konnte mich nicht packen, lange Kapitel, umständliche Erläuterungen
Bei einem Buch mit dem Titel "Der Profiler", da erwartet man Nervenkitzel, spannende Einblicke in die kriminalistische Psyche, messerscharfe Analysen und eine geballte Ladung True Crime! Endlich am Ende des Buches angelangt, musste ich aber leider ziemlich ernüchtert die letzte Seite zuklappen. Aber worum geht es denn überhaupt?! Wer hat die junge Frau vor 20 Jahren bestialisch ermordet? Ein Fremder, ein verschmähter Liebhaber, oder war es gar ein Familiendrama? War es die Russenmafia, die den Häftling in seiner Zelle gefoltert und schwer verletzt hat, oder ging es um Streitigkeiten im Drogenmilieu? Es gibt eine erschreckend hohe Dunkelziffer an ungeklärten Todesfällen. Er geht ihnen auf den Grund: Axel Petermann war Mordkommissar und Leiter der »Operativen Fallanalyse« in Bremen. Mit den Methoden des Profiling kommt er den Mördern auf die Spur. Das was Axel Petermann als jemand, der beruflich in die dunkelsten Abgründe menschlicher Verbrechen blickt, hier präsentiert, ist... nun ja, eher ein zäher Spaziergang durch die Seiten als ein packender Blick hinter die Kulissen. Die Fälle, so real sie auch sein mögen, konnten mich leider kaum bis gar nicht packen. Ja, es geht hier um wahre Verbrechen. Und ja, das ist an sich schon spannend – oder sollte es zumindest sein. Aber Petermanns sachlicher, geradezu nüchterner Ton hat mich einfach nicht abholen können. Wo sind die ganzen Emotionen? Wo ist das Eintauchen in die Gedankenwelt eines Täters? Oder deutlich nähere Einblicke in die Ermittlungsarbeit? Stattdessen wird tatsächlich viel um den heißen Brei herum geredet – lange, umständlich, mit reichlich Nebenschauplätzen und dem Gefühl, dass man sich eher durch ein polizeiliches Einsatzprotokoll wühlt... Zumindest erging es mir so! Besonders unbefriedigend fand ich, dass einer der längeren Fälle quasi nur angerissen wurde, denn dieser endete plötzlich abrupt – ganz ohne Auflösung. Das mag der Realität geschuldet sein, klar. Aber wenn ich ein Buch mit Spannung lese, möchte ich nicht am Ende das Gefühl haben, als hätte mir jemand mitten im Film den Stecker gezogen... Wer sich jetzt fragt, ob wenigstens die Struktur hilft: Leider nein. Lange Kapitel ziehen sich wie Kaugummi, man hangelt sich mühsam von Szene zu Szene, hofft auf Erkenntnisse – und bekommt stattdessen weitere umständliche Erläuterungen, die gefühlt eher dem Ego des Autors dienen als dem Erkenntnisgewinn des Lesers. "Der Profiler" ist somit eher ein Buch für Menschen, die den Fokus weniger auf die Spannung an sich und mehr auf die sachliche Darstellung legen. Ich hatte mir irgendwie erhofft, tief in die Arbeit eines Fallanalytikers einzutauchen, blieb aber an der Oberfläche zurück – als stiller Beobachter und nicht als jemand, der wirklich versteht, wie dieser Beruf funktioniert. Schade, denn das Potenzial war definitiv da.