Vor ungefähr 10 Jahren hab ich dieses Buch und den ersten Teil "True Believer" auf deutsch gelesen und es wurden mit meine Lieblingsbücher von Nicholas Sparks. An den ersten Band konnte ich mich auch noch sehr gut erinnern und an die traurigen Emotionen im 2. Band. Die Geschichte hat mich auch jetzt wieder bewegt, aber doch sind mir einige Sachen aufgefallen, die mich als erwachsene Frau stören. Die ganze Liebesgeschichte wird größtenteils aus der Sicht von Protagonist Jeremy erzählt. Und besonders im 2. Teil reproduziert er einige Klischees... Er findet es verstörend mit seiner Frau darüber zu sprechen, was mit dem Körper in einer Schwangerschaft passiert und meint sie müsste mit ner weiblichen Person besser sprechen weil ihm alles egal ist, ihn interessiert nur, dass SEIN Kind in dem Bauch wächst (Nicholas Sparks hat selbst 5 Kinder, hat er das seiner Frau auch immer gesagt juckt mich nicht was passiert Hauptsache meins?) Und Ansichten über die allgemeinen - laut ihm natürlichen - Unterschiede zwischen Männern und Frauen, z.B. bei der Sexlust...naja das Buch ist auch um die 20 Jahre alt und damit leider schlecht gealtert. Das kommt auch ein bisschen davon wenn Männer Bücher für Frauen schreiben.... könnte man besser machen. Der erste Band war im Nachhinein besser (auch wenn da Jeremy und sein Kumpel Alvin vor allem am Anfang sich auch einige Klischees geliefert haben) naja...
"At first sight" klingt wie ein typischer Romance-Roman und das ist er auch, typisch für Sparks, den man vor allem durch "Wie ein einziger Tag" oder "Zeit im Wind" und den entsprechenden Verfilmungen kennt. Bzw - kannte? Als ich das Buch gekauft habe, war es 2009 und die eben genannten Romane in meiner Teenagerzeit sehr beliebt, vor allem aber die Filme. Ich hatte einige seiner Romane gelesen und auch irgendwann "True Believer" ausgeliehen. "At first sight" ist die Fortsetzung von "True Believer" und erzählt da weiter, wo die Geschichte von Jeremy und Lexies Kennenlernen aufhört. Sie erwarten ein Kind, sie werden heiraten und für Lexie zieht Jeremy von New York in eine Kleinstadt in den Südstaaten. Ich habe nur noch Bruchstücke von "True Believer" im Kopf, aber das ist auch gar nicht notwendig, die erste Hälfte des Buches ist sehr stark mit genau diesem Setting: ein Paar, das sich verliebt hat, das die Entscheidungen füreinander getroffen hat und jetzt im Alltag angekommen diese Entscheidungen lebt und täglich wieder zueinander finden muss. Sei es, mit den Veränderungen durch den Umzug klarzukommen und der Mentalität in der Kleinstadt, zu vertrauen, wenn alte Flammen immer noch im selben Ort leben, sich ein neues Leben miteinander aufzubauen und gleichzeitig sich mit der Elternschaft auseinander zu setzen. Diesen Part mochte ich unglaublich gern. Ein wenig war es zwar plotgezwungen, weil Jeremy mysteriöse E-Mails erhält, die ihn dazu bringen, sich und seine Beziehung zu hinterfragen und die Motivation hinter den E-Mails und dem Versender sehr schwach und schal ist. Das hat mich aber nicht so sehr gestört, weil ich Jeremys Reaktionen und die Einflüsse, die das auf seine Beziehung mit Lexie hatte, gut fand und gern gelesen habe. Er wird auf die Probe gestellt, aber er entscheidet sich zu vertrauen, und auch wenn Lexie erst empört ist darüber, dass er ihr folgt und sie infrage stellt, sehen beide ein, wo ihre Fehler waren und es wird in meinen Augen sehr gesund aufgearbeitet. Leeeeeeeeeeider ...... macht das ja noch kein gelungenes Romance-Buch aus, also kriegt das ganze dann noch eine erst dramatische und dann tragische Wendung und am Ende ist "At First Sight" gar nicht so sehr ein Kommentar darüber, ob Lexies und Jeremys Liebe, die sehr schnell ging, denn nun auf den ersten Blick war und es das gibt, sondern dreht sich (und ab hier komme ich nicht mehr ohne Spoiler aus) nämlich zu Jeremy und seiner Tochter. Sparks Botschaft: Ja, es gibt Liebe auf den ersten Blick, nämlich die zu seinem Kind. Und das ganze wird hier so dramatisch, weil die Schwangerschaft erst eine Risikoschwangerschaft wird und lange nicht feststeht, ob ihre Tochter lebend - und gesund - auf die Welt kommt, und sich dann alles dreht und die Tochter zwar gesund ist, aber Lexie bei der Geburt stirbt. Ich finde es zwar wichtig, dass auch mal das gezeigt wird: nicht jede Schwangerschaft ist easypeasy. Auch heute sterben Mütter bei der Geburt. Aber es ist einfach too much, was am Ende reingestopft wird. "Amniotic band syndrome was rarely fatal. But abnormalities and deformities were the rule, not the exception. It was the unspoken topic between Lexie and himself, something that neither wanted to discuss. When they talked about their worries for the baby, it was always couched in terms of possible death instead of the more realistic scenario. That their baby would look different; that their baby would have serious abnormalities; that their baby would face countless surgeries; that their baby might suffer." (S. 260) Ich finde das ein ziemlich heftiges Thema, das ein Paar lange beschäftigen kann. Stattdessen legt Sparks hier den Fokus darauf, es auszublenden und entscheidet, dass Jeremy und Lexie nicht darüber reden. Sie halten den Atem an, sie beten, und vertrauen darauf, dass die Vorhersagen von Lexies Großmutter Doris eintreffen, dass sie ein gesundes Mädchen zur Welt bringen werden, und so geht das Thema ziemlich unter. Am Ende werden sie "erhört" und Claire ist gesund und all diese Sorgen und Seiten voller Drama waren ziemlich nutzlos, weil sie nicht genutzt wurden, dem Thema wirklich Tiefe zu geben. Ganz im Gegensatz, es wird alles überschattet dadurch, dass Lexie bei der Geburt stirbt. Zwar wird der Kummer und die Fassungslosigkeit von Jeremy recht eindringlich beschrieben, aber ich war doch ziemlich distanziert, vor allem, weil es mich geärgert hat, wie dieses "Liebe heilt alles"-Konzept hier wieder eingesetzt wird. Seit es bei "Wie ein einziger Tag" der Schwan, der Noah weiter an seine geliebte Frau erinnert und die er für sie hält oder dass Jaime in "Zeit im Wind" ja ihr Wunder bekommen hat und Landons Wandel das alles wert war - Lexies Tod bekommt hier seinen Sinn dadurch, dass sie Jeremy, der in seiner vorherigen Ehe zu hören bekommen hat, er wäre unfruchtbar und würde niemals Vater werden, ein gesundes Kind geschenkt hat. Außerdem ist sie nicht wirklich fort, sondern in dem Leuchten auf dem Friedhof, das in dem ersten Buch über das Paar eine große Rolle gespielt hat, erkennt Jeremy sie wieder und stellt sie so ihrer Tochter vor. Für mich war das ein bisschen zu rosaroter Kitsch und ich glaube nicht, dass ich noch mal einen Sparks lesen werde. Früher fand ich sie wundervoll, jetzt finde ich den Kosmos der Liebesgeschichten etwas einengend. Ich möchte von Paaren lesen wie hier am Anfang, von ihren kleinen Schwierigkeiten und der Romantik nach der Kennlernphase, ich möchte auch von nicht so rosigen Schwangerschaften lesen oder Problemen durch den Umzug, aber ich möchte realistische und heutige Beziehungen lesen. In denen kritisch beleuchtet wird, dass bei einer Schwangerschaft geheiratet werden "muss", in der keine Zitate wie dieses vorkommen: "I just wonder wo we're going to do as parents. I worry about that sometimes." "We'll be great," he said. "You'll be great." "You say that, but how do we know? What if she ends up being one of those angry teenagers who dresses in black and does drugs and sleeps around?" (S. 242) Vielleicht fehlt mir hier irgendwie kulturelles Verständnis weil ich nicht in den Südstaaten der USA lebe oder meine erzkatholische Erziehung heutzutage entschieden ablehne, aber ich hätte jetzt erwartet, dass jemand sagt "Then we will love here nonetheless" oder so etwas in der Art, aber nein, die Antwort ist "she won't". Weil die Eltern wundervoll sind, wird das Kind wundervoll und das impliziert, dass jemand, der sich schwarz anzieht und herumschläft, nicht wundervoll ist (die Drogen klammere ich jetzt mal aus, weil das ein Punkt ist, den ich bei meinem Kind auch nicht sehen wollen würde - aber selbst dann würde ich sagen: wenn sie so ein Teenager wird, werde ich sie lieben und ihr helfen und ihr zuhören und nicht annehmen, dass ich in meiner Erziehung versagt habe oder sie weniger wundervoll ist. Es ist wirklich nur eine kurze Stelle, aber sehr exemplarisch für das ... nennen wir es konservative Bild des Autors, das überall durchscheint. Das hat und die Plotpunkte und Themen aus dem Spoilerteil haben mir die Lektüre leider gerade im zweiten Teil ziemlich verleidet, so dass ich es gerade nur so als "liked it" einstufe und nicht unbedingt empfehle.