An vielen Stellen hat mich das Buch tief berührt, vor allem bei Lees Satz: „Hör doch mal auf, dich dauernd nach anderen zu richten!“ Ich vermute, dass jede*r mit Migrationshintergrund sich mindestens einmal im Leben mit dem Thema „Identität“ auseinandersetzen musste. Die Kluft zwischen Herkunft und der neuen Heimat lässt viele im Dunkeln tappen. Man sucht Orientierung, blickt ständig um sich herum und versucht, sich anzupassen. Selbst Kiêu, die ausschließlich weiße Männer datet, zeigt damit vermutlich einen Versuch, ihre eigene Identität zu finden – auf eine rebellische und gleichzeitig ablehnende Weise. Diesen Teil fand ich sehr gut geschrieben, da er die innere Zerrissenheit treffend darstellt. Allerdings hat mich das Ende nicht überzeugt. Es hätte einen Austausch zwischen Minh und Son geben sollen, nachdem das Testament von Minhs Mutter verlesen wurde. Son hatte sicherlich seine eigenen Missverständnisse, insbesondere als er in Thailand versucht hatte, Son zu kontaktieren und keine Antwort erhielt. Über die Zeit mussten sich viele Enttäuschungen und Emotionen in ihm angestaut haben. Doch am Ende sprechen sie nur über die Lüge der Mutter. Das Thema „Schweigen in asiatischen Familien“ ist ein wiederkehrendes Problem, das häufig zu Missverständnissen führt. Ich hätte mir gewünscht, dass die Autorin dieses Thema noch ausführlicher behandelt oder mehr Geschichten dazu erzählt hätte.
An vielen Stellen hat mich das Buch tief berührt, vor allem bei Lees Satz: „Hör doch mal auf, dich dauernd nach anderen zu richten!“ Ich vermute, dass jede*r mit Migrationshintergrund sich mindestens einmal im Leben mit dem Thema „Identität“ auseinandersetzen musste. Die Kluft zwischen Herkunft und der neuen Heimat lässt viele im Dunkeln tappen. Man sucht Orientierung, blickt ständig um sich herum und versucht, sich anzupassen. Selbst Kiêu, die ausschließlich weiße Männer datet, zeigt damit vermutlich einen Versuch, ihre eigene Identität zu finden – auf eine rebellische und gleichzeitig ablehnende Weise. Diesen Teil fand ich sehr gut geschrieben, da er die innere Zerrissenheit treffend darstellt. Allerdings hat mich das Ende nicht überzeugt. Es hätte einen Austausch zwischen Minh und Son geben sollen, nachdem das Testament von Minhs Mutter verlesen wurde. Son hatte sicherlich seine eigenen Missverständnisse, insbesondere als er in Thailand versucht hatte, Minh zu kontaktieren und keine Antwort erhielt. Über die Zeit mussten sich viele Enttäuschungen und Emotionen in ihm angestaut haben. Doch am Ende sprechen sie nur über die Lüge der Mutter. Das Thema „Schweigen in asiatischen Familien“ ist ein wiederkehrendes Problem, das häufig zu Missverständnissen führt. Ich hätte mir gewünscht, dass die Autorin dieses Thema noch ausführlicher behandelt oder mehr Geschichten dazu erzählt hätte.
Ein richtig schöner Roman 🫶🏻
Ein unglaublich gut geschriebenes Familienepos und ein großer Teil neuerer vietnamesischer Geschichte.
Ab der ersten Seite in die Geschichte abgetaucht und mit Begeisterung verschlungen. Interessante Einblicke in die Geschichte Vietnams anhand der Familiengeschichte.
Auch dieses Buch habe ich gelesen, da ich mehr über die Geschichte Vietnams und den 'amerikanischen Krieg' erfahren wollte. Die Autorin Khûe Pham erzählt die Geschichte zweier Brüder. Der ältere, Minh, zieht 1968 von Südvietnam nach Deutschland, um dort Medizin zu studieren, der jüngere, Son, sowie seine Eltern und Geschwister erleben die Gräuel des Krieges, bis die Familie ab 1979 endlich nach Kalifornien fliehen kann. Nur der Vater kommt in ein Umerziehungslager, in dem er nach Jahren stirbt. Die Geschichte findet auf zwei Zeitebenen statt, in der Jetzt-Zeit wird sie aus der Perspektive von Minhs Tochter Kiều erzählt, die ihren Platz zwischen ihrer vietnamesischen Herkunft, der deutschen Gegenwart und der totgeschwiegenen Familiengeschichte noch nicht so richtig gefunden hat. Als die Großmutter in Kalifornien stirbt, fliegt die Familie dort hin, und Kiều begibt sich auf Spurensuche. Sie erfährt mehr über das Leben ihres Vaters während der Studentenproteste Ende der 1960er Jahre in Deutschland, die ja auch die Proteste gegen den Krieg beinhalteten, und das Leben ihrer Familie im eroberten Saigon nach dem Krieg. Mir hat das Buch sehr gut gefallen, da es sehr emotional die Geschichte der beiden Brüder beschreibt.
Richtig toller Schreibstil, Handlung interessant und mit viel Einblick in die vietnamesische Kultur und Geschichte ... für mehr Tiefe wären aber mehr Seiten sinnvoll gewesen.
„wo auch immer ihr seid“ ist auf jeden Fall kein „Feel-Good-Buch“, sondern die Erzählung einer Familiengeschichte, die so womöglich öfters in den späten 60er Jahren und darauf folgend passiert ist. Kiêu, welche sich Kim nennt, erzählt die Geschichte ihres Vaters und Onkels und die Besonderheiten, die sich manchmal in Familien ergeben. Der Vater nach Deutschland zum Studium geschickt, damit er während des Vietnamkriegs nicht zur Armee muss. Der kleinere Bruder bleibt zurück mit den Eltern und erlebt Krieg und die Besatzung durch das kommunistische Regime und flieht später über Kambodscha und Taiwan in die USA, wo er die Familie zusammen führt. Welche Probleme und Mentalitäten hierbei aufeinander prallen, wenn sich dann die Geschwister viele Jahre nicht sehen, erschließt sich erst langsam. Ohne grundlegende Wissen über den Vietnamkrieg wird es umso schwerer. Insgesamt eine, wie ich finde, gute und spannende Story, wenn aus der Perspektive des Onkels und der Vaters geschrieben wird. Die Rolle der Kiêu wirkt daneben fast etwas unbeholfen. Trotzdem eine Empfehlung, das Buch auch selber mal zu lesen.
Autofiktionale Literatur – schwer im Kommen auf dem Buchmarkt. Man kann sich kaum retten vor den Autobiographien, die keine sind. Das soll jetzt nicht abwertend klingen in euren Ohren, wenn ihr das lest. Es geht mir hier nur kurz darum, klar zu machen, dass wir bei dem vorliegenden Buch eine Mischform haben aus Wahrheit und Fiktion = Autofiktional! Aber kommen wir nun zum eigentlichen Roman, den ich ganz gut fand … Sie nennt sich lieber Kim, damit ihre Freunde in Berlin es leichter haben sie anzusprechen, ist 30 Jahre alt, Journalistin und lebte schon immer in Deutschland. Viel gibt es da nicht zu sagen, auch nicht über ihre Familie: typische Auswanderer und gerne wäre sie so deutsch, wie ihre Freunde. Als dann ihre Großmutter stirbt und das Testament eröffnet werden soll, reist sie mit ihrem Vater nach Kalifornien, zu seinem Bruder. Es erwartet sie eine Reise in die Vergangenheit, voller Offenbarungen, Verletzungen und Emotionen. Ganze 20 Jahre ging der Vietnamkrieg – von 1955 bis 1975. Ein düsteres Kapitel der Geschichte mit zwei verhärteten Seiten. Es ist eine Zeit, über dich ich in der Schule nicht viel gelernt hatte oder besser gesagt, gar nichts und so war der Roman für mich ein Einstieg in das Geschehen. Auch wenn Kim die Protagonistin ist, so ist es die Geschichte ihrer Familie um die es sich hier dreht und von der sie wenig weiß. Warum lebt ihr Onkel in Kalifornien und ihr Vater in Deutschland? Warum sehen sie sich nie und reden so wenig miteinander? Wie hatte es die Familie geschafft zu fliehen? Und auf welcher Seite standen sie? Wir lesen von Krieg, vom Abzug der Amerikaner in Saigon, von Umerziehungslagern und Unterdrückung. Bedrückend und nah erzählt die Autorin die Vergangenheit im Wechsel mit der Gegenwart und zeichnet so ein Bild einer Nachkriegszeit und ihren Folgen. Aber sie zeigt auch, wie schnell man oder besser gesagt, wie gerne man vergisst und weiterleben kann. Nebenbei kommen wir der Kultur näher, ihren Gepflogenheiten, Kulinarik und Traditionen. Es gibt in dem Roman durchaus schöne Szenen, auch wenn es von der Vergangenheit überschattet ist. Somit war es für mich ein aufwühlender Roman, aber auch eine sehr wertvolle Geschichte. Den Roman empfehle ich jeden, der sich nach dem Klappentext schon ein bisschen dafür interessiert. Ihr werdet mitgenommen auf eine tragische Reise, gefüllt mit Hoffnung und Mut. Ihr bekommt einen Einblick in Vietnam, sein Volk und sein Denken. Und werdet für das Thema neu sensibilisiert. Hoffe bald auf mehr Bücher von der Autorin!
3 Sterne, ein durchwachsenes Leseerlebnis für mich (Rezensionsexemplar) Kiêu nennt sich lieber Kim, weil das einfacher für ihre Freunde in Berlin ist. Über die Herkunft ihrer Eltern, die in den 60er-Jahren nach Deutschland kamen, wird nicht gesprochen. Dann bekommt Kim eine Facebook-Nachricht von ihrem Onkel, der in den USA lebt. Die ganze Familie soll sich zur Testamentseröffnung von Kiêus Großmutter treffen. Was wird sie wohl offenbaren? - Kiêus Identitätssuche und dieses Gefühl von „dazwischen“ oder „keins so richtig“ als Ausgangslage fand ich großartig. Auch die Mentalität vietnamesicher Familien im Vergleich zu deutschen wirkte auch mich glaubwürdig (Zusammenhalt, aber auch Druck und vor allem viel Schweigen). Leider ist Kiêu für mich bis zum Schluss völlig hölzern und unreif. Sie bleibt ihrer Familie gegenüber empathielos und macht auf beruflicher und privater Ebene eher Rückschritte. Teilweise war ich richtig genervt. - Das Buch erzählt Zusammenhänge rund um den Vietnamkrieg und die anschließende kommunistische Regierung auf sehr facettenreiche Art. Dazu kommen Kiêus Vater und auch ihr Onkel als Erzählperspektiven dazu. Diesen Aspekt fand ich großartig, auch wenn er vielleicht ein bisschen Wissen in diesem Bereich voraussetzt. - Das „Geheimnis“ rund um die Testamentseröffnung fand ich nicht wirklich spannend. Ich hätte lieber noch mehr von den beiden Brüdern erfahren. - Inhaltswarnung: ungeplante Schwangerschaft, Rauchen während Schwangerschaft, Kriegsgräuel
Oh did I enjoy this book, so much to learn, see new perspective, what an interesting story.
Dieses Buch hat mir unglaublich viel gegeben - und das auf mehreren Ebenen. Erstens hebt die Geschichte mit Kiều, einer in Berlin geborenen vietnamesisch-stämmigen jungen Frau, eine Randgruppe ins Rampenlicht, der in der deutschsprachigen Literatur bis anhin kaum Platz eingeräumt wurde. Zweitens bieten die Erzählstränge um ihren Vater und ihren Onkel eine intensive und vielschichtige Auseinandersetzung mit dem Vietnamkrieg, die neue Perspektiven eröffnet. Schliesslich erhalten wir durch die Augen von Kiều wertvolle Einblicke in die vietnamesische Kultur, wobei Unterschiede zu Deutschland gekonnt aufgezeigt werden, so dass der Leser die vietnamesische Kultur hautnah erfahren kann. Eine absolute Empfehlung für Vietnam-Liebhaber und Einsteiger in die asiatische Literatur. Mehr zum Buch in meiner Video-Rezension. https://youtu.be/bTDpimmmC7M
Ich finde man braucht Vorwissen über die politischen Hintergründe des Vietnamkriegs um diese Geschichte zu verstehen. Ich musste viel Googeln. Leider war mir die Protagonistin Kim zu unsympathisch und ihr Handeln erinnerte eher an eine 20ig-jährige als an eine Erwachsene, daher leider kein Highlight. Toll fand ich die Szenen aus Sicht des Vaters und Onkels von Kim, besonders die Flucht aus Vietnam war sehr dramatisch. Da war ich voll in der Geschichte. Auch das Geheimnis rund um die Testamentseröffnung konnte das Ruder für mich nicht mehr rum reißen und daher habe ich nur 3 Sterne zu vergeben. Am Schluss hätte ich mir für Kims Entscheidung noch andere Beweggründe gewünscht ( kein „Weglaufen von“ sondern ein „Hinlaufen Zu“…. Wenn das Sinn macht ;-) )
JAHRESHIGHLIGHT!!!
DNF at 50% Ich hatte eine andere Art von Geschichte erwartet, wurde von den historischen und politischen Teilen der Brüder überrascht. Hätten diese wesentlich weniger vom Buch eingenommen, hätte ich es eventuell beendet. Leider haben mich die Themen überhaupt nicht interessiert und die Geschichte der Hauptperson war nicht spannend genug, um mein Interesse aufrecht zu erhalten. Der Schreibstil hat mich persönlich nicht so sehr gestört, wie es in vielen anderen Bewertungen hier beschrieben wird. Es hat sich einfach und flüssig lesen lassen.
„Wo auch immer ihr seid“, wirst du kaum aus der Hand legen. Khuê Pham schreibt so wunderbar, dass man immer weiter lesen muss. Dabei geht es um das Leben einer 30 Jährigen jungen Frau, die in Berlin als Kind Vietnamesischer Einwanderer geboren wurde. Ihr ist es ziemlich egal welche Werte ihre Familie hat, denn sie ist ja deutsch. Dabei trägt sie den Namen Kiều, einer besonderen Romanheldin aus Vietnam. Doch diesen Namen können die Europäer nur sehr schwer aussprechen oder verstehen, weshalb sie sich einfach nur Kim nennt. Als ihre Großmutter stirbt meldet sich der jüngere Bruder ihres Vaters und bittet die Familie zur Testamentveröffentlichung. Trotzdem Kiều/Kim eher keine Meinung zu ihrer Familie hat und lieber keinen Kontakt, reist sie mit ihren Eltern zu den Verwandten nach Amerika. Ihre Lebensvorstellung einer angepassten Deutschen scheinen sich so nach und nach im Nichts aufzulösen. Aber genauso fühlt sie sich nicht als Vietnamesin. Kiều spricht kaum noch die Sprache ihrer Familie und mit ihren Ansichten eckt sie an. „ Nur wenige Zentimeter trennen uns. Wenige Zentimeter und ein Lichtjahr von ungesagten Sätzen.“ Seite 108 Der zweite Erzählstrang hat mit dem Vater Kiều’s zu tun. Minh kam als Medizinstudent 1968 erst nach München und dann nach Berlin. So fremd sind ihm die Deutschen. Die Sprache zu hart und unverständlich, die Lebensgewohnheiten doch sehr ungewöhnlich. „Das bedeutet es also fremd zu sein…“ dachte er sich. Er studiert in Berlin und trifft dort auf Menschen, die sich mit der Freiheit der Welt beschäftigen, demonstrieren und sich für Länder einsetzen, die sie selber noch nie gesehen haben. Für Vietnam. Minh kann es kaum verstehen, dass diese Leute sich für sein Land interessieren und kämpfen wollen. Und doch gerät er in diesen Sog der Studentenbewegung der 68‘er. Die dritte Geschichte dreht sich um den kleinen Bruder Minh’s. Son blieb bei bei seiner Mutter in Vietnam. Das Land wurde von den Amerikanern einfach fallen gelassen. Die Kommunisten übernahmen das Sagen. Son fand einen Weg, der sehr steinig war, um nach Amerika zu flüchten. Mich hat dieses Buch wirklich bewegt. Die Erzählweise der Autorin ist sehr angenehm. Nicht immer ist es tiefgründig manchmal auch sehr lustig. Wenn Kiều von ihren Begegnungen mit ihrer Familie erzählt und es eigentlich fast immer ums Essen geht. Und doch stecken hinter vielen Passagen eine Menge Tränen. Ich fand, die Zerrissenheit von Kiều war sehr gut zu spüren. Und was mich ebenfalls sehr bewegt hat, dass man einen anderen Blick auf den Krieg in Vietnam bekommen hat. Dieser Roman ist autobiografisch. Die Autorin verarbeitet hier einen Teil ihrer eigenen und der Geschichte einiger Freunde. Sie ist 1982 in Berlin geboren, hat in England studiert und arbeitet als Redakteurin für die ZEIT. Wo auch immer ihr seid ist ihr Debütroman und hoffentlich nicht ihr letztes Werk.
Eine solide, ergreifende Geschichte, die mit jeder Seite die vielschichtigen Tiefen der Familie auflegt und für Aufklärung und Verständnis sorgt, gleichzeitig den Leser zum Nachdenken über die eigene Familiengeschichte anregt und in seinen Sog zieht. Außerdem wichtiger Beitrag für das Leben in multikulturellen Gesellschaften, in denen wir alle einen Teil darstellen.
Eine Familiengeschichte, die spannende Einblicke in das Leben in Vietnam während des Krieges und danach bietet. Auch eine Auseinandersetzung mit Assimilation und Migration. Hat mir sehr gefallen
DNF at 50% Ich hatte eine andere Art von Geschichte erwartet, wurde von den historischen und politischen Teilen der Brüder überrascht. Hätten diese wesentlich weniger vom Buch eingenommen, hätte ich es eventuell beendet. Leider haben mich die Themen überhaupt nicht interessiert und die Geschichte der Hauptperson war nicht spannend genug, um mein Interesse aufrecht zu erhalten. Der Schreibstil hat mich persönlich nicht so sehr gestört, wie es in vielen anderen Bewertungen hier beschrieben wird. Es hat sich einfach und flüssig lesen lassen.
Ein Meisterwerk der deutschen Literatur! Khuê Pham liefert mit „Wo auch immer ihr seid“ ein beeindruckendes Porträt ihrer eigenen Familiengeschichte. Als vietnamesischer Student kam ihr Vater nach Deutschland, um Medizin zu studieren. Demnach bildet ihr Roman die Geschichte und Kultur von Deutschland und Vietnam wieder. Persönlich und nahbar erfahren die Lesenden die Empfindungen und Gedanken ihrer Verwandten in Vietnam zu Zeiten des Vietnamkriegs. Zudem erleben wir aus der Perspektive des Vaters die Einwanderung vietnamesischer Student*innen und ihrem persönlichen Wandel, der sich mehr und mehr zwischen zwei Kulturkreisen einpendelt. In diesem faszinierenden und besonderen Wechsel der Geschichten und Perspektiven bietet auch die eigene Identitätsfindung der Autorin einen interessanten und identifizierbaren Teil für viele Deutsche mit Migrationshintergrund. Die Selbstfindung in einem Land, in dem man geboren und aufgewachsen ist, aber aufgrund von Äußerlichkeiten stets als anders gesehen wird. Aber auch die Suche nach der eigenen Identität im Land der Eltern, welches einem gleichzeitig vertraut und fremd ist. Auf diese Reise dürfen wir die Autorin begleiten und erleben eine starke Stimme der eigenen Akzeptanz und der Findung in einer zunehmend multikulturellen Welt, in der nicht anhand von Äußerlichkeiten gesehen werden kann, wo die Person geboren worden ist. Eine wichtige Stimme, die dazu beiträgt, die Vielfalt Deutschlands öffentlicher zu machen und hoffentlich zu einer offeneren Zukunft führt.
Kiều ist 30 und in Deutschland geboren. Sie selbst hat irgendwann begonnen, sich Kim zu nennen, denn wenn sie ehrlich zu sich ist, weiß sie gar nicht, wie ihr Name eigentlich ausgesprochen wird. Dann erreicht die Familie die Nachricht vom Tod der Großmutter, die in die USA ausgewandert ist. Gemeinsam mit ihren Eltern macht Kiều sich zur Testamentseröffnung nach Kalifornien und in ein ganz anderes Lebensgefühl auf. Dort muss sie sich nicht nur mit ihrer Familiengeschichte befassen, sondern auch Entscheidungen für sich und ihre weitere Zukunft treffen. In ihrem Debütroman erzählt die Autorin Khuê Phạm die Geschichte einer vietnamesischen Familie über mehrere Jahrzehnte hinweg. Die Protagonistin und Ich-Erzählerin ist Kiều, ihr Handlungsstrang liegt in der Gegenwart, während Bruchstücke aus der Vergangenheit ihres Vaters Minh und ihres Onkels Sơn in der Er-Form und dem Präteritum eingefügt sind. Während Minh Vietnam schon 1968 zum Medizinstudium verließ und vom Grauen des Vietnamkriegs weitestgehend verschont blieb, hat Sơn ein deutlich schwereres Los, bis ihm die Flucht in die USA gelingt – das sorgt für einen lebenslangen Konflikt zwischen den Brüdern und in der gesamten Familie. Khuê Phạm gelingt ein emotionales Porträt einer zerrissenen Familie und eines Lebens zwischen zwei Kulturen. Als sie abreist, ist Kiều ziemlich deutsch. Bisher führte sie nur Beziehungen zu deutschen Männern und Vietnamesisch beherrscht sie kaum. Diese Haltung verändert sich, als sie (ausgerechnet) in den USA zum ersten Mal eine vietnamesische Gemeinschaft erlebt und ihre Familienmitglieder besser kennenlernt. Deren historischer Hintergrund ist bedrückend und erschütternd, dürfte aber für diese Generation nicht untypisch sein. Neben der gefühlsbetonten Familiengeschichte spielen auch Themen wie Politik, Migration, Heimat und Sprache eine Rolle. Mein einziger Kritikpunkt liegt in der Kürze des Romans, die – meiner Meinung nach – nicht ausreicht, um Kiềus Entwicklung glaubwürdig darzustellen. Ihre Entscheidungen am Ende des Buches wirken übereilt und sind schwerlich mit den Ereignissen auf den Seiten zusammenzubringen. Schade!
Die dreißigjährige Protagonistin heißt mit bürgerlichem Namen Kiều, da es für ihre deutschen Freunde in Berlin aber einfacher ist, nennt sie sich Kim. Sie selbst ist in Deutschland geboren, aufgewachsen und dort verwurzelt. Ihre Familie stammt aus Vietnam und kam in Folge des Vietnamkriegs 1968 in die Bundesrepublik. Kiều hat sich nie mit der Vergangenheit ihrer Familie beschäftigt. Als sie eine Nachricht von ihrem Onkel Son erhält, der in Kalifornien lebt und den Tod ihrer Großmutter verkündet, soll sich das ändern. Prägend für den Debütroman der Zeitungsredakteurin Khuê Phạm ist zweifellos die Identitätssuche. Die erzählte Handlung basiert auf ihrer eigenen Familiengeschichte. Sie selbst ist geboren und aufgewachsen im Berliner Westen und lebt bis heute dort. Ihre Eltern kamen 1968 aus Vietnam nach Deutschland um zu studieren. Die Autorin setzt sich hier eindrucksvoll mit ihren eigenen Wurzeln auseinander. Nach dem Tod ihrer Großmutter soll eine Testamentseröffnung in Kalifornien stattfinden, wo der Bruder ihres Vaters seit seiner Flucht aus Vietnam lebt. Anfangs noch skeptisch und unmotiviert begibt sich Kiều gemeinsam mit ihren Eltern auf die Reise. Die Entwurzelung der eigenen Familie, die auf drei Kontinenten lebte, das Zerwürfnis zwischen zwei Brüdern und traumatische Fluchterfahrungen prägen die Geschichte. Eine gewichtige Rolle spielt der Vietnamkrieg, der für die Bevölkerung des Landes alles veränderte. Kiều spricht von den Unterschieden zwischen Deutschland, Vietnam und den Vereinigten Staaten, vom Umgang miteinander, Traditionen und festen Strukturen. Für sie selbst war es immer wichtig, sich in Deutschland zugehörig zu fühlen. Mit dem Heimatland ihrer Eltern verband sie lange Zeit gar nichts. Die Geschehnisse und prägenden Erfahrungen der Familienmitglieder werden von der Autorin sehr eindrücklich geschildert. Um dies zu veranschaulichen, wechselt Khuê Phạm immer wieder von Gegenwart zu Vergangenheit. Mich konnte »Wo auch immer ihr seid« gut unterhalten und hat mir die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und Vietnam noch einmal näher bringen. Die emotionale Geschichte der Familie von Khuê Phạm hat mich zudem sehr bewegt.
DNF at 50% Ich hatte eine andere Art von Geschichte erwartet, wurde von den historischen und politischen Teilen der Brüder überrascht. Hätten diese wesentlich weniger vom Buch eingenommen, hätte ich es eventuell beendet. Leider haben mich die Themen überhaupt nicht interessiert und die Geschichte der Hauptperson war nicht spannend genug, um mein Interesse aufrecht zu erhalten. Der Schreibstil hat mich persönlich nicht so sehr gestört, wie es in vielen anderen Bewertungen hier beschrieben wird. Es hat sich einfach und flüssig lesen lassen.
Dieses Buch war so spannend, das ich es kaum aus der Hand legen konnte. Besonders interessant fand ich die Jugend von Kiềus Vater. Die Erzählungen von dem Leben des Onkels hätten gern noch etwas mehr von seinem Leben abdecken können. Es war wirklich fesselnd die Familienerlebnisse von Kiềus Familie zu durchleben und Stück für Stück zu erkennen, wie sich alles zusammen setzt. Der Charakter von Kiều wirkt tatsächlich, wie einige schon geschrieben haben, eher jünger und etwas naiver als sie ist und es wurde bemängelt, dass man wenig über sie erfährt. Ich denke, dass ihr aktuelles Leben nicht so stark beleuchtet wurde (z.B. ihr Job), damit sich das Buch eher auf ihre Gefühle und Beziehungen zur Familie konzentrieren konnte. Kiều ist das Bindeglied zwischen der ganzen Familie, ohne sie hätte man die Ereignisse nicht aus einer Sicht von einer relativ außenstehenden Person beschreiben können, da sie nie wirklich in die gesamte Familie integriert war. Auch die Lüftung des Testaments fand ich nicht unbedingt so langweilig, wie hier einige behaupten, wenn man es aus Sicht der Familie betrachtet.
„Wo auch immer ihr seid“ von Khue Pham Darum geht es: Sie ist dreißig Jahre alt und heißt Kiều, so wie das Mädchen im berühmtesten Werk der vietnamesischen Literatur. Doch sie nennt sich lieber Kim, weil das einfacher ist für ihre Freunde in Berlin. 1968 waren ihre Eltern aus Vietnam nach Deutschland gekommen. Für das, was sie zurückgelassen haben, hat sich die Journalistin nie interessiert. Im Gegenteil: Oft hat sie sich eine Familie gewünscht, die nicht erst deutsch werden muss, sondern es einfach schon ist. Bis zu jener Facebook-Nachricht. Sie stammt von ihrem Onkel, der seit seiner Flucht in Kalifornien lebt. Die ganze Familie soll sich zur Testamentseröffnung von Kiềus Großmutter treffen. Es wird eine Reise voller Offenbarungen - über ihre Familie und über sie selbst. Eine Geschichte hat viele Seiten und viele Wahrheiten. Nur eine Sicht gibt es nie! Kim hat sich nie mit der Vergangenheit ihrer Familie beschäftigt: was hat dazu geführt, dass ihre Eltern in Berlin gelandet sind und der Rest der Familie in den USA? In „Wo auch immer ihr seid“ geht es um die Geschichte von Kims Familie. Es geht um die Geschehnisse in Vietnam und den Vietnam-Krieg, und wie es ihre Familie verändert hat. Aber auch geht es um die Sicht auf Geschichte, und wie unsere Sicht sich ändert, je nachdem auf welcher Seite der Welt man ist. Mich hat die Geschichte schnell in seinen Bann gezogen. In Rückblenden wird die Geschichte von Kims Vater und Onkel erzählt, und wie unterschiedlich ihre Erlebnisse in dieser Zeit war und wie sich dadurch ihr Denken formatiert hat. Es war spannend zu sehen, wie unterschiedlich ihr Blick auf den Krieg ist. Man muss nicht unbedingt viel über den Vietnam-Krieg wissen, um in die Geschichte hineinzukommen! Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung! 4 von 5 Sterne