Nach langer Zeit wieder in die Hand genommen - und neu verliebt! Eines der schönsten Bücher, die ich kenne. Orhan Pamuk ist einer der ganz, ganz großen Schriftsteller der Gegenwart!
Istanbul im auslaufenden 16. Jahrhundert, das osmanische Reich unter Murad dem Dritten ist auf dem Höhepunkt seiner Macht, große Veränderungen im politischen aber auch im wirtschaftlichen System bahnen sich an oder sind frisch vollzogen. Diese Umbrüche machen auch vor der zivilen Gesellschaft nicht halt - generationenalte Traditionen in Religion, Familie, Kultur und Kunst werden infrage gestellt. Vor diesem Hintergrund ereignet sich in Istanbul ein Mord an einem Miniaturmaler. Besonders daran ist, dass dieser Künstler einer von vieren ist, der vom Sultan im Geheimen beauftragt ist ein illuminiertes Buch zu schaffen, das entgegen der muslimischen Tradition auch perspektivische - eine westliche Technik - Malerei enthalten soll. Dieser bis dahin unvorstellbare Bruch mit alten Werten führt zu einer aufgeheizten Stimmung. Künstler, Politiker und Gläubige stehen einander in einem scheinbar unlösbaren Konflikt gegenüber. Kara Efendi, seines Zeichens hochrangiger Beamter des Reiches, wird mit der Aufklärung des Mordes beauftragt. Neben diesem gefährlichen Fall, entwickelt sich für den, erst frisch nach Istanbul zurückgekehrten, Kara und seine Jugendliebe Şeküre eine neue Chance alte Liebe wieder aufflammen zu lassen. „Rot ist mein Name“ ist, wenn auch im 16 Jahrhundert angesiedelt, ein Roman, der sich mit den Herausforderungen der osmanisch/muslimischen Gesellschaft auseinandersetzt, die bis heute aktuell und brisant sind. Pamuk lässt dabei alle Seiten gleichermaßen zu Wort kommen, und ist dabei auch mit Kritik und klaren Worten nicht sparsam. Der Konflikt zwischen östlicher Tradition und westlicher Moderne ist das tragende Thema der Erzählung. Stilistisch ist besonders erwähnenswert, dass der Roman stets aus der Ich-Perspektive erzählt wird und dabei immer wieder auch sehr ungewöhnliche Perspektiven (der Tod, Satan, aber auch unbelebte Gegenstände) einnimmt.