Hänsel und Gretel meets Flüchtlingsfrage Michael Köhlmeier kannte ich bisher nur durch seine Märchenwelt, die mir sehr gut gefällt. Auch in diesem Werk merkt man seine Begeisterung für Märchen, allerdings konnte mich die Geschichte nicht überzeugen. Ein kleines Mädchen strandet in einer westeuropäischen/deutschsprachigen Stadt. Sie ist allein, wurde nur von einem Schlepper in die Stadt gebracht, hat aber keine Verwandten bei sich. Und sie spricht die Sprache nicht. Sie ist im Weg und die Männer, mit denen sie in einer Unterkunft wohnt, können nichts mit ihr anfangen. Daher wird sie morgens von einem "Onkel" auf den Markt gebracht und abends wieder abgeholt. Tagsüber soll sie selbst schauen, wo sie etwas zu essen erhält. Das geht einige Tage gut, doch irgendwann taucht der "Onkel" abends nicht mehr auf und das kleine Mädchen verläuft sich auf ihrer Suche nach der Unterkunft. Sie wird irgendwann von der Polizei in ein Heim gebracht, in dem sie endlich jemanden trifft, der ihre Sprache beherrscht. Zwei ältere Jungen brechen mit ihr aus und eine Odyssee auf der Suche nach einem Haus, Nahrung und Wärme beginnt... Gut gefallen hat mir die Hänsel und Gretel-Thematik (Junge und Mädchen allein im Wald, eine Hexe, Brot) ebenso wie Köhlmeiers Betrachtung der Gesellschaft: Wann und wie greifen Menschen ein, wenn sie eine Notsituation wahrnehmen? Wie oft wird tatsächlich eine Not bei einem anderen Menschen auch als solche erkannt? Grundsätzlich bleibt die Geschichte jedoch nicht sehr aussagekräftig und wirkt mitunter pathetisch und gezwungen, unglaubwürdig und als wäre sie nur geschrieben, um auch etwas zum Thema Flüchtlinge zu sagen.
Angekommen in einer fremden Welt. Vollkommen allein. Alles verloren, auf der Suche nach Halt und einem neuen Zuhause. Aktuell befinden sich immer mehr Menschen, die auf der Flucht vor Krieg, Gewalt und Unterdrückung sind, in dieser Lage. Insbesondere die Zahl der alleinreisenden Minderjährigen ist immens. Michael Köhlmeier erzählt in Das Mädchen mit dem Fingerhut von einer vielen nicht vertrauten Situation: Wie ist es, wenn man heimatlos und ganz auf sich gestellt ist? Das sechsjährige Mädchen Yiza muss sich in einer rauen und winterlichen Umgebung zurechtfinden, in der ihr alle Menschen fremd sind und sie nichtmals die Sprache versteht. Sie ist ein Flüchtlingskind, lebt größtenteils auf der Straße und ist angewiesen auf die Hilfe ihrer Mitmenschen. Köhlmeier zeichnet ihren Weg nach, der von vielen zufälligen und auch nur zeitweiligen, aber oftmals positiven Begegnungen geprägt ist. So trifft Yiza auf einen “Onkel”, der sie mit auf den Markt nimmt, um ihr zu zeigen, wo sie sich den Tag über aufhalten kann; auf einen Fischhändler und seine Kunden, die sich großzügig zeigen und ihr Essen und Kleidung geben und sie nicht der Polizei melden, um ihr keine Angst zu machen, sondern ihr zu zeigen, dass sie willkommen und frei ist; auf Frauen, mit denen sie gemeinsam in Müllcontainern wühlen muss, um den Hunger zumindest ansatzweise stillen zu können; auf einen anscheinend ebenfalls Mittellosen, der ihr Limo und Brot kauft; auf viele Menschen, die sie zwar sehen, aber nicht wahrnehmen. Auf ihrer Suche nach Geborgenheit und einem Refugium macht Yiza allerdings auch bittere Erfahrungen mit einer nur oberflächlich mütterlichen, stattdessen vielmehr besitzergreifenden Person. Die vollständige Rezension unter https://buecherherbst.wordpress.com/2016/02/17/rezension-michael-koehlmeier-das-maedchen-mit-dem-fingerhut/
Ich weiß nicht... 2-3 Sterne: okay, eh?!