24. Aug. 2023
Bewertung:2.5

Lose Enden und falsche Versprechungen

Eine Familie, die nach nach dem Zusammenbruch der New Yorker Börse 1929 ums „nackte Überleben“ kämpfen muss - so in der Art formuliert es der Klappentext und schürt meiner Meinung nach falsche Erwartungen. Denn ja - die sechsköpfige Familie Perrault hat nicht viel Geld und kann mit der Kaninchenzucht auf der kleinen Farm keine großen Sprünge machen. Trotzdem lesen sich die Beschreibungen des gemeinsamen Alltags eher wie ein beschauliches Leben auf dem Land statt wie ein Kampf um Leben und Tod. Insbesondere die Mutter Mary Perrault, Tochter Melanie und Sohn Duncan erleben einige Schicksalsschläge und müssen wichtige Entscheidungen treffen. Dass der Börsen-Crash aber erheblichen Einfluss darauf gehabt hätte, wurde für mich nicht wirklich deutlich. Auch die Erzählweise der Autorin hinterließ bei mir einige Fragezeichen. Alle Familienmitglieder sind freundlich, hilfsbereit und höflich und auch Konflikte und schwierige Entscheidungen werden voller Harmonie bewältigt. Dass die Erzählstimme allerdings immer nur von Mrs. Perrault und selten von Mary spricht, erzeugte für mich eine Distanz, die nicht zur sonstigen Wohlfühlatmosphäre passte. Der Roman ist insgesamt durch einen eher ruhigen und beschreibenden Ton geprägt. Teilweise konnte ich die ausschweifenden Schilderungen genießen, manche Szenen oder Abschnitte kamen mir jedoch einfach belanglos und somit langweilig vor. Die spannungsreichen Momente der Geschichte habe ich dagegen wirklich gern gelesen und die Handlung baute sich insgesamt logisch auf. Trotzdem wurden mir zu viele Fragen nicht beantwortet und damit viel Potenzial verschenkt.

Draußen die Welt
Draußen die Weltvon Janet Lewisdtv Verlagsgesellschaft
17. März 2023
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Bewertung:3

DRAUSSEN DIE WELT Janet Lewis 1929: Mrs. Perrault lebt mit ihrem Ehemann und ihren vier Kindern ein bescheidenes und gutes Leben in einem Dorf in Kalifornien. Es ist eine Zeit, in der Nachbarschaftshilfe noch eine Bedeutung hat. Man bringt sich gegenseitig frisch Geerntetes aus dem Garten oder backt für seinen Nachbarn einen Kuchen. Als ihre beste Freundin bei einem tragischen Unfall zu Tode kommt, kümmert sich Mrs. Perrault aufopferungsvoll um den verbliebenen Witwer. Leider macht die Depression in den USA auch vor der Familie Perrault keinen Halt und lässt diese noch enger zusammenrücken. Das Buch lebt von dem ruhigen und schönen Erzählstil, von den detaillierten Naturbeschreibungen und den Erzählungen über das Miteinander in der Familie, auf dem Lande - zu der Zeit. Die Familie Perrault, die sympathischer nicht sein könnte, macht es einem leicht diese ins Herz zu schliessen. Das Buch erschien erstmalig 1945 und spiegelt den literarischen Geist der Zeit wider. Ich habe dieses Buch im Urlaub gelesen und es hat mir geholfen mich zu entschleunigen. Der Beginn war ein wenig zäh und langatmig. Die 2. Hälfte des Buches konnte mich aber packen. Leseempfehlung für alle, die eine schöne Sprache und einen ruhigen Erzählstil schätzen. 3/ 5

Draußen die Welt
Draußen die Weltvon Janet Lewisdtv Verlagsgesellschaft
16. März 2023
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Bewertung:2.5

Auf die schlichte Art des Erzählens muss man sich in meinen Augen einlassen können. Wenn einem das gelingt, sind die Beschreibungen von Flora, Fauna und Familienleben eine der zentralen Stärken des Buches. Gleichzeitig hat mir eines sehr gefehlt: Emotionen! Es ist nicht so, dass keinerlei Einblick gewährt wird, aber Gefühle werden hier eher über das Gesamtbild vermittelt, woraus sich individuelle Empfindlichkeiten ableiten lassen. An ungefilterten Gedanken, inneren Zwiegesprächen, Aufarbeitungsprozessen oder Streitereien nehmen wir nicht teil. Interessant war für mich, dass viele alltägliche Dinge beschrieben werden, die bei mir zum Teil zu ganz anderen Emotionen führen würden, was mir nochmal verdeutlich hat, dass unterschiedliche Lebenskontexte auch mit anderen Bewertungen einhergehen können. Dafür waren das vordergründige Harmonie-Aufrechterhalten und Gutstellen sowie die aufgesetzte Freundlichkeit für mich zeitweise etwas anstrengend. Ich vermute, dass dies dem Zeitgeist geschuldet ist, aber es ist ganz klar keine Art der Kommunikation, die mir gefällt und worüber ich mich ärgere. Zudem haben mich einige Aussagen verwirrt, z. B. „Sie ist eben Portugiesin“ als Begründung des Verhaltens einer Figur. Scheinbar sind mir einige Stereotype – das Buch ist 1943 zum ersten Mal erschienen – nicht geläufig. Hier hätte ich eine kurze Fußnote hilfreich gefunden, um derartige Aussagen einordnen zu können. Die Bemerkungen dazu, dass sich Frauen z. B. lieber strategisch als forsch verhalten sollten, fand ich hingegen sehr aufschlussreich in Bezug auf das (Selbst-)Verständnis und die Einschätzung der Geschlechterrollen durch die Charaktere. Insgesamt hat für mich zu viel im Verborgenen zwischen den Zeilen stattgefunden – auch wenn mich die besondere Art fasziniert hat. Die Umsetzung der angekündigten Themen Würde & Standhaftigkeit sowie den „Kampf um das nackte Überleben“ hatte ich gänzlich anders und vor allem problematischer erwartet.

Draußen die Welt
Draußen die Weltvon Janet Lewisdtv Verlagsgesellschaft