Innovative Dysto - Polito - Liebesgeschichte
»Ich glaube, es ist eine Warnung. Dass wir damit aufhören müssen, alles zu zerstören (…).« (92%) „Stammzellen“ mutet dystopisch an. Hat einen surreales Feeling. Der Roman ist anders und lässt meine Gedanken durch Parkanlagen, Gärten und Wohnungen streifen. Natürlich auch durch meine eigenen vier Wände und ich überlege, wie viel Familie meinerseits verstorben ist. Ich richte meinen Blick auf die Zimmerpflanzen und fühle in mich hinein wie es wäre, stünde dort drüben in der Ecke ein verstorbener, geliebter Mensch. Eingepflanzt als heranwachsender Baum. Der Wohnraum ist natürlich nur eine Übergangslösung für Menschen ohne Grundbesitz. Angehörige müssen umgepflanzt werden. Die Wirtschaft hat natürlich nachjustiert. Es gibt extra angelegte Bereiche, öffentliche Gärten, die an Friedhöfe erinnern. Die Grundstückspreise horrend. Es gibt Konzerne, die mit den Dendrosen neue Geschäftszweige wittern und Holzmöbelbetriebe die „Ahnenlinie“ vermarkten; Möbel gefertigt aus Anthodendren. Doch was passiert hier überhaupt zwischen den Seiten? Abgeleitet aus der Kombination Dendron (Baum) und Metamorphose (Umwandlung) kann es jeden ab dem 50. Lj treffen. Die Muskeln wandeln sich, an den Füßen beginnend, in zelluloseähnliche Fasern um. Heilung nicht möglich! Ronja ist Ärztin und Elio Sprachwissenschaftler. Beide lernen sich in dieser fragilen Zeit des Umbruchs kennen und lieben. #alinalindermuth Sprache ist abwechslungsreich und gewandt. Die nicht erwartete Liebesgeschichte zärtlich erzählt. Die Autorin greift tägliche Fragen, Nöte und Ängste auf, um sich neu zu orientieren. Und das hätte mir persönlich vollends ausgereicht. Im Verlauf der Geschichte werden Forschungerkenntnisse und politische Strömungen aufgegriffen. Letzteres zerfaserte das Buch für meinen Geschmack extrem. Denn links und rechts hatten für mich keinen Platz in dieser #climatefiction. Brachte den Inhalt keinen Schritt voran und trieb verkopft an der Oberfläche des Romans und las sich spröde. Man sprach von Tropenkrankheit und Migrationshintergrund. Gedanken, die ich beim Lesen überhaupt nicht wichtig fand, welche die Autorin als Sprachrohr nutzte. Diese Passagen sind kurz, aber da. Zumindest stieß ich mich daran. Anderen gefallen evtl. diese Gedanken. Wer als Leser ein Rundumparket an Politik, Liebesgeschichte und Dystopie lesen mag, greift zu dieser innovativen Geschichte. Liebhaber reduzierter Dystopien wie mir, werden nicht ganz auf einen grünen Zweig kommen.