2 Stunden vor
Bewertung:4

Hallo, du reflektierte Welt

Allegro Pastell ist ein Buch, das nicht laut sein will. Und genau das ist seine Stärke. Leif Randt serviert uns eine hypermoderne Millennial-Romanze, so distanziert wie ein Filterkaffee in einem Berliner Co-Working-Space – aber mit überraschend viel Tiefe zwischen den Zeilen. Die Figuren Tanja und Jerome leben in einer Welt der Softness, wo Gefühle fein dosiert und Konflikte in Messenger-Nachrichten verhandelt werden. Der Stil? Ultra clean. Jedes Wort sitzt, jedes Komma ist ein Statement. Randt schreibt so kontrolliert und glatt, dass man sich manchmal wünscht, jemand würde das ganze Setting mal kräftig durchschütteln. Was richtig gut funktioniert: Die Sprache spiegelt das Innenleben der Figuren perfekt. Diese kühle Emotionalität, diese ewige Selbstreflexion, das Schweben zwischen Nähe und Distanz – das ist keine Schwäche, sondern brutal realistisch. Und gleichzeitig spiegelt Allegro Pastell eine Gesellschaft, in der Menschen immer connected, aber selten wirklich verbunden sind. Was nervt: Die Pastellfarben ziehen sich manchmal zu lang. Man sehnt sich nach einem Bruch, nach einem Kontrollverlust, nach einer echten Eskalation. Aber Randt bleibt konsequent in seiner Welt der subtilen Nuancen. Das ist literarisch konsequent, aber eben auch ein bisschen zahm. Fazit: Ein smarter, beobachtungsstarker Roman über eine Zeit, in der man alles ironisch brechen muss, bevor man es ernst meint. Leise, clever, eigen – aber nicht für alle. Wer Drama will, ist hier falsch. Wer Stimmungen lesen kann wie andere Menschen Gesichter, wird dieses Buch feiern.

Allegro Pastell
Allegro Pastellvon Leif RandtKiepenheuer & Witsch
27. Apr. 2025
Bewertung:0.5

Dieses Buch ist ein Angriff auf die Intelligenz der deutschen Leserschaft und liest sich wie ein Aufsatz eines Neuntklässlers, der versucht möglichst tief und adverbien-haltig zu schreiben. Die Aussage des Buches läuft schlussendlich darauf hinaus, dass Tanja und Jerome nicht richtig füreinander sind, weil Tanja nicht akzeptieren kann, dass es Menschen gibt, die nicht so sind/sein wollen wie sie es ist und weil Jerome sich "mehr" vom Leben wünscht. Die Charaktere sind überheblich, was sie ja auch sein sollen, aber es macht einfach keinen Soaß zu lesen, wenn sie sich eher so anfühlen wie ein Abbild vom Autor. Das Tanja selbst Bücher schreibt, der Meinung ist, dass alle bisher veröffentlichten Bücher schlecht sind, sich keinerlei Kritik anhören will (auch nicht über ihre Darstellung von Schwulen, welche von einem Bisexuellen geäußert wird, was ich politisch gesehen sehr problematisch finde) und von allen geliebt wird kommt mir sehr nach einer stereotypen Mary-Sue vor. Der Schreibstil fühlt sich fast schon wie eine Beleidigung an, da dem Leser ALLES mehrfach erklärt und erzählt wird. Es gibt keine Implikationen, keinen Spannungsbogen, nichts über das man nachdenken kann. Es ist nicht nur das bloße und ständig eingeschobene"dachte sie", was die Sätze klobig und anstrengend macht, sondern auch das Simplifizieren und Erläutern der "tieferen Ebene" (wenn man es überhaupt so nennen kann). So wird zum Beispiel direkt gesagt "Dieser Streit zeigte, dass..." oder "Das bedeutete,..." als wäre der Leser nicht in der Lage dies auch aus dem Kontext oder durch Dialog zu verstehen. Auch der Plot lässt zu wünschen übrig, da sich das ganze Buch eher wie die missglückte Beschreibung oder die pretentiöse Charakteranalyse eines Schülers anfühlt. Fast nichts "passiert" so wirklich und wenn es das dann doch mal tut geht es um Drogen und Sex. Alles andere wird vom Erzähler oder den Charakteren mehrfach erläutert und jeglichen philosophischen Gedanken werden so vollständig und belehrend ausgeführt, dass diese zu lesen sich eher wie eine unangenehme Aufgabe anfühlen, als wie eine angenehme Freizeitbeschäftigung. Des Weiteren finde ich die Charakterisierung der Charaktere außerhalb von Jerome und Tanja furchtbar. Sahra, Tanjas Schwester, ist depressiv. Amelie "braucht" Tanja, weil niemand sonst so toll ist, wie sie, auch wenn Tanja eine schreckliche Freundin war. Alle anderen Charaktere haben NICHTMAL eine solche Eigenschaft. Dieses Buch ist absolut nicht zu empfehlen und der Hype darum herum nicht zu verstehen.

Allegro Pastell
Allegro Pastellvon Leif RandtKiepenheuer & Witsch
12. Jan. 2025
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Bewertung:2.5

Der Schreibstil ist sehr nüchtern und distanziert, man kann so nicht wirklich mit den Figuren sympathisieren. Das Buch hat auch keinen spannenden oder facettenreichen Plot. Es passiert relativ wenig, man bekommt mit wie die Personen miteinander interagieren und kommunizieren. Wie sie alles von vorne bis hinten durch reflektieren. Die Figuren denken wahnsinnig viel nach. Ich tue mich schwer dieses Buch als interessant oder gut zu bewerten. Es hatte interessante Aspekte, die mich zum Überlegen gebracht haben, mehr allerdings nicht.

Allegro Pastell
Allegro Pastellvon Leif RandtKiepenheuer & Witsch
3. Sept. 2024
Bewertung:3

3,5⭐️ So sehr ich das Buch in der ersten Hälfte feiern konnte, so sehr hat es mich in der zweiten Hälfte genervt und gelangweilt. Ich hatte irgendwann das Gefühl einer Endlosschleife, wollte nur noch das es endlich vorbei ist. Diese trockene, humorige Art hat sich für mich recht schnell abgenutzt. Die Protagonisten sind verkopft - analysieren alles und jeden ohne wirkliches Motiv. Kamen mir vor wie Bots, die einer entsprechenden Situation eine bewusst gesteuerte Reaktion und Emotion entgegenschleudern müssen, die man vorher schon mal durchgespielt und mögliche Reaktionen darauf abgewogen hat. Alles ist Mittelmäßig und Ok- Begeisterungsfähigkeit was ist das? Es sei denn, man entscheidet sich dazu jetzt begeistert zu sein - was fürn kranker Scheiß. Für mich kam’s kognitiv irgendwann zum Meltdown. Ich war so dermaßen angestrengt von dem Verhalten der Protagonisten und dem was bei denen im Hirn los ist, dass ich mich irgendwann völlig zurückgezogen habe und das Buch richtig Kacke fand. Glaube in Form einer Kurzgeschichte bzw. einer Story um die 100 Seiten hätte das richtig gut für mich funktioniert. Die Schlußsequenzen haben mich aus dem geistigen Nirvana zurückgeholt. Die Pro und Contra PowerPoint zu einem gewissen Thema am Ende war mein Highlight

Allegro Pastell
Allegro Pastellvon Leif RandtKiepenheuer & Witsch
21. Aug. 2024
Bewertung:5

'Allegro Pastell' bietet einen bitterbößen Blick auf neurotische Großstadt-Subjekte in ihren 30ern. Es ist aber auch (und vielleicht vor allem) eine aufwändig inszenierte Bloßstellung ihrer Sprach- und Denkgewohnheiten. Denn der Erzählstil Randts ist gewöhnungsbedürftig und befremdlich. Ihn zu lesen ist in etwa so angenehm wie in einer Gesprächssituation auf einer WG-Party gefangen zu sein, in dem alle Anwesenden einen Laberflash haben und dir fortwährend, völlig ungefiltert ihre Alltagsbeobachtungen ins Ohr schreien. Wobei auch der Begriff des Gesprächs schon fehlplatziert ist, denn ein Gespräch, ein Dialog, besteht aus Rede und Gegenrede. Es ist ein Austausch von Gedanken. In 'Allegro Pastell' gibt es keine Dialoge, der Kommunikationsmodus der beiden Hauptpersonen ist der als Gespräch getarnte Monolog (Randt verpackt das clever, indem der gesamte Roman aus zwei Erzählperspektiven erzählt wird, die zu keinem Zeitpunkt zusammenfinden) bei jeweils dem das Gegenüber nur die Kontrastfolie für die eigene geniale Reflexion ist. Und diese Reflexion kennt keine höhen und tiefen. Alles ist gleich viel wichtig (oder wenig, wie mans nimmt). Randt gibt Einblick in die Abgründe einer Gedankenwelt, in der die Kleidungswahl für ein Treffen mit dem Vater, mit der gleichen neurotischen Intensität reflektiert wird wie die Geburt des eigenen Babies. Denn wenn alles eine Bedeutung hat, dann hat nichts eine Bedeutung.

Allegro Pastell
Allegro Pastellvon Leif RandtKiepenheuer & Witsch
6. Juli 2024
Bewertung:3.5

Belanglose Story, die aber für mich nie langweilig geworden ist

Von Telegram-Chats und Kneipenabenden über Genderdebatten und Anglizismen hin zu Club-Besuchen auf MDMA und Selbstfindung… Ich hatte das Gefühl, man könnte einfach jeden Absatz willkürlich wählen und hätte eine perfekte Momentaufnahme jenes Lebensgefühls einer bestimmten sozialen Gruppierung dieser Zeit. Das ausschweifende (On-Off-Beziehungs-)Leben der beiden Protagonisten im Jahr 2019 wird so schön aus der Innen- und Außenperspektive erzählt. „Die ersten warmen Tage eines Jahres trugen in großen Städten ein soziales Stresspotenzial in sich, in Berlin ging es darum, möglichst publikumswirksam eine gute Zeit zu haben. Tanja glaubte, dass es einer Vielzahl von Zugezogenen auch nach Jahren noch schwerfiel, zu akzeptieren, dass sie trotz wärmenden Sonnenlichts lieber im Schatten arbeiten wollten, anstatt neuerlich vor einem Spätkauf zu sitzen und Sekt zu trinken.“ (S.25)

Allegro Pastell
Allegro Pastellvon Leif RandtKiepenheuer & Witsch
1. Juni 2024
Bewertung:4

„Allegro Pastell“ von Leif Randt wurde für den Preis der Leipziger Buchmesse 2020 nominiert. Der Autor hat für seine Werke bereits einige Preise gewonnen und wird vermutlich auch diese Auszeichnung bekommen. Millenials und die große Liebe Wo fange ich am Besten mit meinen Eindrücken an? Das ist gar nicht so einfach, denn alle Teile des Buches – Story, Charaktere, Schreibstil – kommen zu einem großen Ganzen zusammen, eins besteht nicht ohne das andere. Beginnen wir mit dem Kernstück, den beiden „Millenials“ Tanja und Jerome, die sich im heißen Sommer in 2018 begegnen, verlieben und ihre Gefühle so lang zerdenken und dezimieren, bis… nun, das müsst ihr selbst lesen. Zu den „Millenials“ oder auch der Generation Y gehören laut Wikipedia die im Zeitraum der frühen 1980er bis zu den späten 1990er Jahren geboren wurden. Nicht nur die Protagonisten gehören dieser Gruppe an, auch der Autor selbst, der 1983 das Licht der Welt erblickte, ist ein sog. „Jahrtausender“. Ihnen wird nachgesagt, eine „gewisse Neigung zum Hinterfragen“ zu haben (Wikipedia) und genau dies tun Tanja und Jerome hier bis ins winzigste Detail mit sich selbst, ihrem Umfeld, ihrer Liebe – nichts wird als gegeben hingenommen, alles wird durchleuchtet, analysiert und mit einer großen emotionalen Distanz betrachtet. Man will sich nicht festlegen, will sich nicht binden, aber auch nicht wirklich endgültig voneinander trennen. Stilistische Mittel Immer wieder streut Randt an jeder möglichen und unmöglichen Stelle Markennamen sehr gezielt ein, sind sie doch für den Alltag dieser Generation wesentlich. Da hat man nicht einfach nur ein Handy, da besitzt man vielmehr ein Samsung Galaxy S7, trägt einen Quechua-Rucksack oder ein Kalenjishirt und fährt einen Tesla. Üblicherweise bekommt man als AutorIn empfohlen, keine Marken in der Geschichte zu nennen, weil das Buch so datiert wird und die Begriffe für LeserInnen, die es erst Jahre später entdecken, keine Bedeutung mehr haben. Doch hier ist das alles ein Mittel zum Zweck. Es zeigt und überspitzt dabei das Umfeld, in dem sich die Generation Y bewegt, die früh mit Technik in Verbindung gekommen ist und sich bewusst nach diversen Markenartikeln umsieht – einerseits, um ihre Individualität auszudrücken, andererseits um unter ihren Peers nicht unangenehm aufzufallen. All dies kombiniert mit dem ausgesprochen reservierten Ton, mit dem der Autor seine Story erzählt, ergibt das perfekte Bild einer Altersgruppe, die von Soziologen und andere selbsternannten Experten als „Millenials“ bezeichnet wird. So perfekt, dass eigentlich sehr schnell klar wird, dass es sich nur um eine Satire handeln kann. Mein Leseeindruck Um die zynische und eher humorvolle Seite des Buches schätzen zu können, sollte man unbedingt hin und wieder eine Lesepause einlegen, denn der emotionslose Erzählton ist auf Dauer anstrengend und ein wenig nervig. Doch mit ein paar Unterbrechungen kann die Lektüre durchaus Spaß machen. Die Story selbst ist eher ein wenig langweilig und belanglos – aber auch das ist wohl Absicht, passt es doch in die „pastellfarbene“ Welt der Jahrtausender, in der alles in einem Einheitsbrei verschwimmt im Gegensatz zur – überholten – Popkultur, in der alles so einzigartig, laut und farbenfroh war. Fazit „Allegro Pastell“ von Leif Randt ist ein echtes Meisterwerk, aber, wenn ich ehrlich bin, fand ich es viel zu zäh und zu lang, selbst wenn ich davon ausgehe, dass es genauso gewollt ist. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich tatsächlich Vertreter der Generation Y kenne, die haargenau in dieses Schema passen, die mich immer wieder ermüden mit ihren tausend komplizierten Gedanken zu einem einfachen Sachverhalt. Es könnte sein, dass das Buch einfach nur meinen „roten Knopf“ ausgelöst hat und ich deswegen froh und dankbar war, als ich damit fertig war. Super würde sich das Buch aber in einer Zeitkapsel machen, um der Menschheit in hundert Jahren – so denn es noch eine solche gibt – zu zeigen, was für eine schreckliche Phase ihre Vorfahren durchstehen mussten…

Allegro Pastell
Allegro Pastellvon Leif RandtKiepenheuer & Witsch
21. Apr. 2024

es hat zwei anläufe gebraucht, mit mir und diesem buch. nach einer lesung von leif randt hatte ich mich total aufs lesen gefreut und direkt hineingestürzt, nur fand ich es dann...langweilig. die charactere haben mich genervt, ich dachte, oh weh, das ist doch nicht meins. aber dann habe ich dem buch noch eine chance gegeben und es nicht bereut! es hat mich in seinen bann gezogen. die handlung plätschert eigentlich eher, wird dann aber doch spannend. alles ist so realistisch und echt, und doch manchmal wie eine traumwelt. man versteht nicht immer, warum die charaktere tun, was sie tun, aber so ist es mit echten menschen im echten leben ja auch. ich konnte mich nicht unbedingt hineinversetzen, habe mich aber daran gewöhnt, das leben der zwei erzähler:innen mitzuleben, dass ich fast enttäuscht war, als es vorbei war. ich kann also nicht sagen, warum mir dieses buch so gut gefallen hat, fand es aber irgendwie großartig!

Allegro Pastell
Allegro Pastellvon Leif RandtKiepenheuer & Witsch
14. Apr. 2024
Bewertung:3

Es fällt mir schwer dieses Buch unter den verschiedenen Gesichtspunkten wie Sprache, Personen, Handlung, Intention so zu beurteilen, dass sich all meine widersprüchlichen Empfindungen darin wiederfinden. Ich war zu Beginn sehr abgestoßen von Tanja, Jerome und ihren Freunden. Was sind das für Menschen, bei denen sich alles nur darum dreht, ein richtiges Gefühl bei allen Aktivitäten und Haltungen zu entwickeln? Diese Selbstgerechtigkeit und narzisstische Attitüde finde ich nur zum Kotzen. Ich kenne solche Menschen nicht, vielleicht die Gnade meiner frühen und vor allem provinziellen Geburt. Nachdem ich mich beim Lesen endlich davon gelöst hatte, das Buch anhand der Sympathiefähigkeit seiner Protagonisten zu bewerten, konnte ich immer mehr die Qualität des Buchs erkennen. Die fehlende Handlung ist dabei offensichtlich auch Programm. Alles läuft so lauwarm oder medicore, wie man in dem Milieu sagt, ab. Beziehungsunfähig wie ihre Eltern treiben die Personen von Date zu Date, ziehen sich Drogen zu allen Gelegenheiten rein, finden alles nice und cute und sind im Extremfall höchstens mal „überdurchschnittlich emotionalisiert“. Der Autor beschreibt dies äußert sachlich und eintönig, wobei ich mir nicht sicher bin, ob dies vielleicht schon Teil seiner Kritik an dieser Generation ist. Auf keinen Fall stellt er Eigenschaften überspitzt dar, um satirisch zu wirken. Ich hoffe einfach mal, dass z.B. „Handke war ihr liebster Schweizer Schriftsteller“ oder „Jerome machte eine PowerPoint Präsentation für die Pros und Cons für ein eigenes Kind“ kleine versteckte Bonmots sind, um die Verlorenheit und Abgehobenheit seiner Figuren aufzuzeigen. So richtig begeistern kann mich der Erzählstil allerdings. Da bin ich doch lieber beim Karikaturhaftem eines Sven Regener, wenn er Menschen in der Berliner Bubble beschreibt. Also orientiert sich meine 3-Sterne-Bewertung ganz am Buchtitel: schnell und blaß, irgendwie halb so und halb anders, einfach mittelmäßig.

Allegro Pastell
Allegro Pastellvon Leif RandtKiepenheuer & Witsch
15. März 2024
Bewertung:4

Ein zeitgenössisches Buch das Lesende zum Hedonismus Berlins einlädt und im Speckgürtels Frankfurts zur Ruhe kommen lässt.

Allegro Pastell handelt von zwei junge Erwachsene, die sich in einander verlieben. Die Liebe findet zwischen Hessen und Berlin statt. Und so kontrastreich diese Orte sein können, so vielfältig ist auch die Erzählweise dieser Liebschaft. Leif Randt lässt auf viele Arten in die emotionale Situation der Protagonisten blicken. Durch E-Mail Korrespondenzen, durch therapeutische Gespräche und nicht zuletzt durch friedliche Meinungsverschiedenheit. Gerade letzteres fällt mir negativ auf. Das Buch ist beinah pathologisch frei von Problemen. Jobs, Familie oder Liebe erfordern zwar ständig Aufmerksamkeit und haben Höhen und Tiefen. Jedoch lässt sich niemand wirklich aus der Ruhe bringen. Alle sind cool. Das macht das Buch für mich zuletzt weniger ergreifend. Das ist besonders schade, weil der Autor den Zeitgeist rund um die Protagonisten so präzise einfängt, ohne zu beschreibend zu wirken. Es ist nicht nur das Leben in Berlin das erlebbar gemacht wird, sondern die vielseitigen Perspektiven, für die sich Menschen in ihren 30er entscheiden können und die der Autor aufeinander treffen lässt. Es ist jedoch der Zeitgeist von vor allem weißen, liberalen Intellektuellen.

Allegro Pastell
Allegro Pastellvon Leif RandtKiepenheuer & Witsch
23. Feb. 2024
Bewertung:3

Es fällt mir schwer dieses Buch unter den verschiedenen Gesichtspunkten wie Sprache, Personen, Handlung, Intention so zu beurteilen, dass sich all meine widersprüchlichen Empfindungen darin wiederfinden. Ich war zu Beginn sehr abgestoßen von Tanja, Jerome und ihren Freunden. Was sind das für Menschen, bei denen sich alles nur darum dreht, ein richtiges Gefühl bei allen Aktivitäten und Haltungen zu entwickeln? Diese Selbstgerechtigkeit und narzisstische Attitüde finde ich nur zum Kotzen. Ich kenne solche Menschen nicht, vielleicht die Gnade meiner frühen und vor allem provinziellen Geburt. Nachdem ich mich beim Lesen endlich davon gelöst hatte, das Buch anhand der Sympathiefähigkeit seiner Protagonisten zu bewerten, konnte ich immer mehr die Qualität des Buchs erkennen. Die fehlende Handlung ist dabei offensichtlich auch Programm. Alles läuft so lauwarm oder medicore, wie man in dem Milieu sagt, ab. Beziehungsunfähig wie ihre Eltern treiben die Personen von Date zu Date, ziehen sich Drogen zu allen Gelegenheiten rein, finden alles nice und cute und sind im Extremfall höchstens mal „überdurchschnittlich emotionalisiert“. Der Autor beschreibt dies äußert sachlich und eintönig, wobei ich mir nicht sicher bin, ob dies vielleicht schon Teil seiner Kritik an dieser Generation ist. Auf keinen Fall stellt er Eigenschaften überspitzt dar, um satirisch zu wirken. Ich hoffe einfach mal, dass z.B. „Handke war ihr liebster Schweizer Schriftsteller“ oder „Jerome machte eine PowerPoint Präsentation für die Pros und Cons für ein eigenes Kind“ kleine versteckte Bonmots sind, um die Verlorenheit und Abgehobenheit seiner Figuren aufzuzeigen. So richtig begeistern kann mich der Erzählstil allerdings. Da bin ich doch lieber beim Karikaturhaftem eines Sven Regener, wenn er Menschen in der Berliner Bubble beschreibt. Also orientiert sich meine 3-Sterne-Bewertung ganz am Buchtitel: schnell und blaß, irgendwie halb so und halb anders, einfach mittelmäßig.

Allegro Pastell
Allegro Pastellvon Leif RandtKiepenheuer & Witsch
4. Sept. 2023
Bewertung:5

Tanja Arnheim, erfolgreiche Autorin, und Jerome Daimler, Webdesigner, führen eine romantische Fernbeziehung. Sie sind glücklich. Es ist eine Beziehung die auf verschiedensten Ebenen funktioniert. So können Tanja und Jerome nicht nur gut miteinader reden, sie können auch schweigen, schreiben sich Textnachrichten, Mails und nehmen Sprachmemos auf. Aber auch auf körperlicher Ebene ergänzen sich die beiden perfekt. Der Abstand, den ihre Fernbeziehung mit sich bringt, tut ihnen gut, denn so können sie sich weiterhin kreativ ausleben. Wenn sie sich dann treffen, geniessen sie jeden Moment und als Leser habe ich die Chemie zwischen den beiden ganz deutlich gespürt. Doch die Welt, die Menschen um einen herum und das eigene Leben können kompliziert sein und so kommen auch Jerome und Tanja an Punkte, die sie herausfordern und ihre Beziehung auf die Probe stellen. Leif Randt erzählt das Buch aus beiden Perspektiven, gibt beiden Figuren eine eigene Stimme, die ähnelt sich aber sehr, da sowohl Tanja als auch Jerome beide Situationen und Gefühle analysieren, ganz direkt ansprechen und ihre Gedanken offen mitteilen. Obwohl das Buch an sich ein Liebesroman ist, geht das Buch selten in eine emotionale Richtung und auch wenn Gefühle und Emotionen eine wichtige Rolle spielen, setzt der Autor auf eine kühle Erzählsweise. Das Buch ist literarisch ausgelegt, aber Leif Randt nutzt auch gerne Anglizismen und Worte, die man sonst nicht unbedingt in einem literarischen Werk erwarten würde. Genauso wie moderne Kommunikationsmittel eine zentrale Rolle spielen, harte Drogen werden regelmässig erwähnt und konsumiert und Die zweite Hälfte und insbesondere das Ende des Buches ist der Teil, der das Buch von einem guten, zu einem preiswürdigen, aussergewöhnlichen Buch macht. Der Autor schafft es verschiedenste Themen zusammenzuführen und die Komplexität des Wortes Beziehung aufzuzeigen. Und nicht wie man denken könnte nur romantische Beziehungen, sondern auch freundschaftliche, familiäre und berufliche. Hörbuchstimme Leif Randt hat sein Buch selbst eingelesen. Das Hörbuch wirkt nicht belebt oder vielfältig, aber der Autor hat eine sehr angenehme Stimme, der kühle Schreibstil und die unaufgeregte Stimme passen gut zusammen und nach einer Zeit gewöhnt man sich an die Erzählstimme. Auch wenn ich sonst ein Fan von unterschiedlichen Stimmfarben und einer lebendigen Erzählweise bin, hat mir die Vertonung auch gut gefallen. Fazit «Allegro Pastell» von Leif Randt habe ich aufgrund zweier Empfehlungen als Hörbuch gehört und nach anfänglicher Skepsis, sass ich am Ende um halb 2 Uhr morgens in meinem Zimmer und habe versucht das gehörte zu verarbeiten. Losgelassen hat mich das Buch seitdem nicht mehr. Leif Randt hat einen Liebesroman geschrieben, der so viel mehr als ein Liebesroman ist oder vielleicht eben doch nur ein Liebesroman. Denn mit Allegro Pastell zeigt er, auf wie vielen Ebenen romantische Beziehungen abspielen, wie sie von aussen her beeinflusst werden können und das das Leben unerwartete Wendungen bereithalten kann. Die Geschichte hat mir unfassbar gut gefallen, auch wenn ich am Ende einsam und verloren zurückgelassen worden bin. Es ist ein Buch, über das ich gerne mit anderen Menschen spreche und dass ich in ein paar Jahren gerne nochmals lesen oder hören möchte. Ich vergebe für Allegro Pastell 5 von 5 Sterne und kann es euch empfehlen, wenn ihr nach einem besonderen Liebesroman sucht, der vielleicht wie bei mir ausserhalb eurer Komfortzone liegt. Folge Josia Jourdan auf Instagram für mehr Buchtipps: https://www.instagram.com/josiajourdan/

Allegro Pastell
Allegro Pastellvon Leif RandtKiepenheuer & Witsch
1. Sept. 2023
Bewertung:4

Ein spezielles Buch. Interessant, obwohl scheinbar nichts Interessantes passiert. Dafür viele detailliert beschriebene Beobachtungen. Protagonisten, die nicht sympathisch sind und zum Zerdenken neigen, denen man aber trotzdem irgendwie gerne folgt. Ich fühlte mich genervt, belustigt, entlarvt und letztendlich unterhalten.

Allegro Pastell
Allegro Pastellvon Leif RandtKiepenheuer & Witsch
6. Aug. 2023
Bewertung:2

Einerseits gefällt mir die Reflektiertheit der Hauptfiguren, andererseits wirken durch die ständige Rationalisierung selbst Sex und Drogenerfahrungen durchkalkuliert und steril. Alles unverbindlich und irgendwie egal. Auf Abstand gehalten. Nach all dem Hype hatte ich mir deutlich mehr von dem Buch versprochen, es war aber interessant genug um es ganz durchzulesen.

Allegro Pastell
Allegro Pastellvon Leif RandtKiepenheuer & Witsch
9. Mai 2023
Bewertung:2

Der im März 2020 erschienene Roman von Leif Randt ist in ein cremeweißes Cover gehüllt, bedruckt mit einer goldenen Schrift, die bei Sonnenlicht so blendet, dass der Verlagsname in Unkenntlichkeit glänzt. Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt... Geblendet gefühlt habe ich mich auch von einer frühen Buchkritik aus den Medien, die überschwänglich von „einem der wichtigsten Bücher der deutschen Gegenwartsliteratur“, schwärmte. Laut Klappentext erzähle Randt „vom Glück. Eine Lovestory aus den späten Zehnerjahren.“, gepaart mit einigen Emojis. Glück und Liebe: einer der zwei - uns Menschen - stärksten bekannten Gefühle werden in diesem Roman so gefühllos gar gleichgültig thematisiert, dass man beim Lesen jede Leidenschaft und Lebenslust verliert. Der Inhalt dieses Romans - besetzt mit ständig Ketamin & Kokain konsumierenden Protagonisten - ist so relevant wie die Gedankengänge eines Heroinsüchtigen: Eine völlig banal gleichgültige Gefühlswelt von privilegierten Großstadt-Millenials. Das gesamte Buch liest sich wie eine monotone Inventurliste, geschrieben von einem gefühlstoten Roboter der nicht nachvollziehen kann, dass seine pedantisch akribischen Beschreibungen der Welt völlig unnötig, detailversessen und emotionslos sind. So erfährt man, dass „sie bei Tanjas letzten Besuch zuerst eilig miteinander geschlafen“ hatten um „danach mehrere Gläser des zweitpreiswertesten Crémants“, zu trinken. Auch gut ist Jeromes „unterkellerte Bungalowbau aus dem Jahr 1978, der für Maintal ungewöhnlich war. Die anthrazitfarbenen Wände und das Flachdach fielen positiv aus der Reihe.“ Es sind so banale Informationen, man hätte das Buch auch „Indifferenza anthrazit“ nennen können. Der Roman ist wie ein langatmiges, fast schon satirisches Porträt des Wohlstandsmilieus, dass von ernsthaften Konflikten verschont ist und an zu viel Selbstbeobachtung leidet, wie Wolfgang Schneider bereits im DLF enttäuscht bemerkte. Mit diesem Wohlstandsmilieu der Generation Y, kann ich mich – ebenfalls im 'Wohlstandsmilieu' befindend – als Generation Z null identifizieren. Die anglizistischen Sätze der Midlife-Crisis Jungerwachsenen sind einfach peinlich: „Jerome-Baby, Es ist cute, wenn du Sachen mehrfach erzählst. Mein Boyfriend... horny... Laughing Out Loud...“. Und dann noch die ganzen Emojis: Symbole, die doch gerade einer Autorin als geborgte Kreativität zuwider sein sollten. Um es in deren Worten zu sagen: Solche Dinge sind einfach „cringe“. Der Autor stellt einem Kapitel das Zitat voran „Solange es bei dir immer hoch und runter geht, ist alles in Ordnung.“ Es stammt von Yung Lean, scheinbar der Lieblingsrapper von Leif Arndt. Doch frage ich mich was bei Tanja und Jerome denn wirklich Krasses auf und ab geht? Das Tanjas depressive Schwester, Sarah, sich im Krankenhaus einliefert beschäftigt Tanja weniger als Sarahs Hund, der eventuell schon in die Wohnung gekotet hat. Auch die Trennung der Eltern spielt keine große Rolle, als es eh schon absehbar gewesen. Selbst drogenbedingte Highs bringen keine erzählerisch erwähnenswerten Partystories hervor, sondern lassen Tanja egozentrisch auf der Tanzfläche über ihr neues Buch oder die nächste Messenger Nachricht an Jerome philosophieren. Die Protagonisten sind so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass es fast schon komisch ist. An einer Stelle fährt Tanja E-Scooter und versucht dabei umständlich ein Handyvideo davon zu drehen. Später versucht Sie beim Tennis davon zu berichten, aber niemanden interessiert’s. Ein kurzer Moment, der mich zum Lächeln brachte. Trotz ihrer Egozentrik, in der eigene Kinder niemals Platz hätten, scheinen die beiden keine Lebensziele zu verfolgen. Nie sprechen die beiden von ihren Passionen oder Träumen, die sie haben – es scheint als hätten sie gar keine... Ich konnte diesem Buch nicht viel abgewinnen, außer die Erkenntnis, dass ich in zehn Jahren ein exakt gegenteiliges Leben führen möchte. Ein so banaler, gleichgültiger Lebensstil würde mich vor Langeweile „ohne medizinische Hilfe in akute Selbstmordgefahr bringen“. Da bin ich außerhalb der Generation Y sicherlich keine „statistische Kuriosität“...

Allegro Pastell
Allegro Pastellvon Leif RandtKiepenheuer & Witsch
13. Feb. 2023
Bewertung:5

Cover in pastelllila/-rosa, meine Lieblingsfarben, also schon mal top 😊 Auch innen hat mich das Buch überzeugt! Leif Randt schreibt dieses Buch in einem eher ungewöhnlichen, beschreibenden Stil, an den man sich erst gewöhnen muss. Handlung gibt es daher wenig in dem Buch, man erfährt durch die Beschreibungen viel über die Protagonisten Jerome und Tanja. Die beiden sollen ein typisches deutsches Paar um die 30 darstellen, das in einer On-Off-Fernbeziehung lebt, was dem Autor auch gelungen ist. Für mich eindeutig eines meiner Jahreshighlights schon jetzt im Februar und mal wieder ein ganz anderes Buch 😊 In 20-30 Jahren vielleicht ein Klassiker des frühen 21. Jahrhunderts, den alle Germanistikstudis lesen und analysieren.

Allegro Pastell
Allegro Pastellvon Leif RandtKiepenheuer & Witsch
5. Feb. 2023
Bewertung:3

Ein Buch mit wenig plot, dafür sehr vielen Alltags-, Innen- und Gesellschaftsbeobachtungen zweier End-Zwanziger in deutschen Großstädten. Während ich zu den zwei Protagonist:innen keine wirkliche Verbindung aufbauen konnte, werd ich sicher über die ein oder andere Beobachtung noch länger nachdenken. Ein bisschen wie ein deutsches, männlich geschriebenes "Normal People", was ich irgendwie spannend find, aber da ich mit Normal People auch meine Schwierigkeiten hatte, hatte ich sie hier auch wieder - mehr als 280 Seiten wären auch nicht drin gewesen, jede Seite mehr hätte mich extrem angestrengt 😂

Allegro Pastell
Allegro Pastellvon Leif RandtKiepenheuer & Witsch
29. Jan. 2023
Bewertung:3

Ich weiß nicht, ob ich dieses Buch einfach nur furchtbar - oder furchtbar gut finde! Obwohl mir die Charaktere höchst unsympathisch sind, haben sie mich verdammt gut unterhalten. Und die Sprache war zwar irgendwie nervig, aber auch faszinierend: eine konsequente Verlängerung der Protagonisten und genial auf den Punkt ... Tanja und Jerome sind wie der sprichwörtliche Autounfall, bei dem man nicht wegschauen kann. Oder wie ein Instagram Feed, durch den man abends todmüde viel zu lange scrollt, weil man das blöde Handy einfach nicht aus der Hand legen kann. 3,5 Sterne. Zumindest denke ich immer noch über das Buch nach. Oh, und das Cover ist echt schön!

Allegro Pastell
Allegro Pastellvon Leif RandtKiepenheuer & Witsch
18. Okt. 2022
Bewertung:4.5

Wenn ich in letzter Zeit ein Buch auf meiner Liste hatte, an dem ich unmöglich vorbei gehen konnte, dann war das wohl Allegro Pastell von Leif Randt. Egal wo ich war, ob nun auf Instagram oder in einer Buchhandlung, überall sprang mir das Buch entgegen, mal angepriesen, weil es so gut ist, mal nüchtern betrachtet eher für enttäuschend erklärt. Und wenn die Meinungen zu einer Geschichte so arg auseinandergehen, dann packt mich das und lässt mich nicht mehr los, bis ich mir selbst eine Meinung dazu gebildet habe. Das habe ich und genau darüber muss ich nun mit euch reden! Ich habe mal irgendwo gelesen, dass das, was das Gehirn als reine Gegenwart empfindet, ein Zeitfenster von drei Sekunden umfasst und ich muss zugeben, dass Leif Randt mit seinem 280 Seiten dicken Roman diesen wenigen Sekunden schon ziemlich nahe kommt. Denn Allegro Pastell ist ein Buch, das einen blendet, weil es so extrem gut ausgeleuchtet ist und doch würde ich es, ohne es negativ zu meinen, als lauwarmes Meisterwerk bezeichnen. Klar klingt das in manchen Ohren vielleicht widersprüchlich, aber ich meine es genau so: Es ist absolut stimmig und dokumentiert zeitgenössisch eine Zeitenwende mit Stil – ok, ich merke schon, es wird nicht besser 😊. Der Ausgangspunkt ist ziemlich unspektakulär und beginnt mit der fast perfekten Liebesgeschichte von Jerome Daimler und Tanja Arnheim im Frühjahr 2018 und endet im Spätsommer 2019. Jerome ist da Mitte 30, Tanja knapp darunter. Er arbeitet als freier Webdesigner in Maintal in der Nähe von Frankfurt, sie als Schriftstellerin in Berlin. Sie führen eine Fernbeziehung, aber in dieser Beziehung ist nichts dem Zufall überlassen. Die Balance aus Nähe und Distanz ist wohlüberlegt, die Wahl ihrer Kommunikationsmittel ebenfalls. Und dass die traute Zweisamkeit dann doch bald einen Riss bekommt, hat nichts mit dem Mangel an emotionaler Intelligenz zu tun, sondern eher mit einem Übermaß derselben. Ich persönlich konnte mir während des ganzen Romans ein schon fast zu gutes Bild über die Protagonisten machen. Für mich waren beide gutaussehend, weil alles, was sie tun, einer bewussten Entscheidung unterliegt. Sie passen perfekt zusammen, weil beide obsessive Beobachter sind und einen Plauderton an den Tag legen, den man durchaus als hyperreflektierend bezeichnen kann. Es wird sehr viel essen gegangen und über Befindlichkeiten ausgetauscht und sobald sich mal ein kleiner erotischer Funke zwischen Jerome und Tanja auszubreiten droht, wird dieser sofort reflexartig abgemildert. Oft ist es zum verrückt werden, wenn die beiden in ihrer eigenen Umlaufbahn um sich herum kreisen und in diesen Momenten wünscht man ihnen – nur so als Beispiel – ein Kind, damit sie ihre eigenen Problemchen vergessen und merken, dass nicht alles nur mit ihren eigenen Empfindlichkeiten geht. Denn sie reflektieren und zurechtreflektieren diese fein säuberlich, bevor sich überhaupt wirklich ernsthafte Komplikationen entwickeln können. Wo in der Literatur oft Sprachlosigkeit und mangelnder Sensibilität in Beziehungen thematisiert wird, versetzten sich die Figuren von Leif Randt ständig in ihren Partner. Doch hier scheint es: Je sensibler ein System aufgebaut ist, desto schneller bricht es auch zusammen. Denn eigentlich passiert zwischen Jerome und Tanja nichts Tragisches und trotzdem suchen sie immer wieder Abstand zueinander. Sie arbeiten so angestrengt daran, nicht angestrengt zu sein und das kann bestimmt auch den Leser anstrengen – mich aber hat es einfach nur bestens unterhalten!

Allegro Pastell
Allegro Pastellvon Leif RandtKiepenheuer & Witsch
17. Sept. 2022
Bewertung:5

Nachdem ich im drei eher anstrengende Bücher hintereinander gelesen hatte, die sich alle etwas gezogen habe, kam 'Allegro Pastell' genau richtig. An zwei Tagen auf längeren Zugfahrten habe ich es durchgesuchtet und obwohl ich anfangs noch etwas irritiert war, hat es mir sehr gefallen. Die beiden Protagonist:innen sind überaus selbstgefällig, egozentrisch, überaus privilegiert und doch (oder grade deswegen) stehen sie sich selbst im Weg. Sie sind das Klischee der Generation Y, das Klischee von Understatement und gleichzeitig alles haben wollen - am meisten die Kontrolle. Die Generation, die sich nicht festlegen will, weil sie dadurch 'needy' wirken könnten. Sie konstruieren Rituale, um etwas darzustellen, das aus Leere besteht. Und überhaupt - Außenwahrnehmung ist alles. Zufall gibt es nicht. Für mich persönlich sind die Figuren und ihr Umfeld mein blinder Fleck - ich kenne die 'typischen' Berghain-Koks-Berliner:innen nicht und kann mich in diese 'coole' Distanz nicht reinempfinden. Ich war oft ein bisschen angeekelt von dem Verkopften und gleichzeitig Gleichgültigen, doch die meiste Zeit hat es mich amüsiert. Es hat Spaß gemacht, in ihre Welt hineinzutauchen - und dort dann auch Teile der eigenen Welt wiederzufinden. Besonders gefallen haben mir die vielen realen Bezüge zu Berlin, FFM und der zeitgenössischen Popkultur.

Allegro Pastell
Allegro Pastellvon Leif RandtKiepenheuer & Witsch