Viele finden es verwirrend dabei ist es so viel mehr!
Warum gebe ich Heaven von mieko Kawakami volle fünf Sterne? Weil es ein Buch ist, das mehr bietet, als man auf den ersten Blick erwartet, und weil es oft unterschätzt wird. Viele denken, wenn sie den Klappentext lesen, sie bekommen eine klassische Mobbing-Story: grausame Szenen, eine tiefgehende Figur, mit der man komplett mitleiden kann, und vielleicht sogar eine Art Auflösung am Ende. Aber das ist nur die Oberfläche. Dieses Buch ist viel komplexer und fordert einen auf ganz andere Weise heraus. Ja, die Mobbing Szenen sind extrem hart, und hier auch gleich eine Trigger Warnung: Sie gehen wirklich unter die Haut. Aber das Buch ist nicht nur eine detaillierte Beschreibung von Mobbing. Es zeigt uns etwas viel Realistischeres und Tiefgründigeres: dass es oft kein klares Ende gibt, keinen Abschluss, keinen Punkt, an dem alles „vorbei“ ist. Und genau das macht es so besonders. Es ist kein Buch, das man liest, um eine runde Geschichte mit Happy End oder kathartischem Abschluss zu bekommen. Es zeigt einfach das Leben eines Jungen, der gemobbt wird so wie es ist. Viele Leute beschweren sich, dass das Buch außer den Mobbing Szenen „langweilig“ oder „strukturlos“ sei, weil man nicht mal richtig weiß, ob das Mobbing aufhört. Aber genau das ist doch der Punkt! Das Buch will nicht die Lösung liefern, sondern zeigen, wie offen, chaotisch und unberechenbar das Leben ist besonders für jemanden, der so etwas durchmacht. Der Protagonist bleibt namenlos, und genau deshalb kann man sich so gut in ihn hineinversetzen. Ein besonders komplexer Moment – und hier kleiner Spoiler – ist, als Kojima aufhört, mit dem Protagonisten zu reden, weil er seine Augenfehlstellung korrigieren lassen will. Viele finden das verwirrend, aber wenn man darüber nachdenkt, macht es total Sinn. Für Kojima ist das Mobbing etwas, das sie so sehr zu einem Teil ihrer Identität gemacht hat, dass sie sich in dem Moment betrogen fühlt. Ihr Schmerz und ihre Sichtweise sind auf eine tragische Weise nachvollziehbar auch wenn man selbst natürlich denkt: „Das ist doch total irrational!“ Aber genau das macht dieses Buch aus: Es zeigt, wie unterschiedlich Menschen mit ihren Verletzungen umgehen. Heaven ist definitiv kein Buch für jeden. Wer eine klar strukturierte Story oder einen deutlichen Abschluss will, wird wahrscheinlich enttäuscht sein. Aber wer bereit ist, tiefer zu graben und zwischen den Zeilen zu lesen, wird merken, wie viel in diesem Buch steckt. Es ist ein schmerzhaftes, unglaublich ehrliches Werk, das Raum für Interpretationen lässt und lange im Kopf bleibt. Für mich ist es ein Meisterwerk.