26. Juli 2024
Bewertung:3.5

Habe irgendwie mehr erwartet

Insgesamt haben mir die Kurzgeschichten vor allem sprachlich sehr gut gefallen. Inhaltlich dachte ich mir oft, was mir die Geschichten nun sagen sollten. Einzelbewertung: Rote Korallen 2/5 Hurrikan 3/5 Sonja 4/5 Ende von Etwas 3,5/5 Bali-Frau 2/5 Hunter-Tompson Musik 3/5 Sommerhaus, später 3/5 Camera Obscura 4,5/5 Diesseits der Oder 4/5

Sommerhaus, später
Sommerhaus, spätervon Judith HermannS. FISCHER
9. Mai 2023
Bewertung:3

Der Kurzgeschichtenband "Sommerhaus, später" stellt Judith Hermanns Debüt dar und wurde bei Erscheinen 1998 als "Sound einer neuen Generation" (Karasek) hochgelobt. Die Autorin lässt ihre Figuren orientierungslos und auf eine eigenartige Weise abwesend durch die einzelnen Erzählungen wandeln. Ungebunden und gerade deswegen irgendwie verloren und einsam. Die Sprache ist recht einfach und beschreibt tendenziell lakonisch das Vordergründige. Die Essenz steckt zwischen den Zeilen und überkommt den Leser in schleichender Melancholie. Stark fand ich die titelgebende Erzählung "Sommerhaus, später", in der die Unverbindlichkeit einer zwanglosen Generation beschrieben wird und ein obdachloser Taxifahrer sich entscheidet, ein Sommerhaus außerhalb Berlins zu kaufen, vielleicht um etwas zu schaffen, das bleibt - so zumindest meine Interpretation. In einer anderen Geschichte begegnet der alte, vereinsamte Hunter Tompson einer jungen Frau, die ihn aus der Bahn wirft, wo er doch mit der Welt bereits abgeschlossen hatte. Auch "Hurrikan (Something farewell)" konnte ich einiges abgewinnen, in der zwei Frauen ihren Freund Kaspar im karibischen Ferienparadies besuchen - und dann ist da noch der stille Cat, der einfach nur da ist und wartet, während sich ein Hurricane der Küste nähert. Mit anderen Geschichten konnte ich etwas weniger anfangen, wie das bei solchen Sammlungen ja oft der Fall ist. Trotzdem mag ich Judith Hermanns Erzählstil sehr, habe auch "Daheim" geliebt, und nun bereits ein Auge auf die anderen Romane und Erzählungen von ihr. Das Gras unter ihren nackten Füßen ist stachelig und hart. Eine Fußsohle wie Cat möchte ich haben, denkt sie, wie eine Schale, und kein Schritt tut mehr weh. (S. 51)

Sommerhaus, später
Sommerhaus, spätervon Judith HermannS. FISCHER