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Bewertung:3.5

Vergesst das beschauliche Cover und vergesst mein idyllische Bild im Grünen! In diesem Buch ist nichts idyllisch, aber mal so gar nichts. Hier geht es hart zu und das über Generationen, denn das Dorf vergisst nichts. In diesem Fall vergisst es nicht, dass Magda geschieden ist, das gehört sich nicht in den 60iger Jahren. Magda wird gemieden und gedisst würde man heute sagen. Und deswegen wird auch ihre Tochter aus erster Ehe wie eine Aussätzige behandelt und ihre uneheliche Tochter erst Recht, später dann auch ihr Enkel. "Das Nichtgrüßen nach dem Wegschauen, das konnten die gut." Die Schreibweise dieses Buches ist besonders, Sätze werden oft nicht beendet, aber das ist auch nicht nötig, man versteht genau was gesagt werden soll. Im Gegenteil, das macht die ganze Geschichte noch bedrückender, noch depremierender. Nichts, aber auch gar nichts gelingt den Menschen in dieser Geschichte und wenn doch, geht irgendwann wieder etwas schief. Hat mich das Buch zu Anfang sehr begeistert und gefesselt, ließ dieser Eindruck leider irgendwann nach. Es war mir dann einfach zu depressiv und zu viele Scherbenhaufen Wer eine Gesellschaftsstudie von den 60iger Jahren bis in die 2000er mag, ist hier allerdings sehr gut bedient.

Jahrhundertsommer
Jahrhundertsommervon Alice Grünfelderdtv Verlagsgesellschaft
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Bewertung:4

Gesellschaftsroman - schwäbische Alb

Murrheim in Baden-Württemberg in den 60er Jahren. Magda, zweifache Mutter und Großmutter, kämpft nach Ihrer Scheidung darum finanziell und gesellschaftlich wieder Fuß zu fassen. Als sie jedoch Bekanntschaft mit einem amerikanischen Soldaten macht und von diesem schwanger wird scheint der soziale Abstieg unausweichlich. In dem Roman begleitet man Magda und ihre Angehörigen sowie weitere Einwohner Murrheims über mehrere Jahre aus wechselnden Perspektiven. Kinder werden erwachsen, heiraten, lassen sich scheiden. Ehrgeizige Karrierepläne werden verfolgt, berufliche Misserfolge führen zu Geldsorgen. Fast fühlt es sich an, als würde man Murrheim und seine Bewohner persönlich kennen, als sei man schon man da gewesen. Der Schreibstil wirkt zunächst eigenwillig, fast schon kurz angebunden - manchmal typisch schwäbisch „bruddelig“. Zu Anfang etwas gewöhnungsbedürftig, passt aber perfekt zur Handlung.

Jahrhundertsommer
Jahrhundertsommervon Alice Grünfelderdtv Verlagsgesellschaft
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Bewertung:4.5

JAHRHUNDERTSOMMER Alice Grünfelder Murrheim, Schwabenländle in den 60-Jahren: Als Magda und ihre zwei Kinder vom „Alten“ verlassen werden, wird Magda vom Dorf als Aussätzige erklärt. Nicht nur hinter dem Rücken redet man über sie, nein, man ignoriert Magda, dreht den Kopf weg, anstatt zu grüßen, bedient sie im Laden als Letzte und Tochter Ursula wird in der Schule gehänselt. Ohne Geld schlägt sich Magda durch: Putzt, züchtet Gemüse, das sie auf dem Markt im Nachbarort verkauft und versucht sich nicht unterkriegen zu lassen. Als sie Jahre später mit dem amerikanischen stationierten Soldaten John eine Affäre beginnt, versucht sie, um das Gerede der Nachbarn nicht noch anzuheizen, dieses Verhältnis geheimzuhalten. Gemeinsam erleben sie einen traumhaften Sommer. Doch als John nach Vietnam versetzt wird und Murrheim, ohne sich zu verabschieden über Nacht verlässt, stellt sie kurze Zeit später fest, dass sie erneut schwanger ist. Es ist die Geschichte einer Familie, die nie wirklich eine Chance in der Gesellschaft bekommen hat. Ich musste mich zu Beginn an den etwas sperrigen Schreibstil, der hier perfekt passt, gewöhnen. Als ich dann ins Buch fand, wollte ich gar nicht mehr aufhören zu lesen. Eine tolle Geschichte, die in der Zeit spielt, als man(n und auf keinen Fall Frau) sich nicht scheiden ließ, egal was in der Ehe passierte und die Frau in die Küche gehörte. Über den Titel „Jahrhundertsommer" musste ich etwas nachdenken, um zu erkennen, dass Magda in ihrem Leben eben nur eine kurze, glückliche Zeit hatte - und das war der Sommer mit John, ihr Jahrhundertsommer. Ein wirklich gutes Buch und eine große Leseempfehlung von mir. 4½/ 5

Jahrhundertsommer
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Familiengeschichte von der schwäbischen Alb, die aus dem Leben von Menschen erzählt, die auf der Suche nach einer kleinen Portion Lebensglück sind und dafür engagiert arbeiten, denen es aber immer wieder den Boden unter den Füssen wegzieht.
Bewertung:4.5

Familiengeschichte von der schwäbischen Alb, die aus dem Leben von Menschen erzählt, die auf der Suche nach einer kleinen Portion Lebensglück sind und dafür engagiert arbeiten, denen es aber immer wieder den Boden unter den Füssen wegzieht.

Der Roman berührt viele Fragen mit hoher gesellschaftlicher Relevanz, vor allem aber die, welche Chancen Menschen haben, die durch Stigmatisierung an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Aufmerksam geworden auf das Buch bin ich durch ein Interview, das Caroline Grafe mit der Autorin geführt hat, und das mich sehr fasziniert hat. Diese Faszination hat mich auch beim Lesen des Buches weiter begleitet. Ich denke, dass es der präzise Blick der Autorin ist, mit der sie das Milieu von Magdas Familie zeichnet, der mich beim Lesen so gefesselt hat. Und auch ihre lakonische, aber packende Art zu erzählen und die Lebensläufe ihrer Protagonisten zu vernetzen. Vor allem aber sind es ihre starken Figuren, die zwischen Hoffnung und Verzweiflung schwanken und nie aufgeben, dem Leben etwas abzuringen, allen Widerständen zum Trotz.

Jahrhundertsommer
Jahrhundertsommervon Alice Grünfelderdtv Verlagsgesellschaft