Hat mich bis zuletzt nicht interessiert, wer ihn umgebracht hat
Puh. Ich dachte ja, die Brunetti-Bücher wären nicht ohne Grund so bekannt. Vielleicht nicht auf einer Stufe mit Holmes und Poirot, aber doch zumindest wie ein guter Tatort. Was soll ich sagen? Ich bin schon kein Tatort-Fan, aber dieser erste Brunetti-Fall war einfach nur ... lahm? Es beginnt mit der Leiche eines berühmten Dirigenten. Und das war's dann. Mehr als Gespräche und ein bisschen Hintergrundrecherche passiert nicht. Ich habe überhaupt kein Interesse an dem Fall entwickelt. Keine Verfolgungsjagd, kein Drohbrief, keine seltsamen Funde. Nicht mal die Geheimnisse der Nebenfiguren fand ich spannend. Die Nebenfiguren selbst allerdings waren nicht schlecht gemacht und auch das einzige - neben dem Venedig-Flair und dem guten Willen, meine Schwiegermutter nicht zu enttäuschen -, was mich hat dranbleiben lassen. Die Geschichten der Charaktere und ihre Verhaltensweisen waren interessant (nicht spannungsfördernd, aber interessant). Besonders mochte ich Padovani, Brett und Clemenza Santina. Wen ich allerdings überhaupt nicht mochte war ... Brunetti. Der Protagonist war mir einfach grundunsympathisch. Nicht auf die gute Art wie Holmes oder Dr. House, nicht exzentrisch und seltsam, sondern einfach nur arrogant, überheblich, beleidigend jeglichen anderen Menschen gegenüber, in manchen Punkten stockkonservativ und misogyn. Ob ich einfach den Zeitgeist der 90er nicht vertrage (den tatsächlichen, nicht die Romantisierung von Eurodance und trashigen Klamotten)? Mich hat tatsächlich auch die krasse Homophobie damals (noch nicht so lang her!) hart getroffen. Brunetti war übrigens dabei selbst nicht homophob, es wurde also Homophobie kritisiert. Was ich neben all meinen Minuspunkten natürlich ultra gut finde. Am Ende haben mich Brunetti und sein Fall zwar trotzdem noch überrascht, aber das war so weit hinten im Buch, dass es eigentlich schon fast zu spät war, um mich noch in Euphorie ausbrechen zu lassen. Außerdem dann suddenly echt harter Tobak. Nun ja, es war das Gegenteil von einem wilden Ritt, eher eine quälend langsame Fahrt mit der Gondel. Ich werde wohl die Reihe hiermit direkt wieder beenden.