Ich war gespannt auf den Stil Alina Bronskys, da mich die Inhalte ihrer Bücher über transgenerationale Themen teilweise migrantischer Familien sehr interessierten. Ich verstehe die Intention der teilweise derben Sprache, aber hinterfrage die Notwendigkeit rassistischer und veralteter Begriffe.
Ich hatte während des Lesens extrem viel Wut auf den emotionalen Missbrauch seitens der Großmutter und extrem viel Mitgefühl für alle ihr Unterworfenen, vor allem den Jungen, der ihr im Vergleich zu den Erwachsenen, die sich ihr eher hätten zur Wehr setzen und von ihr lossagen können, ausgeliefert war. Am schlimmsten war für mich die Szene, in der Max seinen Großvater dazu brachte, ihm ein Eis zu kaufen, und sich dann nicht traute, es zu kosten. Mir ist das Herz gebrochen und ich bin erleichtert, dass am Ende einerseits noch aufgeklärt wurde, was mit Maya geschehen war und somit auch, was den Großvater in seinem Schulderleben so an die Großmutter band, und andererseits der Junge es schaffte, sich zu lösen.
»Warum wehrst du dich eigentlich nie? Gegen niemanden?«
»Ich käme dann zu nichts anderem mehr.«
Der Zopf meiner Großmutter von Alina Bronsky ist ein beeindruckend geschriebenes, aber in vielerlei Hinsicht schwer zu ertragendes Buch. Es lässt sich flüssig lesen, doch die Thematik ist so herausfordernd, dass dringend Triggerwarnungen hätten beigefügt werden müssen – etwas, das bei derart belastenden Inhalten absolut notwendig ist (deshalb TW am Ende der Rezension).
Das Buch hat mich auf eine schmerzhafte Weise an viele Aspekte meines eigenen russisch-migrantischen Aufwachsens erinnert. Die Darstellung der familiären Strukturen, die unreflektierten Glaubenssätze und die Isolation am Rande der Gesellschaft sind erschreckend realistisch geschildert. Bronsky zeigt ungeschönt, wie tief solche Muster in Kindern verwurzelt werden können und wie sich diese Prägungen später auswirken können. Am liebsten hätte ich den kleinen Jungen genommen und an einen sicheren Ort gebracht. Vermutlich hätte er das aber gar nicht gewollt. Schließlich ist er es, der zwischen seinem emotionslosen Großvater und seiner von Angst und Bitterkeit zerfressenen Großmutter vermittelte – eine viel zu schwere Last für ein Kind in seinem Alter.
Ein großes Problem des Buches ist jedoch die unreflektierte Nutzung des N-Worts und des Z-Worts. Auch wenn es in direkter Rede verwendet wird, um rassistisches Gedankengut zu verdeutlichen, ist es nicht(!) legitim – es hätte anders gelöst werden können und müssen!
- TW: Psychische und körperliche Gewalt (gegen Kinder), Machtmissbrauch, Rassismus, Antisemitismus, Ableismus, Sexismus, Queerfeindlichkeit, Bodyshaming, Mobbing, Tod.
Fraglich, wie dieses Buch zum Bestseller werden konnte... Die Schriftstellerin übertreibt es dermaßen mit ihrem erzwungen witzig sein, dass jegliche tatsächliche Witzigzeit komplett unter geht. Abgesehen davon muss man sich regelrecht durch den andauernden psychischen Kindesmissbrauch quälen. Über die russische Kultur und die Integration in Deutschland lernt man nichts....
Plötzlich ist halt genug Geld da um der Großmutter eine Tanzschule zu kaufen... Plötzlich hat der Großvater eine eigene Firma.... Usw.
1 1/2 Sterne trotzdem, weil man dann doch wissen will, wie die Geschichte ausgeht.
TW: Rassismus, Erwähnung des N-Wortes, Antisemitismus, Ableismus, Kindesmisshandlung, Gaslighting, psychische Gewalt, Sexismus, Homphobie, Tod, Mobbing, Fatshaming
Gut, dass ich das Buch als Hörbuch gehört habe, die Specherin war nämlich super. Die Geschichte hat mich sehr gut unterhalten und die Großmutter war wunderbar biestig und böse. Trotzdem ist sie an vielen Stellen zu sehr über das Ziel hinausgeschossen und am Ende hat es mich leider mehr genervt als unterhalten.
Die Geschichte einer tragischen Kindheit eines Jungen, welcher von seiner Gorssmutter mit psychischem Missbrauch grossgezogen wird. Gleichzeitig beschreibt Alina Bronsky ihre Figuren einzigartig und lässt immer wieder humorvolle Passagen einfliessen.
Ein nachdenklichstimmender Einblick, aber absoltut lesenswert.
Skurille Figuren und eine Geschichte, die zwischen witzig und tragisch nur so hin und her schwingt. Kurz und prägnant erzählt, hat mich die Handlung bis zum Schluss gut unterhalten. Nur das Ende fand ich etwas schnell abgehandelt.
Dieser zugleich traurige und lustige Roman hat mich ganz gut unterhalten. Die Geschichte lebt aber hauptsächlich von dem grotesken Humor, der durch das Verhalten der verschobenen, tyrannischen Großmutter entsteht. Dadurch bleibt es bis zum Schluss spannend und unterhaltsam.
Alina Bronsky erzählt die Geschichte von Max und seinen eigenartigen Großeltern wie sie versuchen in der Deutschland Fuß zu fassen.
Ich verfolgte das Leben der kleinen Familie aus Max' kindlicher Perspektive, lernte Ihn und den fesselnden Wahnsinn zu schätzen. Wie er das Wirrwarr der Erwachsenen navigiert und leider selber viel zu früh erwachsen wird. Trotz all der Macken der Erwachsenen lernt man sie mögen und hofft auf das Beste.
Ok...DNF bei 56 %...
Klar, vllt. kommt da noch was. Aber ich kann den psychischen und physischen Missbrauch nicht länger ertragen...V.a. nicht den hysterisch-spöttischen Unterton den die Sprecherin der Großmutter gibt.
Kindesmisshandlung, Vernachlässigung, Lug und Betrug, Rassismus, Antisemitismus und vieles mehr - die Großmutter ist schrecklich. Ich konnte erkennen, was hinter dieser Boshaftigkeit versteckt ist, das hat die Autorin gekonnt umgesetzt. Trotzdem ist dieses Buch einfach nur schmerzhaft.
Von zauberberggast
Bei „Der Zopf meiner Großmutter“ handelt es sich um einen Entwicklungsroman, in dem die Erlebnisse des Kindes Maxim in der Ich-Perspektive erzählt werden. Die Erzählung beginnt im Grundschulalter und endet im Teenageralter Maxims. Der Roman ist dabei sehr episodisch angelegt, was beim Lesen für mich sehr angenehm war, weil man nach jedem Kapitel Pause machen und das Gelesene Revue passieren lassen konnte. Da der Roman nur wenige Hauptcharaktere umfasst und eben sehr szenisch aufgebaut ist, könnte man sich gut vorstellen, dass man daraus auch ein Drehbuch und einen Film machen könnte.
Was mir sehr gefallen hat ist der Erzählton des Ganzen – die Autorin spielt mit Mitteln der Groteske und Satire in der Darstellung ihrer Personen. Die teils eher ernsten und tragischen Elemente der Handlung werden durch die Figur der Großmutter und ihre sarkastische Haltung zum Leben überlagert. Man denkt beim Lesen oft, „Das hat sie jetzt nicht wirklich gesagt in dieser Situation“ und ähnliches. Die ganze Figur ist natürlich sehr konstruiert, aber gleichzeitig auch erscheckend lebensecht und real. Die Geschichte ist ebenfalls so normal wie gleichzeitig absurd. Diese Diskrepanz und das Spiel der Autorin mit dem Absurden und dem Gewöhnlichen machen diesen Roman so genial.
Die Handlung ist trotz in ihrer Banalität spannend. Wir begleiten Maxim und seine Großeltern durch die erste Zeit im Wohnheim in Deutschland und erleben die Dreiecksbeziehung der Großeltern und der jüdischen Klavierlehrerin Nina staunend mit. Wir fragen uns, ob Maxim wirklich so krank ist, wie es die Großmutter darstellt, was es mit dem „rothaarigen Juden“ auf sich hat und was eigentlich mit Maya passiert ist. War die Großmutter wirklich mal berühmt?
Alina Bronsky ist eine großartige Autorin, die es mit ihrer Prosa schafft, dass der Leser in der kleinen Wohnung der Familie sozusagen mitlebt, ihre Enge spürt und sich über den nächsten narzisstischen Ausbruch der Großmutter gleichzeitig freut und fürchtet.
(3,5 von 5 Sternen)
Meine Meinung
Die Leseprobe hatte mich sofort überzeugt! Schon auf den wenigen Seiten zeigt sich der tolle Schreibstil der Autorin und der sprachliche Biss, der der Geschichte das gewisse Etwas verleiht.
Und auch die Charaktere machen die Geschichte zu etwas Besonderem. Allen voran Großmutter Margo. Sie ist eine richtig fürchterliche Person; dominant, herrschsüchtig, nach Komplimenten haschend, vorlaut, rassistisch unvm! Sie organisiert die Flucht aus Russland nach Deutschland unter Angabe von falschen Voraussetzungen. Und als sie es geschafft hat, als falsche Jüdin in einem Wohnheim für geflüchtete Juden unterzukommen, lässt sie kaum ein gutes Wort an Juden, Deutschen, Arabern… Ihre große Unzufriedenheit war für mich nicht so richtig greifbar. Sie ist eine verletzte und trauernde Mutter (obwohl das nicht richtig rüberkommt), die ihre Tochter verloren hatte und sich nun (ihrer Meinung nach) aufopferungsvoll um den (ihrer Meinung nach) kranken, dummen und bald verkrüppelnden Enkel Max kümmert. Dabei muss sie auch noch ihren (ihrer Meinung nach) faulen, zu nichts zu gebrauchenden, sturen und wortkargen Ehemann Tschingis aushalten, unterstützen und unterhalten, wo es doch eigentlich andersherum sein sollte.
Dies erfahren wir taktischerweise aus der Sicht des kleinen Max, der von seiner Großmutter in jedweder Hinsicht unterdrückt wird. Seine Offenheit und Naivität und auch Leichtigkeit, die er trotz dieser schrecklichen Großmutter an den Tag legt, ist herrlich erfrischend und gibt der Geschichte eine positive Note.
Gespannt verfolgte ich die Idee, dass sich der wenig beachtete Großvater in eine um einiges jüngere jüdische Mitbewohnerin verliebt. Was wird alles passieren? Wie wird die tyrannische Großmutter das Ganze aufnehmen?
Und Alina Bronskys Antwort überraschte mich sehr! Damit hatte ich nicht gerechnet. Und wenn ich ehrlich bin, konnte ich das Handeln von Margo nicht so ganz nachvollziehen. Ihre Großzügigkeit war nicht leicht sondern natürlich in erster Linie egoistisch. Sie nahm sich, was sie wollte und brauchte und nahm dabei wenig Rücksicht auf andere. Ebenso konnte ich die Reaktion des Großvaters Tschingis und der Geliebten Nina nicht nachvollziehen, da Alina Bronsky nicht genug darstellt, wieso ihre Figuren so handeln wie im Buch beschrieben.
Das ist in meinen Augen die größte Schwäche des Buches. Es gibt nicht genug Erklärungen und Anhaltspunkte, um die skurrilen Charaktere zu verstehen. Vielleicht liegen sie zwischen den Zeilen verborgen. Doch leider war ich nicht in der Lage sie zu filtern.
Das Ende kam ein wenig überhastet. Und wieder hadere ich damit, es nicht zu verstehen. Ja, Großmutter Margo will Großes erreichen, unmögliches vollbringen, sich großzügig zeigen… aber so? Warum dieses Ende mit dem titelgebenden Zopf? Schade, dass Alina Bronskys Gedanken nicht bis zu mir durchdringen konnten.
Fazit
Die Idee dieses Buches ist fantastisch und die Autorin kann mit Sprache und ihrem eigenen Stil grandios jonglieren. Doch leider gefiel mir die Umsetzung weniger. Einige Seiten mehr hätten dem Buch sehr gut getan, um die Lücken und die immer schneller voranschreitende Handlung der Geschichte zu füllen und nachvollziehbar zu machen. So bleibt das Buch, trotz seiner eigenen Genialität, eine etwas unausgegorene Geschichte.
TW: Rassismus, Erwähnung des N-Wortes, Antisemitismus, Ableismus, Kindesmisshandlung, Gaslighting, psychische Gewalt, Sexismus, Homphobie, Tod, Mobbing, Fatshaming
Gut, dass ich das Buch als Hörbuch gehört habe, die Specherin war nämlich super. Die Geschichte hat mich sehr gut unterhalten und die Großmutter war wunderbar biestig und böse. Trotzdem ist sie an vielen Stellen zu sehr über das Ziel hinausgeschossen und am Ende hat es mich leider mehr genervt als unterhalten.
Was soll das für ein Humor sein, in dem die erwachsene Großmutter nicht nur, aber vor allem ihren Enkel, ein Kind erniedrigt und demütigt? Keine Ahnung, aber ich kann diese "psychische Misshandlung im tragischkomischen Gewand" nicht witzig finden.
Ich bin sehr enttäuscht.