Die Nega-Tiefe

1930 in die Arbeitslosigkeit hinein geboren. Im Sinne einer christlichen Sekte erzogen. Den Krieg, die furchtbaren Bom-bennächte, die Tieffliegerattacken, die Hungerjahre danach heil überstanden. Persön-licher Besitz hatte keinerlei Stellen-wert. Verzicht wurde zur Tugend. Hilfsbereitschaft und Mitleid mit allem und jedem war immer die Basis für alles Schaffen. Bis endlich die Erkenntnis reifte, nur benutzt worden zu sein, waren schon viel zu viele Jahre meines Lebens ver-gangen. Jetzt mußte eine Anschauung gefunden werden an der ich mich wieder aufrichten, mit der ich leben konnte. Sie durfte auf keinen Fall mit der Vergangen oder einer Beste-henden etwas gemeinsam haben. Mein Bedarf daran war für dieses Leben gedeckt. Es kam also nur eine Definition unserer Realität in Frage, die vielleicht den Sinn unseres Daseins, in aller Schlichtheit und für jeden verständlich, etwas erhellen konnte. Diese An-schauung durfte nicht kommerzialisierbar sein und auch keine Mitglieder oder Anhänger haben, weil sonst gleich wieder Heilige, Propheten, Führer, Gottheiten und Auserwählte vom Obolus dieser Leute schmarotzen, und die Verehrung ihrer eigenen, wichtigen Person fordern konnten. Erst mit 70 fand ich endlich, wonach ich so lange gesucht hatte und womit ich nun auch befreit leben konnte. Auf dem Rhein-Main-Flughafen materialisiert vor den Augen zahlreicher Sonntags-Ausflügler unter spektakulä-ren Begleiterscheinungen eine gigantische, 60 Meter durchmessende, makellos schimmernde Perle. Sie ist das Transportmittel einer hochentwickelten, in den fernen Tiefen des Universums lebenden Zivilisation. Die Kommandantin will die Ursachen des UFO-Absturzes von 1947 in Rosswell aufzuklären. Sie erlebt gleich tief beeindruckt, wie ein junger Mann, er ist das Mobbing-Opfer seiner unbarmherzigen Arbeitskollegen, unter Androhung von Gewalt gezwungen wird, an dem fremden Raumfahrzeug anzuklopfen und es anzufassen. Als sie angewidert erkennt, daß diese gefühllosen Kre-aturen sogar hoffen, daß der von ihnen Schikanierte von einer im Schiff eingebauten Abwehreinrichtung starke Schmer-zen zugefügt bekommen soll, empfindet sie gro-ßes Mitleid mit dem Gepeinigten und läßt ihn in ihr Schiff eintreten. Im Gespräch mit ihm erfährt sie bestürzt und fassungslos, Einzelheiten über die sozialen, religiösen und politischen Verhältnisse auf der Erde, die nach ihrer Denkweise tadelnswert und schmarotzerhaft sind. Sie er-klärt ihrem aufmerksam und ungläubig zuhörenden Ge-sprächspartner wie diese Verhältnisse auf ihrem Heimat-planeten und auf den meisten von ihr besuchten Welten sind. Sie kommt zu dem Schluß, daß die Erde wohl der negativste Ort in diesem Universum ist. Zum Abschied schenkt sie ihrem Gast einen perlmutt-farbenen Overall mit erstaunlichen Eigen-schaften. Um diesen Schutzanzug in ihren Besitz zu bringen, bedienen sich östliche und westliche Geheimdienste derart rück-sichtsloser Methoden, welche die Meinung der Raum-schiffkommandantin sogar rechtfertigen.