Ein Buch über eine Familie aus Mecklenburg vor und nach der Wende in besonderer Form erzählt
Die Geschichte wird aus Sicht von Stine erzählt. Sie wächst mit ihrem jüngeren Bruder Tim in einer mecklenburgischen Kleinstadt auf. Geboren wird sie ein paar Jahre vor dem Mauerfall. Eltern und Großeltern haben sich sehr gut im Sozialismus eingerichtet und trauern dem System auch nach dem Untergang der DDR nach. Stine berichtet vom Schulalltag nach der Wende, dem Vakuum in dem die Gesellschaft gelandet war. Alle suchten ihre Positionen, was sich z. T. in absurden Verhaltensweisen und Geschichten zeigte. Erzählt wird auch von der lieblosen und herrschsüchtigen Mutter, die Stine immer das Gefühl gab, nicht genug zu sein. Folgendes Zitat beschreibt die Beziehung und die psychische Gewalt, die ausgeübt wurde, eindrücklich: Mutter zur Tochter: "Wir sind enttäuscht von dir, Stine. Du bist das Letzte, der Abschaum. Wenn diese Familie kaputt geht, ist es deine Schuld. Wenn dein Vater seine Arbeit verliert, dann ist das auch deine Schuld. Dich hat wirklich niemand verdient. " Der Vater äußert sich zu den Vorwürfen und der Gewalt, die von seiner Frau aus geht, nicht. Im Gegenteil er toleriert es, schreitet nur einmal ein, als die Gefahr für ernsthafte und folgenschwere Verletzungen unmittelbar wurde. So schnell wie möglich verlässt Stine nach dem Abschluss der Schule die Kleinstadt und die Familie. Es konnt zum Kontaktabbruch, weil auch als Stine erwachsen ist, die Vorwürfe und das Unwohlsein nicht enden. Der Kontakt zu Tim hält, auch wenn sie zwischenzeitlich weit voneinander entfernt wohnen. Das Erlebte schweißt zusammen. Neben der Schilderung der Beziehungen zu den Eltern und zum Bruder geht es in einem weiteren Erzählstrang um die Geschichte des Großvater mütterlicher Seits - Paul Bahrlow, beginnend in seiner Kindheit in Berlin in den 1920er und 1930er Jahren über dem Krieg bis hin zu seinem Wirken und Schaffen in der DDR. Der Sprachstörungen von Anne Rabe ist besonders, nüchtern und doch berührend. Man spürte die trangenerationalen Traumata, die sich durch die Familie ziehen und die einzelnen Mitglieder belasten. Kein leichter Stoff, aber ein wichtiger Einblick in eine DDR, die man in den vielen Büchern und Filmen nur selten präsentiert bekommt.