Die Optimistinnen
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
Gün Tank ist Autorin und Moderatorin. Sie war Kuratorin der Ausstellung »22:14 ...und es kamen Frauen« (2011), zu den ersten Arbeitsmigrantinnen der Bundesrepublik und der Veranstaltungsreihe CrossKultur, eine jährliche Kulturreihe mit Lesungen, Ausstellungen, Konzerten, Theater, Film und Konferenzen. Heute ist sie im Bezirk Tempelhof-Schöneberg Beauftragte für Menschen mit Behinderung. 2015 und 2021 erhielt sie vom Land Berlin das Arbeits- und Recherchestipendium Literatur. »Die Optimistinnen. Roman unserer Mütter« ist ihr Debütroman, der 2024 im Maxim Gorki Theater Berlin uraufgeführt wurde.
Beiträge
Für die Deutschen sind sie »Gastarbeiter«, auch die Frauen. Lässt man Gäste arbeiten? Und unter diesen Bedinungen wohnen? (S. 18f)
Die Migrantinnen Streiks der 70er wurden bisher selten, in der Literatur beschrieben. Von daher ein wichtiges Buch, aber leider sprachlich nicht so gelungen.
„Tochter, egal was geschieht, vergiss eines nie: Bir elin nesi war, iki elin sesi var. Nicht die einzelne Hand, zwei machen Lärm.“ (S. 37) Nour kam Anfang der 1970er aus Istanbul nach Almanya, um zu arbeiten. Es war nötig das Land zu wechseln, um die Familie in der Heimat finanziell zu unterstützen und weil sie sich auch erhoffte vieles zu (er-)lernen. Gelandet ist sie einer Fabrik für Arbeitsmigrantinnen, mit denen sie sich auch ihr Zimmer im Wohnheim teilen muss; kein Raum für Rückzug, keine Geheimnisse. Die Frauen unterstützen sich so gut es geht, doch wo viele Köpfe sind, fängt frau an, Dinge zu hinterfragen. Für die gleiche Arbeit erhalten sie schlechtere Bezahlung. Sie sind Akkordarbeiterinnen, den ganzen Tag auf Vollgas. Sie haben keine Rechte, dürfen nicht aufmucken und müssen alles so hinnehmen, wie es ihnen der deutsche, weiße Mann, ihr Chef, vorschreibt. Nour findet schließlich ihren Rückzugsort am Grab von Koyungözu, namentlich Stein Margarete. Eine junge Frau, die in den 1920er Jahren starb, aufgrund einer Lungenkrankheit, welche sie arbeitsbedingt niederrang. Doch Koyungözü ist wie ein Vorbild, denn sie kämpfte für die bessere Bezahlung von Frauen, für bessere Bedingungen am Arbeitsplatz. Und so fühlt Nour, dass auch sie und die Frauen sich auf die Füße stellen müssen, dafür kämpfen müssen, denn von nichts kommt nichts. Und so planen die Frauen einen Streik und stellen sich dem ausbeuterischen Gefüge in den Weg. „Der Ehemann kam am Morgen und habe für Birgit die Kündigung eingereicht. Sie müsse jetzt für die erkrankte Schwiegermutter und den Haushalt da sein. Seine Unterschrift wird vom Bürgerlichen Gesetzbuch der Bundesrepublik getragen, […]. Der Mann sei der Ernährer […]. Während die Frau für den Haushalt zu sorgen habe […].“ (S. 58) Wir lesen hier ein Stück Geschichte, welches mir wieder mal niemals im schulischen Kontext „gelernt/erzählt“ wurde. Wie auch von den chinesischen Arbeitsmigrantinnen in Amerika ist auch dieses Deutsche Stück Historie offensichtlich unter den Tisch gekehrt worden. Gün Tank @guen_tank hat zwei Erzählstränge miteinander verwoben und so pirscht sich die Geschichte langsam und heimlich an. Die Perspektive der Vergangen aus Sicht von Nour, die zweite aus der Gegenwart, mit der Stimme von Nour’s Tochter, Cebraili Su (mit dem 29.12 als bestes Geburtsdatum überhaupt ;-) ) Die Kapitel von Su starten immer mit „Heute, eingetaucht im Gestern“ und liefern eine alternative Sichtweise auf das Geschehene; die subjektive Wahrnehmung der Tochter. Über das Fortgehen aus der Heimat, über das Gefühl des Nicht-erwünscht-Seins, der schwierigen Sprachbedingungen und „nicht-verstehen-können“ bis hin zu verbalen Übergriffen und dem Heimweh nach ihren Eltern, dede und nene; überhaupt nach IHRER Heimat. Diese Rückblende unterstreicht Su mit den Geschichten aus der Heimat, von den Großeltern, den Cousins und Cousinen, den Träumen und was dies alles für ihre Mutter bedeutete. Der inneren und äußeren Rebellion ihrer Mutter, wie sie und ihre Freundinnen sich dem System entgegenstellten und Forderungen stellten, um in Deutschland gleich leben zu dürfen, wie andere. Das Buch hat mich auf eine Reise mitgenommen … eine lehrreiche Reise und mir viele Denkanstöße gegeben (ich würde Nour’s Vater gerne kennenlernen!!, er ist ein wunderbarer Mensch in diesem Buch). Ein nachdrücklicher Roman und ein feines Debüt mit einer großen Leseempfehlung von mir!
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Autorenbeschreibung
Gün Tank ist Autorin und Moderatorin. Sie war Kuratorin der Ausstellung »22:14 ...und es kamen Frauen« (2011), zu den ersten Arbeitsmigrantinnen der Bundesrepublik und der Veranstaltungsreihe CrossKultur, eine jährliche Kulturreihe mit Lesungen, Ausstellungen, Konzerten, Theater, Film und Konferenzen. Heute ist sie im Bezirk Tempelhof-Schöneberg Beauftragte für Menschen mit Behinderung. 2015 und 2021 erhielt sie vom Land Berlin das Arbeits- und Recherchestipendium Literatur. »Die Optimistinnen. Roman unserer Mütter« ist ihr Debütroman, der 2024 im Maxim Gorki Theater Berlin uraufgeführt wurde.
Beiträge
Für die Deutschen sind sie »Gastarbeiter«, auch die Frauen. Lässt man Gäste arbeiten? Und unter diesen Bedinungen wohnen? (S. 18f)
Die Migrantinnen Streiks der 70er wurden bisher selten, in der Literatur beschrieben. Von daher ein wichtiges Buch, aber leider sprachlich nicht so gelungen.
„Tochter, egal was geschieht, vergiss eines nie: Bir elin nesi war, iki elin sesi var. Nicht die einzelne Hand, zwei machen Lärm.“ (S. 37) Nour kam Anfang der 1970er aus Istanbul nach Almanya, um zu arbeiten. Es war nötig das Land zu wechseln, um die Familie in der Heimat finanziell zu unterstützen und weil sie sich auch erhoffte vieles zu (er-)lernen. Gelandet ist sie einer Fabrik für Arbeitsmigrantinnen, mit denen sie sich auch ihr Zimmer im Wohnheim teilen muss; kein Raum für Rückzug, keine Geheimnisse. Die Frauen unterstützen sich so gut es geht, doch wo viele Köpfe sind, fängt frau an, Dinge zu hinterfragen. Für die gleiche Arbeit erhalten sie schlechtere Bezahlung. Sie sind Akkordarbeiterinnen, den ganzen Tag auf Vollgas. Sie haben keine Rechte, dürfen nicht aufmucken und müssen alles so hinnehmen, wie es ihnen der deutsche, weiße Mann, ihr Chef, vorschreibt. Nour findet schließlich ihren Rückzugsort am Grab von Koyungözu, namentlich Stein Margarete. Eine junge Frau, die in den 1920er Jahren starb, aufgrund einer Lungenkrankheit, welche sie arbeitsbedingt niederrang. Doch Koyungözü ist wie ein Vorbild, denn sie kämpfte für die bessere Bezahlung von Frauen, für bessere Bedingungen am Arbeitsplatz. Und so fühlt Nour, dass auch sie und die Frauen sich auf die Füße stellen müssen, dafür kämpfen müssen, denn von nichts kommt nichts. Und so planen die Frauen einen Streik und stellen sich dem ausbeuterischen Gefüge in den Weg. „Der Ehemann kam am Morgen und habe für Birgit die Kündigung eingereicht. Sie müsse jetzt für die erkrankte Schwiegermutter und den Haushalt da sein. Seine Unterschrift wird vom Bürgerlichen Gesetzbuch der Bundesrepublik getragen, […]. Der Mann sei der Ernährer […]. Während die Frau für den Haushalt zu sorgen habe […].“ (S. 58) Wir lesen hier ein Stück Geschichte, welches mir wieder mal niemals im schulischen Kontext „gelernt/erzählt“ wurde. Wie auch von den chinesischen Arbeitsmigrantinnen in Amerika ist auch dieses Deutsche Stück Historie offensichtlich unter den Tisch gekehrt worden. Gün Tank @guen_tank hat zwei Erzählstränge miteinander verwoben und so pirscht sich die Geschichte langsam und heimlich an. Die Perspektive der Vergangen aus Sicht von Nour, die zweite aus der Gegenwart, mit der Stimme von Nour’s Tochter, Cebraili Su (mit dem 29.12 als bestes Geburtsdatum überhaupt ;-) ) Die Kapitel von Su starten immer mit „Heute, eingetaucht im Gestern“ und liefern eine alternative Sichtweise auf das Geschehene; die subjektive Wahrnehmung der Tochter. Über das Fortgehen aus der Heimat, über das Gefühl des Nicht-erwünscht-Seins, der schwierigen Sprachbedingungen und „nicht-verstehen-können“ bis hin zu verbalen Übergriffen und dem Heimweh nach ihren Eltern, dede und nene; überhaupt nach IHRER Heimat. Diese Rückblende unterstreicht Su mit den Geschichten aus der Heimat, von den Großeltern, den Cousins und Cousinen, den Träumen und was dies alles für ihre Mutter bedeutete. Der inneren und äußeren Rebellion ihrer Mutter, wie sie und ihre Freundinnen sich dem System entgegenstellten und Forderungen stellten, um in Deutschland gleich leben zu dürfen, wie andere. Das Buch hat mich auf eine Reise mitgenommen … eine lehrreiche Reise und mir viele Denkanstöße gegeben (ich würde Nour’s Vater gerne kennenlernen!!, er ist ein wunderbarer Mensch in diesem Buch). Ein nachdrücklicher Roman und ein feines Debüt mit einer großen Leseempfehlung von mir!