Warum ich nicht im Netz bin

Warum ich nicht im Netz bin

Taschenbuch
3.73

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Beschreibung

»Schlimm ist es zu sehen, wie Geschichte entsteht.« Seit Sommer 2014 notiert Serhij Zhadan, was ihm auf seinen Reisen ins ostukrainische Kriegsgebiet widerfährt. Es sind lyrische Momentaufnahmen, die das Essentielle jäh aufscheinen lassen, Kürzestgeschichten über Menschen, die plötzlich auf zwei verfeindeten Seiten stehen oder nicht mehr wissen, wo sie hingehören und was aus ihnen werden soll. Wenige Strophen vermitteln etwas von der Tragödie Millionen Einzelner. In den lakonischen Versen ist die Bedeutung Brechts spürbar, dessen Lyrik Zhadan seit der ukrainischen Revolution übersetzt.
Haupt-Genre
Lyrik & Dramen
Sub-Genre
N/A
Format
Taschenbuch
Seitenzahl
180
Preis
16.50 €

Autorenbeschreibung

<p>Serhij Zhadan, 1974 im Gebiet Luhansk/Ostukraine geboren, studierte Germanistik, promovierte über den ukrainischen Futurismus und gehört seit 1991 zu den prägenden Figuren der jungen Szene in Charkiw. Er debütierte als 17-Jähriger und publizierte zwölf Gedichtbände und sieben Prosawerke. Für <em>Die Erfindung des Jazz im Donbass</em> wurde er mit dem Jan-Michalski-Literaturpreis und mit dem Brücke-Berlin-Preis 2014 ausgezeichnet (zusammen mit Juri Durkot und Sabine Stöhr). Die BBC kürte das Werk zum »Buch des Jahrzehnts«. Zhadan lebt in Charkiw.</p>

Beiträge

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Mit dem ersten Teil des Buches, dem Lyrischen, konnte Zhadan mich leider nicht so abholen. Der zweite Teil hat es dann umso mehr wieder herausgerissen. Auf einer kleinen Tournee tourt Zhadan , der nicht nur Schriftsteller sondern auch Musiker ist ab April 2014 u.a. durch die Ost- Ukraine und führt dabei über Städte , die er besucht und Menschen, auf die er trifft, ein wenig Tagebuch. Er unterhält sich in der Region Donbass sowohl etwas mit Separatisten als auch mit Freiwilligen Kämpfern, die für die Unabhängigkeit der Ukraine stehen. Zhadan spielt hierbei nicht mit unmenschlichen Kriegsgeschehen, sondern zeigt relativ objektiv und daher trotzdem sehr bewegend die Sinnlosigkeit und die Konsequenzen von kriegerischen Handlungen für die Menschen auf…. Egal auf welcher “Seite“ sie stehen. Vor allen Dingen, regt er dazu an, dass man sich Gedanken macht, was uns denn eint , statt nur danach zu schauen, was uns trennt….. „Unser Eifer kostet uns die Ruhe. Unsere Angst kostet uns die Freude. Unsere Verschlossenheit und die Weigerung, den anderen zu verstehen, kostet uns den Frieden. Wir werden uns voreinander fürchten,uns misstrauen,uns verdächtigen,uns bekämpfen,nicht zuhören,nicht reden. Und wir vergessen all das,was uns eint,all das, was uns glücklich machen und Liebe zu diesem Leben schenken soll.“

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Serhij Zhadan ist ein ukrainischer Dichter und Musiker, der in diesem Buch seine Gedanken und Erlebnisse in Bezug auf den Krieg verarbeitet. Neben Gedichten nutzt er auch die Form von Songtexten und Tagebucheinträgen. Die Gedichte in diesem Band wurden zwischen 2012 und 2016 verfasst und beziehen sich damit nicht auf die russische Invasion, die 2022 begann, sondern auf die Kriegsjahre davor. Natürlich sind die Texte aber dennoch sehr aktuell, da sich an dem Schrecken des Krieges nicht viel verändert hat. Zu den Gedichten, die den ersten Teil des Buchs ausmachen, habe ich leider nicht so den Zugang gefunden. Manche waren mir sprachlich und formell (Kreuzreim) zu simpel, teilweise zu erzwungen gereimt, und das obwohl der Inhalt so gewaltig ist. Das kann natürlich auch an der Übersetzung liegen - manche Sprachbilder ergeben vielleicht im Deutschen weniger Sinn oder sind im Original zu sperrig. Inhaltlich geht es u.a. häufig um Glauben und Unglauben im Krieg, um verlorene Städte und was von den übrigen Städten übrig bleibt. Leider wird recht viel diskriminierende Sprache reproduziert, in Bezug auf Antiziganismus, Ableismus und Fatshaming, was nicht weiter eingeordnet oder kommentiert wird (aber was will man da auch einordnen 🥴). Der zweite Teil, Zhadans 'Luhansker Tagebuch' vom Frühjahr 2014, hat mich hingegen mehr erreicht. Sehr deutlich werden die Ohnmachtsgefühle gegenüber dem Krieg und der Politik. Auch der Zwiespalt, den der Autor oder von ihm beschriebene Personen verspüren, wenn Freund*innen sich einem feindlichen Lager zuwenden, wird sehr nachvollziehbar geschildert. Jeder Akt, jede Freundschaft wird plötzlich politisch, dazu ist Tod und Zerstörung allgegenwärtig. Ich hätte mir gewünscht, dass dem Buch mehr Kontext zugesprochen wird, z.B. in Form eines Vor- oder Nachworts. So lässt es Lesende leider etwas in der Luft hängen und erfordert Vorwissen, das man sich anderswo holen muss, um die Texte einordnen zu können. Übersetzt von Claudia Dathe und Esther Kinsky CN: Krieg, Tod, Gewaltschilderungen, Ableismus, Antiziganismus, Z-Wort, Fatshaming

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