ungarischen Grenze. Man schreibt das Jahr 1989. Gerade fand ein paneuropäisches Picknick statt, das einige zur Flucht in den Westen genutzt haben. Zunächst scheint es also, als wäre dies ein typischer Roman über die Wendezeit. Doch es geht eigentlich um etwas ganz anderes: In Dunkelblum wurde - wie an so vielen anderen Orten - die NS-Vergangenheit nie wirklich aufgearbeitet, sondern lediglich verdrängt. Nun beginnt eine Gruppe Studenten, den alten jüdischen Friedhof wieder auf Vordermann zu bringen. Am Ortsrand wird ein Skelett ausgegraben und ein Besucher der Stadt stellt viele neugierige Fragen. Zusätzlich verschwindet eine junge Frau. Das sind viele Ereignisse, die in diesem vermeintlich beschaulichen Städtchen auf einmal geschehen - und es sind auch sehr viele Personen. Viele von ihnen leben unter falscher Identität oder man weiß durch Heirat nicht mehr, wie sie früher hießen. Diese Unübersichtlichkeit ist von der Autorin sicher gewollt, macht das Lesen aber nicht einfacher. Hinzukommt, das ein Großteil der Geschichte auch am Ende des Buches noch im Dunkeln bleibt und vermutlich nie aufgeklärt werden wird. Dies entspricht häufig durchaus der Realität, ist aber nicht das, was ich in einem Buch gerne lese. Ich bin keine Freundin unaufgeklärter Rätsel. Sprachlich fand ich das Buch sehr gelungen. Die österreichischen Begriffe haben mich wenig gestört, das Bayerische ist dem Österreichischen ja sehr ähnlich. Vielleicht ist Dunkelblum ja auch eines jener Bücher, die man zweimal lesen muss, um mehr zu verstehen. Ich kann es dennoch empfehlen, auch wenn man beim Lesen einiges an Sitzfleisch braucht.

Dunkelblum
Dunkelblumvon Eva MenasseE-Books im Verlag Kiepenheuer & Witsch