Seltsam aber doch irgendwie lesenswert!
„Mein Name ist Mary. Mein Haar hat die Farbe von Milch. Und dies ist meine Geschichte.“ So beginnt ihr Tagebucheintrag über ein Jahr in ihrem Leben, das alles verändert – und das sie selbst, schnell, einfach und ungeschönt in ein Tagebuch geschrieben hat. Was folgt, ist eine Geschichte, die roh, schnörkellos und direkt von der Leber weg erzählt wird. Die Sprache ist schlicht und ohne große Ausschmückungen. Genau das macht den Stil aber auch irgendwie besonders: Er ist seltsam, wie es der Klappentext treffend formuliert – „ein kompromissloses Werk von seltsamer, sprachlicher Schönheit.“ Anfangs musste ich mich wirklich an den Stil gewöhnen. Doch wenn man bedenkt, in welcher Zeit die Geschichte spielt – als es Frauen nicht erlaubt oder möglich war, zu lesen und zu schreiben – ist diese reduzierte Sprache durchaus authentisch und angebracht. Mary selbst ist Widerspenstig, klug, ehrlich – und doch gefangen in den Zwängen ihrer Zeit. Zuerst hatte ich noch den Eindruck, dass sie ein wenig "zurückgeblieben" wirkt. Es lag aber eher an der schlichtweg einfachen Sprache. Die Handlung selbst war für mich zum Teil vorhersehbar, auch wenn das Ende mich dann doch überrascht hat. Es ist kein Buch mit vielen Wendungen oder großem Drama, sondern eher ein leises, intensives Porträt einer jungen Frau, die ihren Weg auf die einzige Weise geht, die ihr möglich ist und das sie kennt. Die Farbe von Milch war für mich lesenswert und gut, aber kein echtes Highlight. So ganz wollte der Funke bei mir nicht übergespringen. Wer sich aber auf den Stil einlassen kann, wird hier ein ungewöhnliches und mutiges Werk finden.