Eine Liebesgeschichte der besonderen Art
Da ich mich ja gerade an Mrs. Dalloway versucht habe, könnte nichts passender sein als den Briefverkehr zwischen Virginia Woolf und Vita Sackville West zu lesen, den beide von 1922-1941 geführt haben. Sie waren sich als Freundinnen eng verbunden, zeitweise ein Liebespaar und haben sich auf körperlicher und geistiger Ebene mit Zärtlichkeiten überschüttet. Beide lebten in Partnerschaften, die zumindest tolerant gegenüber polyamorösen Beziehungen waren. Es war für mich eine große Bereicherung zu lesen, wie sie sich erst kennengelernt haben, sich anfreunden und sich gegenseitig auf intellektueller Ebene austauschen, aber schon schnell auf Besuche drängen die dann die Grenzen einer Freundschaft schnell stark überschreiten. Ansprachen wie, „du Liebste“, „mein Liebling“, „Orlando“ (ein Metamorphosen Roman von Woolf) oder „liebster Schatz“. lassen ahnen, wie sehr sich beide geliebt haben. Sie befinden sich häufig an unterschiedlichen Orten der Welt, lassen uns teilhaben an ihrer Arbeit und dem gesellschaftlichen Leben und finden immer wieder zueinander. Deutlich wird die Entwicklung der Beziehung. Sind die gerade in einem Konflikt miteinander, merkt man dies sofort. Bewundernswert finde ich in diesem Fall den Willen und auch die Fähigkeit, Missverständnisse aus dem Weg zu räumen, um sich wieder wohlgesonnen zu sein. Sie kennen sich irgendwann so gut, dass sie auch die wunden Punkte der anderen benennen können und um ihr Wohl besorgt sind. Die Briefe und Tagebucheinträge sind Zeitdokumente, die uns in eine Gesellschaft entführen, zu der man vielleicht sonst keinen Zugang hätte. Wir sind gleichzeitig Lernende und Voyeure. Wenn man Menschen so nah kommt, kann man sich ihnen nur verbunden fühlen. Virginia Woolf wählt am 28. März 1941 den Freitod. Als Vita Sackville-West 1962 an Krebs stirbt, stehen zwei Bilder auf ihrem Schreibtisch, dass ihres Mannes und ein Porträt ihrer Freundin. Eine Empfehlung für alle, die sich mit literarischen Ikonen beschäftigen möchten, Interesse an zwei Frauen haben die nicht nur literarisch Geschichte geschrieben haben und eine Liebesgeschichte erleben möchten, die sehr besonders und kein bisschen kitschig ist.