Bewertung:4★
Nicht das Buch, das ich lesen wollte - aber das Buch, das ich brauchte.
Seite für Seite runzelte ich immer stärker die Stirn - worauf will Odell hinaus? Ich dachte, in dem Buch ginge es um Nichtstun, wie man sich der neoliberalen und kapitalistischen Doktrin widersetzt und eben um den Kampf um unsere Aufmerksamkeit in Zeiten von Instagram und Co. Und es ging um all die Dinge, aber gleichzeitig um noch so viel mehr! Wie ein Mosaikbild fügt Odell einzelne Steinchen zusammen, die nach und nach ein unglaublich tiefgründiges Bild ergeben. Sie hinterfragt bestehende Strukturen und Normen, die Art, wie wir die Welt aus unserem Ich-bezogenen Standpunkt wahrnehmen und zeigt letztendlich auf, wie wir alle - menschliche und nicht-menschliche Wesen und alles andere - miteinander verbunden sind, was wir erkennen, wenn wir bereit sind, unsere Aufmerksamkeit umzulenken. Dass Odell Künstlerin ist, macht sich bemerkbar; sie „untermalt“ ihre Ausführungen mit zahlreichen Beispielen aus der Kunst, aber auch Philosophie, Geschichte, Ökologie und Politik kommen nicht zu kurz. Ich ging mit völlig anderen Erwartungen an das Buch. Zwischenzeitlich etwas enttäuscht, blieb ich dran und wurde mit einem inspirierenden Perspektivwechsel belohnt. Ein großartiges Buch, aber definitiv keine leichte Kost, in die man noch kurz vor dem Zubettgehen reinliest - Odells Gedanken sowie Sätze sind komplex und brauchen Zeit und Raum, um sich zu entfalten.
„Für mich bedeutet nichts zu tun, mich von einem Bezugssystem (die Aufmerksamkeitsökonomie) zu lösen, nicht nur damit ich Zeit habe nachzudenken, sondern auch um etwas Neues in einem anderen Rahmen zu tun.” (J. Odell)
Nichts tunvon Jenny OdellC.H.Beck