Öko-Aktivismus statt wilder Aussteiger-Story
"Bis der Fluss taut" klang vielversprechend – vom Titel bis zum Klappentext. Von der Großstadt in die Wildnis, einfach mal ausbrechen, wer hätte darauf keine Lust? Anouk entflieht Montréal, um den Winter in einer winzigen Hütte in der kanadischen Natur zu verbringen. Schnell ist sie Schnee, Kälte, Tieren und vor allem der Einsamkeit ausgesetzt. All das hält sie tagebuchartig fest, was sich auch wirklich gut liest. Dann allerdings ändert eine überraschende Begegnung alles – und zwar nicht nur Anouks Vorhaben, sondern für mich auch das ganze Buch. Und das leider nicht zum Positiven. Zum einen verzehrt sie sich die ganze Zeit nach einem Mann in ihrer kargen Hütte (wirklich? das sind die Gedanken, die man als Frau allein im verschneiten Wald bei -40 Grad hat?) und dann kippt die 112-seitige Novelle plötzlich in Richtung Öko-Aktivismus. Nicht, dass das kein wichtiges Thema wäre – aber was macht das auf einmal in diesem bis dahin so tollen Buch? Da wäre so viel mehr drin gewesen, so bleibt es für mich leider eher Möchtegern-Wildnis-Kitsch.