Selbst wenn Sie mit feministischen Themen nichts am Hut zu haben glauben und sicher mit der Argumentation an der ein oder anderen Stelle hadern werden - vielleicht auch mit der Diktion - so wird man erkennen wie sehr wir und damit unsere Gesellschaft die Hälfte aller Menschen benachteiligen, ihnen das Leben erschweren und sie ermorden. Nicht nur ein Plädoyer gegen weniger Hass. Ein Aufruf zu mehr Solidarität und Nächstenliebe. Danke.
Ein Buch über die herrschende Unterdrückung der Frau im Patriarchat. Hier begleitet man Frauen, welche schlussendlich Opfer von Femiziden werden, Gewalt durch ihre Partner und Ex-Partner erfahren und in einem System leben müssen, dass nicht für sie gemacht wurde. Man wird aufgeklärt darüber, wie schwer es Frauen gemacht wird Gerechtigkeit zu erfahren, in dem Täter kaum bestraft werden. Gleichzeitig thematisiert Christina Clem hier den Grund für die vielen nicht angezeigten Vergewaltigungen und Übergriffe und wie man diesen im Patriarchat wiederfindet. Ich bin froh dieses Buch endlich gelesen zu haben und würde es jedem ans Herz legen 🩷
Da waren viele verschiedene Gefühle, die ich während des Hörens dieses Buches durchlebt habe. Jedes wurde aber von starker Gänsehaut begleitet.
Das ist ein Buch für jede/n. So, so wichtig!
Die authentischen Fälle, die Christina Clemm als Juristin begleitet und in ihrem Buch eindringlich geschildert hat, haben mich tief bewegt. Besonders erschütternd waren für mich die Einblicke in die oft unbegreiflichen Urteile unseres Rechtssystems. Mit großer Präzision werden nicht nur die Ereignisse selbst dargestellt, sondern auch Hintergründe beleuchtet, Zusammenhänge verdeutlicht und Denkanstöße gegeben, die meinen Blick auf viele Aspekte des Lebens nachhaltig verändert haben. Aufgrund der Schwere des Themas brauchte ich gelegentlich Pausen, um das Gelesene wirken zu lassen. Solche Bücher wünsche ich mir häufiger, denn sie leisten nicht nur wichtige Aufklärungsarbeit, sondern können auch dazu beitragen, gesellschaftliche Missstände sichtbar zu machen und langfristig Veränderungen anzustoßen.
Selbst als Frau sind einem die Dimensionen der Gewalt und des Hasses nicht gänzlich bewusst. Das Buch zeigt diese sehr genau und wie wichtig das Wissen ist um die Umstände zu erkennen und zu verbessern.
Puh ich muss erstmal meine Gedanken sortieren. Ein Buch, das mich sehr wütend gemacht hat, das mich angestrengt und gefordert, teilweise auch überfordert hat. Ein Buch, das ich nicht unbedingt Jedem in jeder Phase empfehlen würde, ohne den Thema die Wichtigkeit absprechen zu wollen. Ich glaube, dass eine stabile Verfassung zur Auseinandersetzung mit so schwierigen Themen unerlässlich ist.
TW versteht sich von selbst, lesenswert für alle ❤️
Inhalt und Meinung
Wirklich ein Must Read (sage ich nie, aber hier stimmt es) und darum geht es genau:
"Alle, wirklich alle Frauen können betroffen sein. Und alle, wirklich alle Männer können Täter sein." Die Rechtsanwältin Christina Clemm zeigt, wie allgegenwärtig die Gewalt gegen Frauen ist, und was wir verändern müssen - politisch wie privat.
Nachdem zunächst eingegrenzt wird, wer alles unter den Term „Frau“ / „Mann“ fällt, stellt Frau Clemm direkt einen sehr erschütternden echten Fall von Gewalt gegen Frauen vor. Im Verlauf des Buchs kehrt sie auch immer wieder zur vom Partner ermordeten Lisa zurück (Namen geändert).
Ansonsten ist der Schreibstil sehr fließend, es ist spannend auf eine schlimme Art und Weise. Jedenfalls liest man ziemlich atemlos. Die Autorin stellt Statistiken vor, spricht mit Experten, stellt Betroffene vor und ganz wichtig: an sehr vielen Stellen zeigt sie auf, wie jedeR einzelne helfen kann und jedeR mit dem Thema zu tun hat.
Das Buch hat mich sehr mitgenommen und ich habe viel dazu gelernt. Vor allem niemals wegzuschauen und die Thematik nicht als etwas zu betrachten, was „Anderen“ passiert und man selbst kann einfach gemütlich leben, weil es einem nicht selbst widerfahren ist.
Schreibe Euch noch Zitate in die Kommentare.
Sehr große Leseempfehlung!
Highlight!
5/5 ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️❤️
aufrüttelnd, ehrlich und empfehlenswert für jede Person.
Dieses Buch zeigt sehr eindrücklich wie intersektional und aktuell Diskriminierung gegenüber Frauen in unserer Gesellschaft nach wie vor ist. In wie vielen Bereichen Frauen/ weiblich gelesene Personen unterdrückt werden und wie viel mehr Aufklärung und Handeln notwendig ist, um das endlich zu ändern. Absolute Leseempfehlung!
Das Buch macht so wütend! Aber Solidarität ist unsere Waffe!!! Zitat: S. 208
Während ich dieses Buch lese wird ein sehr bekannter ehemaliger Fußballnationalspieler verwarnt und zu einer Geldstrafe unter Vorbehalt verurteilt. Das belegt die Schilderungen der Autorin zum Thema Rechtsstaatlichkeit in Bezug auf sexualisierte Gewalt so deutlich, dass man laut Aufschreien möchte, wenn man liest er sei kein "notorischen Frauenschläger". Ab wann ist man das denn? Das Opfer wird mit diesem Urteil im Nachgang noch verhöhnt.
Das Buch hat mir in vielen Dingen neue Perspektiven eröffnet, auch wenn nicht alles neu war. Fakt ist, ich werde mit einem anderen Blick durch die Welt gehen, genauer Hinsehen und mich solidarisch mit allen Frauen und non-binären Personen zeigen.
Von meiner Seite eine große Leseempfehlung an ALLE!
Ein wirklich wichtiges Buch, was ich fortan als Grundlektüre feministischer Literatur allen meinen Freund*innen empfehlen werde!
Es wird gezeigt, in welchen Bereichen Frauen* Gewalt erleben, was diesen unterschiedlichen Formen von Gewalt zugrunde liegt, und worin die Schwierigkeiten liegen, diese zu bekämpfen. Es macht unfassbar wütend, traurig und ängstlich, gleichzeitig ist nichts von diesem Buch überraschend, wenn man selbst als Frau* sozialisiert wurde.
Lest alle dieses Buch und solidarisiert euch.
Das Buch hat mich oft sprachlos und auch wütend zurück gelassen. Vieles war (für mich) nicht neu, aber es so gesammelt zu lesen und das einfach verständlich, finde ich sehr wertvoll. Lest es. Auch wenns unangenehm ist.
„Gegen Frauen Hass” von Christina Clemm ist ein kraftvolles und erschütterndes Werk, das die systematische Gewalt gegen Frauen in den Mittelpunkt stellt. Die Autorin, eine erfahrene Anwältin, bietet in diesem Buch einen tiefen Einblick in die alltägliche Realität vieler Frauen, die Opfer von Gewalt werden. Clemm's Schreibstil ist präzise und eindringlich. Sie schildert detailliert verschiedene Fälle und beleuchtet dabei die unterschiedlichen Formen von Gewalt. Durch diese persönlichen Geschichten wird das Ausmaß und die Grausamkeit der Gewalt gegen Frauen greifbar und real. Besonders hervorzuheben ist Clemm's Fähigkeit, juristische und gesellschaftliche Zusammenhänge verständlich zu erklären. Sie zeigt auf, wie tief Frauenhass in den gesellschaftlichen Strukturen verankert ist und welche Rolle Justiz, Polizei und soziale Einrichtungen dabei spielen, diese Strukturen aufrechtzuerhalten oder zu durchbrechen. Ihre fundierte Analyse macht deutlich, dass es nicht nur individueller, sondern auch systemischer Veränderungen bedarf, um Frauen effektiv zu schützen und ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. „Gegen Frauen Hass” ist ein mutiges und notwendiges Buch, das eine wichtige Diskussion anstößt und zum Handeln aufruft. Es erhält verdientermaßen eine Bewertung von 5/5, da es nicht nur aufklärt und sensibilisiert, sondern auch den dringenden Bedarf nach gesellschaftlichem Wandel unterstreicht. Clemm zeigt, dass der Kampf gegen Frauenhass ein Kampf für die Menschlichkeit ist.
ich lese mittlerweile weniger sachbücher weil sie erstens (häufig) intellektuell anstrengender sind als romane und zweitens weil ich sonst permanent wütend wäre. vieles aus dem buch war nichts neues für mich (was nicht heißt, dass es nicht wichtig wäre diese sachen nochmal zu lesen), manche sachen waren mir aber auch gar nicht so bewusst, was wiederum zeigt wie tief verwurzelt die thematik in unserer gesellschaft ist. ich kann jedem nur empfehlen es zu lesen!
Dieses Buch von der Autorin gelesen zu hören war großartig. Es war schmerzhaft, aufwühlend und hat mich einfach traurig gemacht. Ich habe wahnsinnig viel gelernt - das Buch ist eine hervorragende Ergänzung zu dem ersten Werk von der Autorin. Zum Einstieg erzählt die Autorin eine beispielhafte Geschichte einer „Beziehungstat“. Sie ist ein guter Aufhänger für das, was folgt: eine Abrechnung mit dem System. Denn es hält Frauen klein, es macht das Leben von Frauen gefährlich, es hilft ihnen nicht. Uff.
"Schnell wird das Problem beiseite geschoben, an den Rand der Gesellschaft, denn immerhin kommt so etwas nicht in jeder Familie vor. Und das stimmt: Geschlechtsspezifische Gewalt kommt nicht in jeder Beziehung vor, nur in jeder dritten." - Christina Clemm, "Gegen Frauenhass"
Jeden Tag versucht ein Mann, seine (Ex-)Partnerin zu töten. Alle drei Tage gelingt es ihm. Polizei und Presse titeln das als "Beziehungstat", als "tragischen Einzelfall" - dass diese Begrifflichkeiten keinesfalls zutreffen und Femizide nur selten ohne vorhergehende Gewalt begangen werden, arbeitet Christina Clemm in ihrem Sachbuch "Gegen Frauenhass" unter anderem heraus. Anhand des fiktiven Falls von Lisa M., die im Studium Mirko kennen und lieben lernt, zu ihm und seiner Mutter zieht, mit ihm drei Kinder bekommt, von ihm jahrelang geschlagen, vergewaltigt und letztlich ermordet wird, erklärt die Fachanwältin für Familien- und Strafrecht die Zusammenhänge zwischen Frauenhass und mitunter tödlicher Gewalt gegen Frauen.
Christina Clemm vertritt als Anwältin seit Jahren Frauen und nicht-binäre Personen, die Gewalt erlebt haben. Diese Gewalt gibt es in Familien und Partnerschaften, in Arbeitsverhältnissen, in Arztpraxen sowie Krisen- und Kriegsgebieten - überall da, wo Macht missbraucht werden kann. Deshalb plädiert die Autorin für ein System, in dem alle in Freiheit leben können, ohne Streben nach Macht. Dabei betont sie auch immer wieder, dass sich die misogyne Gewalt bei Mehrfachmarginalisierung potenziert. Christina Clemm belässt es aber nicht nur bei der Benennung der Probleme in unserer Gesellschaft und unserem Rechtssystem, sondern entwickelt einen ganzen Katalog an Maßnahmen gegen Frauenhass. Von der Schaffung ausreichender Plätze in Frauenhäusern über die Abschaffung des § 218 Strafgesetzbuch bis hin zu gelebter Solidarität mit Betroffenen fordert sie vor allem eines: „Seid Wütend! Stört, stört, stört! Bildet Banden! Feministische Männer – macht endlich mit!“
Ein Buch, das aufrüttelt, wütend macht und klar Position gegen Frauenhass bezieht - unbedingt lesenswert!
Christina Clemm hat einen tollen Erzählstil. Das Thema ist hochaktuell und für alle wichtig. Teilweise hat mich das Angesprochene so wütend gemacht und ich musst einfach nur den Kopf schütteln. Die Problemstellungen und Fallberichte sind unfassbar gut ausgearbeitet und beschrieben und lassen einen teilweise wirklich mitfühlen und verzweifeln. Mir hat das Buch dennoch sehr gut gefallen weil unangenehme Themen super aufbereitet wurden und ich noch einiges lernen konnte.
Warnung: Wie der Titel ahnen lässt geht es um Hass und (sexualisierte) Gewalt gegen Frauen. Auch in meiner sehr persönlichen Rezension. Bitte lest sie mit Vorsicht oder lasst sie aus.
Ich hatte bereits das erste Buch von Christina Clemm (Akteneinsicht) gelesen. Danach war ich so unfassbar wütend und diesmal ging es mir nicht anders.
Als Anwältin vertritt die Autorin Menschen (vor allem Frauen), die Opfer von Gewalttaten wurden. Dabei erlebt sie immer wieder, wie sehr diese allein gelassen, retraumatisiert und sogar kriminalisiert werden. Wie wenig ihnen geglaubt wird.
Clemm analysiert diesmal außerdem den Frauenhass in unserer Gesellschaft, wie er zu bestimmten Gerichtsurteilen und natürlich nicht zuletzt zur Ausübung der Gewalt beiträgt. Sie kritisiert, dass unser Rechtssystem von Männern erschaffen wurde und damit einige blinde Flecken aufweist, eigentlich reformiert gehört.
"Die Sozialwissenschaftlerin Habermann hat recht, wenn sie festhält: Recht war und ist durch männliche Sichtweisen geprägt. Auch das Strafrecht entspringt ungleichen Machtverhältnissen zwischen den Geschlechtern, in denen männliche Interessen bestimmend sind. Die mangelnde Repräsentation von Frauen im Recht – insbesondere in der Entstehung und Entwicklung des Rechts – führt dazu, dass ihre Sichtweisen und Interessen weniger berücksichtigt werden."
Und keine Angst: Clemm ist pro Unschuldsvermutung und das Recht auf Verteidigung, hat aber einige andere gute Ideen, wie man Opfern helfen und sie besser schützen könnte.
Täter erfahren viel zu häufig Verständnis für ihre Grausamkeit und das wirkt sich strafmildernd aus.
"Er tötet in dem Bewusstsein, dass der Verlust seines Ansehens durch das Dulden der Handlungen der Frau massiver ist als der, ein Frauenmörder zu sein. Wenn er auch für die Tötung bestraft wird, kann er doch auf Verständnis für seine Tat vertrauen, werden seine Verzweiflung, seine Verlustangst, seine Erniedrigung und sein Schmerz gesehen werden."
Ein Femizid wird vor Gericht oft zum Totschlag statt zum Mord, auch dann, wenn der Täter seine Tat lange geplant und sogar mehrfach angekündigt hat.
Misogynie floriert grade wieder so richtig und hat oft fatale Folgen.
"Klaus Theweleit hat in seinem Buch Das Lachen der Täter die Ideologien von Attentätern analysiert und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass Frauenhass Attentäter weltweit miteinander verbindet, unabhängig davon, ob sie ein geschlossenes rechtsextremes, antisemitisches oder islamistisches Weltbild haben."
Ein zentrales Thema ist Besitzanspruch. Die Frau wird nicht als gleichberechtigter Mensch wahrgenommen, sondern gehört dem Mann. Dementsprechend entmachtet fühlt er sich, wenn sie die Beziehung beendet, ein Leben ohne ihn, vielleicht sogar mit einem Anderen, führen möchte. Und auch wenn immer behauptet wird, dass diese Männer töten, weil sie ihre (Ex-)Partnerin halten wollen, so bereuen doch die wenigsten ihre Tat, obwohl die Frau ja nun nie mehr mit ihnen zusammen sein kann. Aber halt auch mit niemandem sonst, ihr ganzes Leben ist vorbei. Und das beflügelt die Täter manchmal regelrecht, sie sind während und nach dem Mord geradezu euphorisch (wie ich in einer Sendung zu dem Thema im Deutschlandfunk hören durfte).
"Rita Segato schreibt, dass ein Mann, der im Schutz des häuslichen Raums Frauen missbraucht und tötet, die von ihm abhängig sind, dies macht, weil er es kann – sie sind bereits Teil des Territoriums, das er beherrscht."
Clemm fragt sich, warum die jährlich im dreistelligen Bereich liegende Anzahl der ermordeten Frauen und die noch viel, viel höhere Zahl derer, die häusliche Gewalt erleb(t)en niemanden so richtig interessiert. Und liefert eine treffende Antwort:
"Es könnte unter anderem daran liegen, dass es hier erstaunlich gut gelingt, den Anschein der Gleichstellung der Geschlechter zu erwecken. Auch daran, dass es besonders gängig ist, Opfer und Taten zu individualisieren und den Opfern eine Mitschuld zu geben. (…) statt zu fragen, was sind das für Männer, welchen Männlichkeitsbildern folgen sie? Warum hat sie niemand gestoppt?"
Ich habe mich früher immer gefragt, warum grade Frauen ihren Geschlechtsgenossinnen eine Mitschuld an Gewalt oder gar Mord geben. Unsolidarisch, ja sogar fast schon bösartig fand ich das. Heute verstehe ich es aber besser. Wenn man sich einredet, dass man nur bestimmten Regeln, einem Skript folgen muss, dann kann es einem selbst ja nicht passieren. Wenn sie was falsch gemacht hat, dann muss ich ja einfach nur ihre Fehler vermeiden und dann bin ich sicher. Was natürlich ein völliger Trugschluss ist, aber eben dazu beiträgt, dass man sich etwas besser fühlt.
Clemm schreibt sehr klar und präzise, redet nicht um den heißen Brei. Und auch wenn ich ein oder zwei Wörter nachschlagen musste (easy dank eReader), ist die Sprache zugänglich und für alle geeignet.
Viele der Beispiele von Gewalttaten im Buch sind schwer zu ertragen und ich musste immer wieder Pausen machen. Es kam bei mir so viel hoch, all die Frauenfeindlichkeit, die ich erlebt habe, seit ich ein Kind war. Häusliche Gewalt, die Trennung nicht akzeptieren, Stalking, Sprüche, so verdammt viele Übergriffigkeiten, immer wieder das ungefragte Anfassen (schon von Jungs in der Grundschule), bis hin zu schwerster sexualisierter Gewalt. Und das bin nur ich.
Bei anderen Frauen habe ich genauso viel miterlebt. Der Mann, der meine Freundin beim Spieleabend geohrfeigt hat; der, dessen Frau nicht an das eigene Geld darf; der, der seine Frau (und die Kinder) so lange regelmäßig verprügelt hat, bis die Söhne erwachsen waren und dasselbe mit ihm gemacht haben (der Scheidungsantrag der Frau in den 80ern wurde übrigens abgelehnt, weil er sich ja reumütig zeigte und Besserung gelobte – sie hat es nie wieder versucht); der frühere Nachbar, der seine Frau so zugrechtet hat, dass wir nachts die Polizei rufen mussten; der Mann, der seine Frau ermordet und sich dann suizidiert hat, wodurch sein Kind, meine Klassenkameradin, bei entfernten Verwandten aufwuchs; der Arzt, der bekannt für ungebührliches Verhalten war und vor dem sich Frauen gewarnt haben; der Bekannte eines Arbeitskollegen meiner Mutter, der grade auf Geschäftsreise ist und keine Ahnung hat, dass die Frau die Gelegenheit nutzt, um endlich zu fliehen. Ich könnte ewig so weiter machen, das sind nur wenige Beispiele. Und nein, ich lebe nicht im sozialen Brennpunkt, sondern in der guten bürgerlichen Mitte der Gesellschaft.
Wir müssen die Täter endlich ins Visier nehmen – und auch die, die schweigen!
"Jede*r hat schon einmal mit einem Gewaltopfer gesprochen, mit einem Täter scheinbar niemand. Die gibt es im eigenen Bekanntenkreis gar nicht."
Clemm geht auf viele Orte ein, an denen Frauen Machtmissbrauch und Gewalt erleben, vom Taxi über die Arztpraxis bis hin zum eigenen Job. Die Geschichten sind erschreckend und gleichzeitig sehr vertraut. Und dann wundern sich Menschen wenn ich sage, dass ich extra in die nächste Stadt fahre, weil es in meiner nur Ärzte und keine Ärztin gibt.
Das ist ja immer das Paradoxe: passiert uns etwas, sind wir irgendwie selber schuld, haben was falsch gemacht und uns nicht richtig geschützt. Außerdem hätten wir es ja wissen müssen. Erzählen wir aber offen von unseren Maßnahmen, unseren Umwegen und unserer Vorsicht, dann stellen wir Männer unter Generalverdacht und spinnen.
Ich kann das Buch jedenfalls wirklich allen sehr empfehlen, grade Männern, die es aber wohl eher nicht lesen werden (Clemm selbst schreibt, dass ihre Vorträge sehr gut besucht, Männer im Publikum aber leider rar sind).
Ich schließe mit einem letzten Zitat:
"Wer eine gerechte Gesellschaft für alle will, dem kann es nicht um Teilhabe an Macht gehen, sondern der muss für ihre Abschaffung kämpfen."
Die Autorin und Christina Clemm setzt in "Gegen Frauenhass" ein kraftvolles Zeichen gegen unterschiedliche Facetten der Gewalt und Diskriminierung, mit einem Fokus auf Feminismus, häusliche Gewalt, sowie sexualisierte und systematische Gewalt gegen Frauen*. Das Buch berührt durch seine klare Sprache und eindringlichen Darstellungen von Sexismus, Gewalt bis hin zu Femiziden, die uns alle aufrütteln sollten, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Beruf. Clemm schafft es, Schnittpunkte mit anderen Diskriminierungsformen wie Rassismus, Klassismus und Transfeindlichkeit aufzuzeigen, was zu einer umfassenden Auseinandersetzung mit diesen gesellschaftlichen Herausforderungen anregt. Das Buch erschüttert, macht sprachlos und weckt zugleich eine notwendige Wut, um Veränderungen voranzutreiben. Außerdem werden die Strukturen des Patriarchats, dessen tiefe Verwurzelung in Gesellschaft und Kultur es zu überwinden gilt eindrucksvoll beleuchtet, um eine gerechtere und gleichberechtigtere Welt für alle zu schaffen. Ein Buch, das nicht nur informiert, sondern auch aufruft, aktiv gegen Frauenhass einzustehen.
Die Autorin ist Anwältin vertritt viele Menschen, welche Opfer von Gewalt worden. Da sie auch viele Frauen vertritt, weiß sie daher worüber sie berichtet. Und ja, egal wie viele Bücher man zum Thema liest, die Zahlen und Taten bleiben nach wie vor erschreckend. Vor allem weil man ja denkt, dass sich der Mensch zum Positiven weiterentwickelt.
Wahrscheinlich hat so ziemlich jeder schon einmal mitbekommen, dass im Rechtssystemen bei gewissen Themen Nachholbedarf besteht. Man oder zumindest ich habe das Gefühl, dass zu oft den Opfern Schuld zugesprochen wird und die Täter in Schutz bzw. deren Motive verfälscht oder verharmlost werden. So nach dem Motto: Eine Tat aus Liebe…
In einigen Beziehungen wird die Frau als Eigentum des Mannes angesehen. Er besitzt sie, also bestimmt er auch über sie. Was trägt, mit wem sie sich trifft und was überhaupt zu tun und zu lassen hat. Verweigert sie dies, wird sie bestraft. Was lächerlich klingt, ist für manche Realität. Will die Frau dann einen Schlussstrich ziehen endet dies oft in Gewalt, Morddrohung oder Tod. Wo klingt das nach Liebe?
Das Buch ist gut verständlich geschrieben und öffnet vielleicht dem einen oder der anderen die Augen. Man verschließt sich gern vor gewissen Sachen. Die Geschichten die hier aufgezeigt werden sind schonungslos, erschreckend und leider absolut real.
Der Schein der heilen Familienwelt, welcher gewahrt werden muss bis es eskaliert. Doch gibt man dem Täter die Schuld, welcher ja immer nur das Beste für seine Familie wollte und dem „die Hand nur ausgerutscht“ ist, weil er zu viel Stress hatte? Dafür sollte man, wenn es nach so Manchem geht, schon Verständnis aufbringen. Nein werde ich nicht.
Wichtiger wäre mir, dass die Frau den Absprung aus dieser „Beziehung“ schafft.
Und jaaaaa, in so einer Gesellschaft leben wir teilweise noch. Man muss einfach mal mehr und besser auf seine Umgebung achten. Da entdeckt bestimmt auch Seiten an Menschen, denen man es nicht zugetraut hat.
Fazit
Ein Buch welches sich zu lesen lohnt. Die Autorin zeigt durch Fallbeispiele, wie es vielen Frauen in der Realität ergeht. Wie unser Rechtssystem versagt und wie nachgebessert werden könnte. Das Ganze ist total unkompliziert geschrieben und somit leicht verständlich, wenn auch schwer verdaulich. 5 Sterne von mir.
TW Gewalt
Ein gutes und wichtiges Buch, das ich nur dringend empfehlen kann.
Ich lasse es am besten für sich bzw. Christina Clemm für uns sprechen:
„Es reicht nicht, dass Männer nicht selbst gewalttätig oder übergriffig sind, sie müssen andere davon abhalten. Wer sonst?"
,Wer behauptet, so etwas sei lustig gemeint und nicht gefährlich, nett, wenn vielleicht etwas ungeschickt, ist Teil eines Klimas, das sexualisierte Ubergriffe legitimiert und den Betroffenen unterstellt, sie könnten zwischen reiner Respektlosigkeit und sexualisierter Übergriffigkeit nicht unterscheiden."
„In der Erniedrigung von Frauen eine eigene Wertsteigerung zu erfahren ist nur in einer Gesellschaft vorstellbar, die auf Ungleichheit beruht.
In einer Gesellschaft, in der Männlichkeit mit Macht verbunden ist, mit Deutungshoheit, ökonomischer und politischer Macht, ist sexualisierte Gewalt als Ausdruck von Potenz nur vordergründig verboten. Im Alltag kann sie Wertsteigerung genutzt werden."
„Selbstverständlich ist die Unschuldsvermutung ein hohes Gut, ein Prinzip, auf das in einem Rechtsstaat niemals verzichtet werden kann. Wer aber Logiken folgt, die auf frauenverachtenden Grundannahmen aufbauen, wird Unrecht nicht erkennen. Wer meint Verfahrenseinstellungen und Freisprüche bewiesen, dass Taten nicht geschehen sind, der hat unser Rechtssystem nicht verstanden.“