16. Apr. 2025
Bewertung:4

Zunächst besorgt und verärgert, vom 2. Teil dann sehr überzeugt

Ich habe es mir als Challenge gesetzt, alle Romane von Schlink zu lesen. Bisher bin ich sehr angetan und es sind bereits einige Highlights dabei gewesen. Während der Lektüre des ersten Abschnitts von „Olga“ war ich sehr besorgt, dass es der erste „Schlink“ sein könnte, der mir nicht gefällt. Als dann noch diskriminierende Worte genutzt wurden, wurde es ganz heikel. Der zweite Teil des Buchs stand dann im Kontrast zum ersten, wir begleiteten Olga bei ihren Gedankengängen zu ihrem Leben. Und das sind wirklich sehr tiefgründige, feministische, pazifistische und weise Gedanken. Ganz im Kontrast zu den eher militaristisch-patriarchalen Gedankengängen zur Gegenwart der 1910er bis 30er Jahre im ersten Teil. Mir ist nun retrospektiv durchaus klar, dass dieser Kontrast bewusst als Stilmittel eingesetzt wurde. Ich habe Olga sehr gern begleitet und finde ihre letzte des Handlung des Protests wirklich auch sehr cool (ein besseres Wort fällt mir nicht ein) und auch die Liebesbriefe im 2. Teil haben mich sehr berührt. Es wäre ein knappes 5 Sterne-Buch geworden, Abzug gibt es aber ganz klar für die diskriminierende Wortwahl am Anfang des Buchs, auch wenn damit wahrscheinlich ein realistisches Bild des damaligen Sprachgebrauchs gezeichnet werden soll. Fazit: Bei Olga hätte ich gern Unterricht gehabt. Die Männer der Geschichte kann man leider nur mit Skepsis betrachten…

Olga
Olgavon Bernhard SchlinkDiogenes
11. Apr. 2025
Bewertung:5

Diese Geschichte bescherte mir warme Gefühle im Bauch, öffnete mein Herz und brach es zugleich. Ich habe gelächelt und geweint. Nun schaue ich wehmütig auf die Zeichnung des Einbands und erinnere mich an all die Momente, die mir diese Erzählung beschert hat und für die es nicht noch einmal das Gefühl des ersten Lesen geben wird. Ein Buch, welches immer einen Platz in meinem Herzen hat.

Olga
Olgavon Bernhard SchlinkDiogenes
1. Apr. 2025
Bewertung:3.5

Eine schöne, langsame und melancholische Erzählung. Hatte eigentlich Potenzial zu einem 4- oder 5-Sterne-Buch, aber zum einen finde ich es verwerflich, dass zwei Mal ein sehr abwertender Begriff für die afrikanische Bevölkerung verwendet wurde und zum anderen habe ich mir vom Ende noch etwas mehr erhofft.

Olga
Olgavon Bernhard SchlinkDiogenes
19. März 2025
"Geschichte ist nicht die Vergangenheit, wie sie wirklich war. Es ist die Gestalt, die wir ihr geben." (S. 211)
Bewertung:4

"Geschichte ist nicht die Vergangenheit, wie sie wirklich war. Es ist die Gestalt, die wir ihr geben." (S. 211)

Der zeitgenössische Roman ließ sich direkt ab dem Beginn sehr gut lesen. Schlink schafft es durch seine Erzähltechnik die Protagonistin aus verschiedenen Perspektiven zu beschreiben und so für den Leser greifbar zu machen. Manch einer wird sich bei Olga an seine Großmutter erinnert gefühlt haben, so erging es zumindest mir, aufgrund von einigen Parallelen und dadurch ergab sich ein besonderes Interesse. Der letzte Teil in Form von Briefen trifft den Zeitgeist und die auf die Protagonistin einwirkenden Umstände. Emotionale Monologe, teils hoffnungsvoll, teils verzweifelt und anklagend. Oftmals kitschig, aber so ist nun mal zumeist die Liebe. Es wirkt hier nicht aufgetragen. Die Traurigkeit ist im letzten Abschnitt zu spüren und überträgt sich auf die Lesenden. Schlink baut auch vereinzelt kleinere "Plot-TwistsX" ein, die mir gut gefielen. Zusammenfassend ein schöner, kurzweiliger Roman, welcher sich am Ende etwas zäher gestaltet. Dennoch aus meiner Sicht von Schlink weitaus bedeutsamer als die Selbs Reihe und durchaus empfehlenswert für Lesende, die eine gefühlvolle und emotionale Beziehung der Protagonistin zu schätzen wissen.

Olga
Olgavon Bernhard SchlinkDiogenes
8. März 2025
Post image
Bewertung:4

»Wer moralisiert, will es groß haben und zugleich gemütlich. Aber keiner ist so groß, wie er moralisiert, und die Moral ist nicht gemütlich.« Während mir anfangs Gefühle und Stimmungen kaum greifbar waren, intensivierten sie sich ab der zweiten Hälfte des Buches immens. So fern mir Olga am Anfang blieb, so nah war sie am Schluss und neben der Geschichten der Einzelnen ist es eine Geschichte über Zeitgeist, schädliche Männlichkeit und Hochmut im Gegensatz zu Bildung, Kultur, Reflexion und Liebe. Nur die teils rassistische Wortwahl macht den Stern-Abzug.

Olga
Olgavon Bernhard SchlinkDiogenes
3. Sept. 2024
Ein echter "Schlink"
Bewertung:4

Ein echter "Schlink"

Was soll ich sagen - ich liebe Schlink einfach. Seine Artr zu schreiben, die Geschichten die oft so melancholisch, aber nicht tragisch sind. Ein schönes Buch!

Olga
Olgavon Bernhard SchlinkDiogenes
4. Mai 2024
Bewertung:5

In "Olga" erzählt Bernhard Schlink die Geschichte der namensgebenden Protagonistin Olga und ihrer großen Liebe Herbert. Das Buch ist hierbei in drei Teile aufgeteilt. Im ersten Teil geht es um die Kinder- und Jugendzeit und die ersten Jahre im Erwachsenenleben von Olga und Herbert. Hierbei liest man aus beiden Perspektiven und lernt die Gefühlswelt der beiden kennen. Im zweiten Teil springt der Autor einige Jahre. Olga ist mittlerweile im gehobenen Alter. Die Geschichte wird nun von einer dritten, außenstehenden Person erzählt. Der dritte Teil gibt Olgas komplettes Leben nur über Briefe wieder. "Olga" war ein absolutes Highlight. Bernhard Schlink schreibt gewohnt klar und schnörkellos, dabei klug und poetisch. Durch die kurzen Kapitel liest sich das gesamte Buch sehr dynamisch und es entstehen keine Längen. Olga war ein sehr interessanter, vielschichtiger Charakter, auch wenn sie mir nie zu 100 Prozent sympathisch wurde. Ich habe alle ihre Emotionen nachfühlen können, habe vor allem im dritten Teil auch die eine oder andere Träne verdrückt. Der Twist am Ende war dann die Kirsche auf der Torte. Fünf Sterne und eine ganz große Empfehlung!

Olga
Olgavon Bernhard SchlinkDiogenes
16. März 2024
Bewertung:4

„Sie sehnte sich nach anderen, die ebenfalls nicht dazugehörten.“ Anfang des 20. Jahrhunderts von den Eltern verlassen, wuchs die junge Olga bei ihrer Großmutter in einem Dorf namens Pommern auf. Die Beziehung zwischen den beiden ist nicht, wie sie sich das vorgestellt haben. Die Oma hat ständig Vorurteile, vor allem aber, weil Olga einen slawischen Namen trägt. Olga selbst ist eine kluge und frühreife Frau, die gegen den tief verwurzelten Chavismus kämpft, um ihren Platz in einer Welt zu finden, die von weniger bedeutenden Männern regiert wird. Ihr Leben ändert sich für immer, als Olga sich in ihren Nachbarn Herbert, der aus einem adligen Haus stammt, verliebt. Während Olga schon früh gelernt hatte, dass sie in Armut aufwuchs und durch diese Lebensumstände und ihr Geschlecht eingeschränkt ist, will Herbert seinen Drang nach Forschung und Abenteuer nachgehen. Trotz jeden Widerstands der Eltern, bleiben die beiden zusammen. Auch als Olga ihren Wunsch als Lehrerin nachgeht und Herbert nach Afrika, Amerika und Russland reist, blieb die Liebe bestehen. Eine Frau, die zwar im Schatten der anderen steht, lebt Olga ein erfülltes Leben. Warum ich zu diesem Buch griff, waren allein das Cover und der Titel schuld. Und vielleicht auch bisschen der Autor. Hohe Erwartungen an das Buch hatte ich, nachdem ich vorher ‚Der Vorleser‘ gelesen habe. Weibliche Hauptfiguren in Romane sprechen mich immer an, als männliche. Fragt mich nicht wieso. Was der Autor wieder schafft, ist die Kunst des Schreibens. Allerdings verwendete er das N-Wort, I-Wort und die nicht korrekte Bezeichnung der Inuit, was es sehr schade macht, denn die hätte es nicht gebraucht, obwohl das Buch auch nur kurz den Rassismus, den Olga selbst erlebt, aufreißt. Das Buch ist in drei Teilen gegliedert, wobei ich den letzten Teil einfach zu lang fand. Olga wird einem sehr schnell warm ums Herzen, denn mit ihr erleben die Lesenden den Sturz des Kaisers, den ersten und zweiten Weltkrieg, das neue Deutschland im Wirtschaftswunder. Vielleicht viele Schicksalsschläge, die einem schnell zu viel werden können, beklagt Olga sich jedoch nicht und findet so ihren eigenen Weg zur Emanzipation. Tatsächlich weiß ich nicht, ob und wem ich dieses Buch empfehlen könnte. Ich denke, empfehlen tue ich es nicht, finde es trotzdem lesenswert! Einfach nur, weil es literarisch ein gutes Buch ist. „Manchmal hatte ich Mitleid mit mir, die ohne Liebe aufwuchs und auch mit Dir ihre Liebe nur recht und schlecht leben konnte. Jetzt denke ich an die zu Tausenden gefallenen Soldaten und ihre ungelebten Leben und ungeliebten Lieben, und es verschlägt mir das Selbstmitleid. Die Traurigkeit bleibt.“

Olga
Olgavon Bernhard SchlinkDiogenes
29. Feb. 2024
Bewertung:4

Auf den letzten Metern des Monats habe ich mir noch ein Buch von meinem #12für2024-Stapel geschnappt. „Olga“ ist ein Roman in 3 Teilen, den ich sehr gern gelesen (und gehört) habe. Die Geschichte des Lebens einer starken Frau und einer großen, aber schwierigen Liebe.

Olga
Olgavon Bernhard SchlinkDiogenes
24. Feb. 2024
Bewertung:3.5

Schlink ist einer der großen Autoren unserer Zeit. In „Olga“ begegnet einem sein typischer wunderbarer Stil, der Funke will aber nicht überspringen.

Vielleicht liegt es an mir: Ich liebe Schlinks Werke, dieses schafft es dennoch nicht, mich so zu berührten wie es bspw. „Das späte Leben“ oder „Die Enkelin“ tun. „Olga“ ist in eine spannende Zeit eingebettet, die Geschichte spannt sich von der deutschen Kolonialzeit über beide Weltkriege bis hin zur Nachkriegszeit. Olga ist ein starker Charakter und stemmt sich selbstbewusst gegen die Widrigkeiten ihrer Zeit, die sie als Frau besonders hart treffen. Herbert, ihre große und verzweifelte Liebe, ist ihr gegenüber holzschnittartig, fast monoton oder stumpf. Er ist ein Charakter, den man wohl kaum mögen, über den man sich aber trefflich ärgern kann. Vielleicht ist dies ja gerade die Absicht des Künstlers Schlink. Was in diesem Werk wieder deutlich wird, ist Schlinks geniale Fähigkeit zur Verzauberung des Normalen, zur Adelung des Subsidiären. Nicht die große weite Welt birgt unser Glück, sondern die Lebenswirklichkeit vor unserer Haustür. Olgas Heimat, das Memelland und Ostpreußen, man kann die Liebe zu diesem Land und ihrem Dorf förmlich greifen. Es bleibt ein gutes Buch, das an andere Bücher Schlinks jedoch nicht heranreicht.

Olga
Olgavon Bernhard SchlinkDiogenes
15. Jan. 2024
Bewertung:4

Seit langem mal wieder ein Buch, das es geschafft hat mich so zu fesseln, dass ich es in einem Rutsch durchgelesen und dass ich am Ende sogar ein bisschen emotional geworden bin. ;) In „Olga“ wird in drei Teilen ein Leben dargestellt, das sich eigentlich immer nur um die Liebe gedreht hat. Das Buch spielt hauptsächlich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Teile des zweiten Abschnitts ziehen sich aber auch bis in die Gegenwart. Im ersten Teil wird über Olga und Herbert erzählt, wie die beiden aufwuchsen und sich kennen und lieben lernten. Man erfährt über Olgas Wissbegier und Herberts Rastlosigkeit. Die beiden lieben einander innig und aufrichtig, doch ihr Umfeld und auch sie selbst stellen sich ihnen in den Weg. Herbert will immerzu reisen und setzt sich mutwillig den Gefahren seiner Einsätze und Expeditionen aus. Olga hingegen will lernen und ihr Wissen weitergeben. Sie setzt sich als Lehrerin sehr für ihre Schüler ein – und für ihre Ideale. Zusammen sind sie glücklich, doch Herbert kann nie lange bleiben und Olga kann und will ihn nicht aufhalten. Der zweite Teil spielt später, hier erzählt Frederick, der Olga kennenlernte, als er ein Kind war und eine lebenslange Freundschaft mit ihr schloss. Er berichtet über die Olga, die er kennenlernte, später, als sie bereits älter ist. Sie erzählt ihm von ihrem Leben und vor allem von Herbert. Der dritte Teil besteht dann aus Briefen, die Olga an Herbert schrieb, und die er nie erhielt. Dieser Teil war für mich der schönste und emotionalste. Olga bringt ihre Gefühle so schön aufs Papier und es ist einfach ergreifend, wie sehr diese eine Liebe über Jahre hinweg ihr ganzes Leben begleitet und prägt. Ich finde die Geschichte um Olga und Herbert einfach traurig-schön.

Olga
Olgavon Bernhard SchlinkDiogenes
1. Jan. 2024
Bewertung:5

Olga wird in Ostpreußen geboren und führt ein armes Leben, trotzdem lernt sie den besser gestellten Herbert. Sie wachsen zusammen auf und verlieben sich schließlich ineinander. Doch Herbert strebt vor allem in die Ferne, reist viel und träumt den großdeutschen Traum der Kaiserzeit. Olga will frei sein und wird Lehrerin. Sie bleiben ein Leben lang verbunden, obwohl sie nicht zusammen sein dürfen und sie auch zu gegensätzlich sind um zu einander zu finden. Wunderschön geschrieben Lebensgeschichte zweier gegensätzlicher Leben, die zueinander finden und sich dann doch wieder verlieren. Das Buch ist in drei Teile geteilt, die Kapitel sind sehr kurz und ihn einer sehr gut leserlichen, wunderschönen Sprache geschrieben, die das Lesen zum Vergnügen machen. Nachdem wir die Geschiche aus Olgas Sicht erleben, wird das Ganze im zweiten Teil aus Ferdinands Sicht (Olgas Bekannter aus ihrem späterem Leben) und im dritten Teil durch Olgas Briefe an Herbert, nimmt das Ganze die finale Wendung und einen erstaunlichen Abschluß. Absolut wunderschönes Buch!

Olga
Olgavon Bernhard SchlinkDiogenes
3. Okt. 2023
Bewertung:5

Mit erleichterten, saften und zugleich schwermütigen Tränen schließe ich das Buch. Bernhard Schlink, ich bin fasziniert von Ihrem Wortschatz und Ihrer Fähigkeit zu erschaffen. Sie erschaffen Leben, indem Sie Wörter in Zeilen einbinden. Sie haben eine atemberaubende Art, Dinge und Geschehnisse in Worte zu fassen. Sie bestücken die Ereignisse mit wundervollen Wörtern, sodass sie einem weich und wundervoll eingehüllt in die Hände gereicht werden. Diese Gabe, die Fülle an Leben, die der Leser erhält, senkt den Puls, lockert die Sehnen und schärft die Sinne. Ihre Worte, Der Klang und die Harmonie lassen mich Olga hören. Lesen ist das Sehen und Verstehen von Tinte auf Papier. Beim Lesen ist man taub. Ich höre nicht das, was ich lese, dennoch scheint es so. So wie Olga: "[...], ich höre es, obwohl ich taub bin."

Olga
Olgavon Bernhard SchlinkDiogenes
7. Sept. 2023
Bewertung:4

Eine schöne Geschichte über das Leben einer starken Frau, die im Verlauf ihrer Zeit stets zu kämpfen wusste und um den ihr zustehenden Platz stritt. Berührend, aber nicht umwerfend.

Olga
Olgavon Bernhard SchlinkDiogenes
6. Aug. 2023
Bewertung:4

Ich habe den Schreibstil bis zum Ende geliebt, habe mein Herz an Olga verloren. So eine mutige, tolle Frau. Ich mochte die Geschichte sehr. Manchmal zog es sich ein wenig, aber ich konnte das gut ertragen.... Olga war ja da.

Olga
Olgavon Bernhard SchlinkDiogenes
30. Juli 2023
Bewertung:3.5

Ein Frauenleben zwischen Ende des 19. Jahrhunderts und den siebziger Jahren. Breslau und Mannheim/ Heidelberg. Ein Leben lang wartet Olga auf Herbert, die Liebe ihres Lebens, der auf einer Expedition in der Arktis verschollen ist. Sie erlebt alleine 2 Kriege, eine Flucht und einen Neuanfang. Die Geschichte war interessant und gut erzählt, bleibt aber die meiste Zeit ziemlich an der Oberfläche, deshalb keine volle Sternzahl

Olga
Olgavon Bernhard SchlinkDiogenes
27. Dez. 2022
Bewertung:3

Das Buch ist in 3 Teile unterteilt. Den 1. Teil fand ich ehrlich gesagt ziemlich langweilig. Den zweiten Teil fand ich eigentlich gar nicht so schlecht und den 3. Teil fand ich wieder langweilig. Im großen und ganzen ist das Buch aber ganz in Ordnung. Ich würde jedoch nicht sagen, dass ich es weiterempfehlen würde

Olga
Olgavon Bernhard SchlinkDiogenes
28. Okt. 2022
Bewertung:5

Dieses Buch hat mich von Seite zu Seite immer mehr und mehr gefesselt! Dachte ich die ersten 70 Seiten noch, was haben denn alle mit diesem Buch, konnte ich es kurz vor Ende des ersten Teils nicht mehr aus der Hand legen. Und ab da habe ich alles an einem einzelnen Abend durchgelesen! Der Autor führt die beiden Hauptfiguren Olga und Herbert sehr unaufgeregt und trocken ein. Wir begleiten sie von ihrer Kindheit bis ins Erwachsenenalter. Trotz des unterschiedlichen Standes finden beide zueinander, weil sie im Vergleich zu anderen Kindern in ihrem Umfeld aus der Masse heraus stachen, anders waren und gerade deshalb gegenseitig auffielen. Herbert und seine Schwester Viktoria, Kinder eines Gutsbesitzers und Zuckerfabrikanten, waren von Olgas Andersartigkeit und Wissensdurst fasziniert. "Herbert und Viktoria fanden die Neugier und Bewunderung, mit der Olga sich für ihre Welt interessierte, unwiderstehlich. Dass sie so schnell Freund mit ihr wurden, zeigte, wie einsam sie gewesen waren, obgleich sie es nicht gewusst hatten. (Seite 19f)Olga,die sehr früh ihre Eltern verloren hatte, keinen Zugang zur Großmutter fand, zu der sie nach dem Tode ihrer Eltern ziehen musste, eignete sich das Wissen aus der Höheren Mädchenschule im Alleingang an. Durch ihren Ehrgeiz schaffte sie es aufs staatliche Lehrerinnenseminar und durfte danach als Lehrerin Kinder auf dem Dorfe unterrichten. Herbert dagegen, dem alle Schulbildung offen stand, interessierte sich weniger für das elterliche Gut und die Geschäfte. Herbert suchte das Weite. Eine seltsame Sehnsucht gab es in ihm, die ihn stets unruhig werden ließ und ihn in und durch die ganze Welt trieb. Zwei ungleiche Menschen, verschiedene Charaktere und doch zwei Seelen, die sich nicht suchten aber dennoch fanden und irgendwann verliebten; gegen alle Regeln und Wünsche der Familie. Im ersten Drittel bettet Bernhard Schlink seine Geschichte historisch ein, formt seine Protagonisten, umreißt die Umstände und bildet den Grundstein für Olga und Herberts Liebe. Das alles wirkte weniger ergreifend auf mich. Ich nahm es an. Und dann, "Dann erklärte Deutschland Russland den Krieg" (Seite 100) und es machte -Knack- und die Geschichte fesselte mich! Und der bis zum zweiten Teil distanzierte Erzähler wird greifbar, er bekommt einen Namen und ein Gesicht. Ferdinand lässt uns nah an sich und seine Beziehung zu Olga heran. Wir bekommen einen anderen, einen gefühlvollen Einblick in Olgas Leben. Ein neuer Lebensabschnitt, eine neue Olga und ich hing an Ferdinands Lippen. Der dritte und letzte Teil, bestehend aus Briefen, lässt den Leser noch tiefer in Olgas Gefühlswelt und Seele blicken. Ganz nah an ihr dran, die vielen Emotionen, Erklärungen, gespickt mit Hoffnung, Sehnsucht und Erkenntnis, gingen nicht einfach so an mir vorbei. Der Autor schafft es, der Geschichte weiterhin einen Spannungsbogen zu geben, bis hin zum Schluss. Obwohl ich schon einen Ahnung hatte, freute ich mich über die Bestätigung am Ende. Dieses Buch, obwohl es viele historische Themen, wie bspw. den Völkermord an den Herero, den Ersten und auch den Zweiten Weltkrieg, erwähnt, reißt es diese Themen nur an und bleibt im Gesamten ziemlich minimalistisch. Aber für mich macht gerade diese Schlichtheit und Kurzfassung das Besondere am Buch aus. Es gibt keine Längen und auch kein Schwafeln. "Olga" passt genau in die Zeit, von der sie erzählt. Nichts ist beschönigt oder ausufernd. Immer genau auf den Punkt. Fazit: Ein besonderes und intensives Buch, das inhaltlich sowie sprachlich auf jeder Ebene punktet. Nicht ausschweifend und auch nicht zu kurz und mit Überraschungen aufwartet, die im Nachhinein logisch sind, die ich aber während des Lesens aus den Augen verloren hatte. Kunstvoll gelungen! Ein echtes Highlight in 2018!

Olga
Olgavon Bernhard SchlinkDiogenes