Im Gegensatz zu den meisten seiner anderen Werke beschäftigt sich Ken Follett in seinem neusten Roman „Never - die letzte Entscheidung“ nicht mit der Vergangenheit, sondern mit einer fiktiven Gegenwart/nahen Zukunft. Nachdem er selbst zu dem Entschluss gekommen ist, dass der erste Weltkrieg ein tragischer Unfall war, befasste er sich damit, wie es durch mehrere kleine Entscheidungen wieder zu so einer unvermeidbaren Entscheidung kommen könnte und verfasste einen erschreckend realistischen Roman. Man folgt vielen verschiedenen Handlungssträngen und Charakteren, die alle auf irgendeine Art zusammenhängen, und muss sich erstmal in das Geschehen einfügen. Sobald das geschehen ist, lassen sich die verschiedenen Situationen aber gut verfolgen und auch von den Charakteren bekommt man einen Überblick. Jeder Handlungsstrang ist komplett verschiedenen und befindet sich in unterschiedlichen Ländern. Dadurch bekommt man einen guten Blickwinkel auf das große Ganze und kann somit auch alle Entscheidungen verfolgen und verstehen und nicht nur die einer wenigen Positionen. Das macht das Ganze noch erschreckender, aber auch realistischer und es zeigt, durch was für eigentlich unabhängige kleine Einzelheiten es zu einem großen Weltkrieg kommen kann. Man bekommt zusätzlich auch einen guten Einblick in die Privatleben der wichtigsten Kernfiguren. Sie sind eben nicht nur Präsidentin, Politiker und CIA-Agenten, sondern auch Mütter, Ehemänner und Ehefrauen. Sie haben ganz eigene Probleme und Gefühle, mit denen sie kämpfen müssen, während sie sich zusätzlich noch um die Sicherheit ihres Landes bemühen Besonders die Geschichte von Tamara und Tab habe ich sehr gerne verfolgt und auch Abduls und Kiahs Geschichte hat mich sehr gefesselt. Jeder Handlungsstrang hatte durchgehend genug Spannung, auch wenn die Handlung natürliches sehr politisch geprägt ist und deshalb vermutlich auch nicht jedermanns Fall. Die Geschehnisse bauen sich langsam auf und am Anfang lässt die Ausgangssituation mit Dschihadisten gar nicht auf einen Weltkrieg hindeuten, aber im Verlauf wird immer mehr klar, wie sehr verstrickt doch alles ist. Besonders in der zweiten Hälfte, als es auf den unausweichlichen Atomkrieg hinauslief, ließ die Spannung gar nicht mehr nach.
Gerade noch war Charlize Leben in Ordnung und dann von einer Minute auf die andere Schwupp alles weg. Sie kann sich an nichts erinnern. Weder ihren Namen, noch wo sie wohnt, noch wer der Typ da ist. der sich als ihr Freund ausgibt. Doch ihm scheint es ebenso zu ergehen. Auch Silas Nash kann sich nicht mehr an sein Leben erinnern und dennoch müssen beide versuchen sich normal zu verhalten. In einer aufwendigen Schnipseljagd decken sie allmählich ihr bisheriges Leben auf, nichts ahnend das die Geschichte sich bald wiederholt. Ich bin ohne große Erwartungshaltung an die Geschichte herangegangen und ich wurde überrascht. Zunächst dachte ich, Mädchen verliert Gedächtnis haste schon mal irgendwo so gelesen, aber das auch noch Silas im selben Moment an nichts mehr erinnern kann, war ein Punkt, den man so nicht vorhersehen konnte. Als Leser sucht man ebenso hungrig nach den Schnipseln der Vergangenheit, wie die Protagonisten selbst, denn man weiß immer nur so viel wie die beiden selbst. Gepaart mit der flüssigen Erzählweise der beiden Autorinnen, kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen und ist nur zu bald enttäuscht, weil es nach nur etwas mehr als 150 Seiten mit einem Cliffhanger endet. Wer ein eher ungeduldiger Charakter ist, sollte mit dem Lesen warten, bis alle drei Teile veröffentlicht sind, denn so muss ich aus meiner leidvollen Erfahrung sagen, dass man gerade zu danach lechzt zu erfahren wie es weitergeht.
Puh, ich muss ganz ehrlich sagen, dass es mein erstes Buch von Ken Follett ist. Ich aber unglaublich gespannt auf die Ausarbeitung dieses Thrillers war, der eine hochbrisant und aktuelle Thematik beinhaltet. Und ganz ehrlich, wenn man dieses Buch gelesen hat, wird einem ganz anders und man sieht vielleicht auch einige Dinge mit ganz anderen Augen. Denn Ken Follett schafft es die Blickwinkel gleich auf mehreren Ebenen zu erweitern. Seinen Schreibstil empfand ich als sehr angenehm, fesselnd und mitreißend. Die Atmosphäre ist durchweg absolut beklemmend, was sehr gut zur Thematik des Buches passt. Am meisten sticht hier wohl Die amerikanische Präsidentin Pauline Green heraus. Ich mochte allerdings auch Tamara und Tab wahnsinnig gern. Man wird allerdings mit ziemlich vielen Charakteren konfrontiert, wodurch man sich nicht wirklich auf einen einzelnen festlegen kann. Allerdings blieben mir die Namen nicht immer im Gedächtnis, gerade bei den fremdländischen Namen war es besonders schwierig. Ken Follett nimmt sich allerdings viel Zeit und Raum für seine Protagonisten um sie zum Leben zu erwecken und mit sehr vielen Details zu versehen. Fast zu sehr sogar. Ich mochte es definitiv, dass sie ihre Ecken und Kanten hatten. Dadurch sieht man die als das, was sie sind. Menschen, mit Schwächen und Stärken. Jeder hat seinen Hintergrund und man kommt Ihnen menschlich dadurch näher. Ein Stück weit konnte ich mit Ihnen mitfühlen und ihr Innerstes nachvollziehen. Mir war es aber etwas zuviel, dass die zwischenmenschlichen Aspekte doch etwas Überhand nahmen, dass hat in meinen Augen, die Spannung der eigentlichen Thematik geschmälert und für kurzzeitige Längen in der Gesamtstory gesorgt. Nichtsdestotrotz sehr vielschichtige Charaktere, die trotz der Tiefe leider nicht gänzlich bei mir ankamen. In die Story bin ich sofort sehr gut hineingekommen. Anfangs ist man noch etwas zwiegespalten, weil man nicht wirklich weiß, womit man es zutun bekommt. Erst im letzten Drittel nimmt es richtig Fahrt auf und mir wurde heiß und kalt zugleich. Da ist soviel Perfidität und Skrupellosigkeit, dass es mir die Sprache verschlagen hat. Man begreift allerdings auch, was für ein schweres Gewicht Pauline zu tragen hat. Nicht nur das Schicksal aller lastet auf ihr, auch im privaten Bereich, muss sie mit einigen zurechtkommen. Sie kann es sich einfach nicht leisten, unaufmerksam zu sein. Denn das könnte Konsequenzen für alles beinhalten. Denn letztendlich ist sie auch nur ein Mensch. Ken Follett gelingt es diese beängstigende, unheilvolle und nur allzu gut vorstellbare Thematik sehr gut vor Augen zu führen. Allein dabei läuft es einem schon kalt den Rücken runter. Mit den zwischenmenschlichen Aspekten versucht er dem Ganzen etwas die Schärfe zu nehmen, was ihm in meinen Augen nur bedingt gelingt. Weil er einfach zu lange in diesem Bereich verweilt. Es ist beklemmend und definitiv verstörend, wie weit das Ganze reicht. Was es alles mit sich zieht. Entscheidungen, die einmal getroffen, können nicht wieder zurückgenommen werden. Entscheidungen, die Konsequenzen auf so vieles haben. Auf 880 Seiten hat der Autor in meinen Augen einen wirklich guten Politthriller verfasst, der authentisch und erschreckend zugleich ist. Um nicht zu spoilern, kann ich leider auch nicht zuviel verraten. Was gerade hier besonders schwer ist, da ein einzelnes Detail schon zuviel verraten kann. Es wird aber definitiv nicht mein letztes Buch des Autors bleiben. Fazit: Ken Follett hat mit diesem Buch einen sehr beklemmenden und erschreckend realistischen Politthriller geschrieben, der definitiv nicht kalt lässt und so einiges vor Augen führt. Er zeigt uns was passiert, wenn Entscheidungen getroffen werden, die für alles und jeden verheerende Folgen haben kann. Oder aber ins Gegenteil umschlagen können. Mir hat dieser Thriller wirklich gut gefallen, auch wenn er emotional gesehen, nicht ganz bei mir ankam. In meinen Augen hat er den zwischenmenschlichen Aspekten einfach zu viel Aufmerksamkeit geschenkt. Es bleibt aber sicher nicht mein letzter Follett.