Ein kurzes, aber umso intensiveres Leseerlebnis, das sich auf jeden Fall lohnt!
Mein zweites Buch von Baldwin und mit Sicherheit nicht mein letztes ... James Baldwin schafft es für mich auf eine einzigartige Art und Weise das Allgemeine mit indivuellen Schicksalen zu verbinden, ohne dabei pathetisch oder oberflächlich zu sein. "Giovannis Zimmer" ist wahrscheinlich sein bekanntestes Werk, daher fasse ich mich beim Inhalt ganz kurz: Der Amerikaner David - der sich seine Homosexualität eigentlich nicht eingestehen will - beginnt eine Beziehung mit dem Italiener Giovanni, während er in Paris auf seiner Geliebten Hella wartet, die sich auf einer Reise durch Spanien befindet. Als sie bei ihrer Rückkehr Davids Heiratsantrag endgültig annimmt, spitzt sich die Geschichte zu und endet in einer Katastrophe. Während im ersten Teil ein langsamer, atmosphärisch beschreibender Stil dominiert, aber immer wieder Hinweise auf den dramatischen Verlauf der Geschichte gegeben werden, nimmt das Erzähltempo im zweiten Teil zu und plötzlich überschlagen sich die Ereignisse. Dieser Aufbau hat mir sehr gut gefallen, vor allem, weil er trotz seiner Dramatik nicht konstruiert wirkt. Alles was passiert, erscheint als logische, ja beinahe zwangsläufige Folge der Ausgangssituation. Die Figuren sind so gut entwickelt, dass ich sehr mit ihnen gefühlt habe und Verständnis für sie hatte, auch wenn sie mir nicht wirklich sympathisch waren. Baldwin behandelt das Thema Homosexualität sehr feinfühlig und vielschichtig, trotzdem ist das Buch natürlich auch in seinem historischen Kontext zu lesen. Der Roman wurde erstmals 1956 veröffentlicht - zu einer Zeit in der eine Beziehung zwischen Männern im besten Fall ein Tabu, wenn nicht ein Verbrechen war. Dies wird auch an den homo-/transphoben Aussagen der Figuren immer wieder deutlich und Davids Zwiespalt was seine eigene Sexualität betrifft, ist eine treibende Kraft für den Verlauf der Geschichte.