20. Okt. 2022
Bewertung:5

An dem Tag, als das Ungeheuer starb, kehrt Willie schuldbeladen nach einer Affäre mit ihrem College-Professor und einem Mordversuch an seiner Frau nach Tempelton zurück. Eine Kleinstadt, die sich dem Baseball verschrieben hat und die geschichtsträchtige, historische Persönlichkeiten ihr Eigen nennt. Da wären zum einen der Gründer der Stadt Marmeduke Tempelton und dessen Sohn, der berühmte Schriftsteller Jacob Franklin Tempelton. Willie ist ihr direkte Nachfahrin der beiden und in der Stadt so etwas wie ein lebendes Fossil. Um sie aus ihrer Lethargie zu reißen und einer neuen Frömmigkeit geschuldet eröffnet ihr ihre Mutter, das sie keinesfalls durch das ausschweifende Leben in einer Kommune mit drei Männern entstanden ist, sondern von einem Mann der ebenfalls in Tempelton wohnt und der behauptet ebenfalls ein Nachfahre von Marmeduke Tempelton zu sein. Mit Feuereifer stürzt Willie sich auf diese neue Aufgabe. Hat sie doch Archälogie studiert und ist somit ein Profi im ausgraben, längst vergessener Relikte und Fakten. Stückchen für Stückchen hangelt sie sich den Familienstammbaum entlang nach oben und lässt damit längst vergessene Begebenheiten, Beziehungen und kleine Familiengeheimnisse aufleben um am Ende, um einen Vater reicher und für die Zukunft gestärkt, einen völlig neuen Blickwinkel auf die spießige Kleinstadt erhält. Ich habe dieses Buch vom ersten Satz an geliebt. Die bildhafte Sprache die Lauren Groff an den Tag legt, ist manchmal sehr wortgewaltig und trotzdem von einer Leichtigkeit, die einen davonträgt in andere Epochen. Die Charaktere beginnen zu atmen, wenn man die Buchdeckel aufschlägt. Ich litt mit Willie, ich lief mit den Laufkumpels durch Tempelton und konnte ihren Schweiß riechen. Ich ging mit Namenlos im Flimmersee baden und ich war wie Charlotte schockiert als Cinnemon mir ihr Geheimnis anvertraute. Kurz und gut ich habe mich von der Magie des Buches gefangen nehmen lassen und 500 Seiten lang in Tempelton gelebt. Hin und wieder bin ich etwas durcheinandergekommen, weil Willie den Stammbaum von vorn aufrollt, aber die eingefügten Schaubilder waren sehr hilfreich, den Faden wieder aufzunehmen. Am meisten begeisterten mich die Bilder der historischen Persönlichkeiten, das verlieh dem Ganzen Authentizität und machte Tempelton für mich noch greifbarer. Letztendlich fiel mir der Abschied von Tempelton schwer als die Geschichte zu Ende war, ich wäre gern noch ein bisschen länger geblieben.

The Monsters of Templeton
The Monsters of Templetonvon Lauren GroffHyperion