nichts, was uns passiert

nichts, was uns passiert

Hardcover
4.047
OpferSexuelle Gewalt#MetooSexismus

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Beschreibung

Leipzig. Sommer. Universität, Fußball-WM und Volksküche. Gute Freunde. Eine Geburtstagsfeier. Anna sagt, sie wurde vergewaltigt. Jonas sagt, es war einvernehmlicher Geschlechtsverkehr. Aussage steht gegen Aussage. Nach zwei Monaten nah an der Verzweiflung zeigt Anna Jonas schließlich an, doch im Freundeskreis hängt bald das Wort "Falschbeschuldigung" in der Luft. Jonas’ und Annas Glaubwürdigkeit und ihre Freundschaften werden aufs Spiel gesetzt. Der Roman »nichts, was uns passiert« thematisiert, welchen Einfluss eine Vergewaltigung auf Opfer, Täter und das Umfeld hat und wie eine Gesellschaft mit sexueller Gewalt umgeht.
Haupt-Genre
Romane
Sub-Genre
Weitere Themen
Format
Hardcover
Seitenzahl
170
Preis
19.60 €

Beiträge

11
Alle
4

Sehr wichtiges Thema! CN: sexualisierte Gewalt, Vergewaltigung

Den Schreibstil bzw die Erzählperspektive fand ich recht holzig. Die Erfahrungen, die Anna (Protagonistin) nach der Vergewaltigung gemacht hat, finde ich teilweise nachvollziehbar und realistisch. Ebenso die Reaktionen des gesamten sozialen Umfelds - insbesondere der Leute, die weder Anna noch Jonas (den Gewalttäter) kannten. Die Erzählung um Jonas finde ich sehr gut, da sich hier sehr stark Vergewaltigungsmythen abzeichnen. Dennoch find ich es schade, dass mit der Beschreibung von Annas Umgang mit den Folgen das stereotype Bild von (Vergewaltigungsopfern), deren Leben zerstört wurde, reproduzieren. Wobei die Darstellung des juristischen Umgangs das auch sehr gut stärkt und aufzeigt, auf wie vielen Ebenen beschissen es Betroffenen geht.

4

Kein leichter Roman, will er aber auch nicht sein. Position beziehen darf man schön selber. Beim Thema Vergewaltigung glaube ich immer erstmal der Frau, hier also Anna, die Gesellschaft tut es so selten. Trotzdem hat das nichts mit kompletter Dämonisierung des Mannes zu tun. Zumindest nicht in dieser Geschichte, denn Jonas ist für mich kein komplettes Arschloch. Wie so oft ist das viel Ungesagtes, viel Nicht-darüber-reden. Durch die Form einer außenstehenden Person, die nicht greifbar wird, aber alle Beteiligten zu befragen scheint, zeigt sich, dass hier alle eine Meinung haben (wollen). Was im Umfeld, in der kleinen Welt Leipzigs geschieht, wer wie darüber denkt, erhält viel Raum. Das passt auch sehr gut, ist es doch so realistisch. Niemand war dabei, aber alle sagen was dazu. Ein paar ambivalente Figuren gibt es auch. So ist jede Position irgendwie vertreten, ohne dass ich beim Lesen den Eindruck hatte, diese würden abgehakt. • Insgesamt von mir auf jeden Fall eine Leseempfehlung. 😊

Post image
5

Ein tolles, wichtiges, spannendes, beklemmendes Buch. Die Geschichte entwickelt einen Sog und lässt einen atemlos, erschüttert zurück. Ich ahne, dass sie mich noch länger nicht ganz loslassen wird.

4.5

Ich mochte den Schreibstil sehr

Leipzig im Sommer 2014. Anna sagt, sie wurde in der Nacht vergewaltigt. Jonas sagt, sie waren beide betrunken und hatten einvernehmlich Sex. Hannes macht sich Vorwürfe, die beiden zusammengebracht zu haben. Daria macht sich Sorgen um ihre Schwester. Lisa kann nicht glauben, dass ihr Ex sowas gemacht haben soll. … Die Erzählerin hat offenbar alle Beteiligten interviewt und gibt aus wechselnden Perspektiven die Geschehnisse in chronologischer Reihenfolge wieder. Hört sich jetzt ziemlich sachlich an, fand ich aber sehr angenehm zu lesen. Es geht nicht nur um das Kennenlernen von Anna und Jonas und die besagte Nacht, sondern vor allem auch um das Danach: Was passiert mit dem Umfeld der beiden, an der Uni und darüber hinaus - wer mischt sich ein, wer bezieht Stellung? Das Buch ließ sich recht schnell runterlesen, wirkt aber inhaltlich lange nach und ich mache mir immer noch Gedanken über die emotionalen, sozialen, ethischen und juristischen Aspekte, die im Laufe der Erzählung angesprochen werden.

4

Es braucht etwas Zeit um mit der Interviewform zurecht zu kommen. Dadurch liest es sich leider nicht so flüssig. Trotzdem ist die Geschichte sehr wachrüttelnd und eine traurige Wahrheit dazu.

4

Wichtiges Thema, klug aufbereitet, hat mich durch den nüchternen Stil emotional nicht ganz erreicht.

2

Leider irgendwie recht unbefriedigend. der Vorwurf der Lüge steht dauerhaft im Raum auch wenn keine Partei ergriffen wird. Habe mir einfach mehr davon erhofft.

5

Alles ganz einfach. Ganz offensichtlich. Eine Frau beschuldigt einen Mann der Vergewaltigung, er streitet den Vorwurf ab. Einer lügt, einer sagt die Wahrheit. Kein Raum für Grauzonen. Gar nicht einfach. Kein bisschen offensichtlich. Es war (viel) Alkohol im Spiel, beide hatten zu einem früheren Zeitpunkt einvernehmlichen Sex. Und keiner von beiden lügt. Bettina Wilpert nähert sich der Problematik feinfühlig, ohne dem Leser ein Urteil aufzuzwingen. Das Buch gibt Annas Perspektive genauso viel Raum wie Jonas’ Perspektive. Ihre Stimme wertfrei zuzulassen, schmälert nicht seine Wahrnehmung des Geschehens, und umgekehrt. Zwei Wahrheiten mit nur wenig Überschneidung, und dennoch sind beide Wahrheiten subjektiv gesehen valide und unumstößlich. Auch im Zeitalter von #metoo ist das Thema nicht weniger schwierig. Vergewaltigung als schwarz-weißes Narrativ funktioniert hier nicht, würde weder Anna noch Jonas gerecht werden. Beide werden großartig charakterisiert, komplex und glaubhaft, und entziehen sich daher jeglicher Simplifizierung. Nachdem Anna Jonas anzeigt, bekommt das Geschehen eine Eigendynamik, die beide schädigt und traumatisiert. Anna muss jedoch mit einer mehrfachen Belastung leben – sie wurde vergewaltigt, auch wenn Jonas das ehrlich nicht so empfindet, und muss sich dafür immer wieder rechtfertigen. Victim Shaming, wie es im echten Leben leider dauernd passiert. Denn das Urteil fällen die anderen. Es gibt die Verurteiler, die Jonas in die Rolle des Monsters drängen oder Anna in die Rolle der hinterhältigen Fehl-Anschuldigerin. Es gibt die Unterstützer, die ihre Unterstützung geradezu aggressiv aufdrängen. Das Umfeld ergreift Partei, ohne darum gebeten worden zu sein. Der Schreibstil passt perfekt zur Geschichte: er ist subtil, unaufgeregt, eher schlicht und schnörkellos, und dennoch kann man die Emotionen der Charaktere gut nachvollziehen. Ein namenloser Erzähler tauscht sich in Gesprächen mit den direkt oder indirekt beteiligten Personen aus. Es gibt viele Blickwinkel, viele Stimmen, die hadern, zweifeln, nach einem Sinn suchen – und das Geschehene doch oft nur zur Unterstreichung der eigenen Meinung instrumentalisieren. FAZIT Bettina Wilpert schildert in ihrem Roman die Geschichte einer Vergewaltigung, bei der sich der Täter keiner Schuld bewusst ist. Aber macht das für das Opfer und sein erlittenes Trauma einen Unterschied? Als Anna Jonas bei der Polizei anzeigt, beginnt für beide ein Spießrutenlauf. Im Zeitalter von #metoo verändert sich nach und nach das öffentliche Bewusstsein, was das Thema Vergewaltigung und die damit einhergehenden Problematiken angeht. Dennoch ist dieser Prozess noch lange nicht abgeschlossen, und deswegen sind Bücher wie dieses immer noch wichtig. Dabei verzichtet die Autorin auf plumpe Schwarzweißmalerei. Komplexe Konzepte wie Schuld oder Unschuld, Wahrheit oder Lüge bleiben manchmal fließend, und dennoch wird nichts verharmlost. Diese Rezension erschien zunächst auf meinem Buchblog: https://wordpress.mikkaliest.de/rezension-bettina-wilpert-nichts-was-uns-passiert/

5

Mit einem "dass" wird hier jede Nacherzählung eingeleitet. Die fikitve (?) Erzählerin kennt nämlich die Protagonist*innen persönlich und ließ sich die Geschehnisse nacherzählen, als würde ein "X berichtet, dass..." davor nur fehlen. Aber wie stilsicher, dieses wegzulassen, stattdessen den Satz mit dem unvermittelten "Dass..." beginnen zu lassen! Stilsicher ist das ganze Buch. Noch viel beeindruckender: Wie genau und nachvollziehbar die Psychologie in diesem kurzen und schnell lesbaren Roman funktioniert: Jede einzelne Handlung, jedes Verhalten ist erschreckenderweise genau nachvollziehbar und real vorstellbar. Erschreckenderweise, weil es hier um eine Vergewaltigung geht. Je nach Leser*innenperspektive qua Geschlechtszugehörigkeit könnte aber auch die Angst, auch Opfer oder Täter zu werden, dazukommen, oder Verteidiger*in. Die ganze Palette von Verhaltensweise in einer Welt, in der solche Dinge passieren, aber "uns" natürlich nicht, wird einem geboten: Das leipziger Studierendenmilieu zwischen Bibliothek in der Albertina und Fußball-WM-live-schauen-doof-finden-aber-es-doch-machen, Partys, Spätis, die morgens nicht früh genug öffnen, pseudointellektuellen Gesprächen und sinnlosem Studieren. Die Protagonistin lernt über einen Freund dessen Kumpel kennen, sie schlafen miteinander, später im Jahr wird des Freundes Geburtstag gefeiert, sie sind beide sehr betrunken, der Freundeskumpel will mit ihr schlafen, sie will es nicht, wehrt sich (hat aber nicht sehr viel Körperkraft), er tut es trotzdem. Ihm kommt es nicht wie eine Vergewaltigung vor. Sie schreibt ihm paralysiert ein paar Mal unverfängliche Nachrichten und vergisst, dies der Polizei zu sagen, als sie sich außerdem erst drei Monate später die Anklage einreicht. Körperliche Spuren sind nicht nachweisbar, sagt zumindest die unsensible Polizei, wobei man Hämatome an den Handgelenken eventuell hätte feststellen können. Sie meldet sich überhaupt erst so spät, weil sie nach der Tat in ein Loch fällt, unglaublich leidet und gar nichts mehr tun kann, kaum noch ihr Zimmer verlassen. Auch hier, wie psychologisch genau, dass sich die Mitbewohnerin schon irgendwie Sorgen macht, aber dann auch nichts tut, weil man ja eben nur miteinander wohnt, und überhaupt. Der Freund ahnt die ganze Zeit Schlimmes, mehrmals wird impliziert, dass er ihr glaubt, und trotzdem rutscht ihm in dem Gespräch, als sie ihm von den Taten seines Kumpels erzählt, ein: Vielleicht hat er es nicht so gemeint. Bist Du Dir sicher, dass Du Dich genau erinnerst?, heraus - worauf sie den Kontakt abbricht, was ja für die Freundschaft sehr traurig ist. Andere - unter anderem die Eltern - können sich von dem netten Protagonisten eine solche Tat gar nicht vorstellen - es ist ja nichts, was uns passiert. Dieser selbst erlebt einen Schock, weil die Polizei die Vernehmung früh morgens stattfinden lässt. Er verliert seine Promovierendenstelle und darf nicht mehr in einer linken Initiative mitmachen, als die Vorwürfe bekannt werden. Er fühlt sich ungerecht behandelt. Die Protagonistin wollte natürlich nicht sein Leben zerstören, sie wollte vor allem juristische Folgen und, dass er es einfach zugibt, getan zu haben (sich vielleicht sogar entschuldigt). Genau das passiert aber verzweifelnderweise nicht, Beweise fehlen, und er gibt es (vor allem ihr gegenüber) gar nicht zu. Stattdessen meldet sich eine Gruppe von Studentinnen, die ihren Fall zum Politikum machen und ihr außerdem heuchlerisch Unterstützung feilbieten wollen. Auch die in Leipzig wohnende Familie mit einer sie in dem Fall unglaublich stark stützenden Schwester (die ihr auch die Klage nahelegt) wird beschrieben, die eine Migrationsgeschichte aus der Ukraine hat. Er hingegen ist ein Literaturstudent, der sich mehr oder weniger auf ukrainische Literatur spezialisert hat. Beide mögen - leider - Katja Petrowskaja nicht, die einzige Autorin, die ich kenne, die einen Ukrainehintergrund hat, und diese Meinung kann ich nicht nachvollziehen. Davon unabhängig ein sehr gutes Buch (sogar Debüt).

5

Es verdeutlicht intensiv und nachhallend, wie eine solche Situation in unserer Gesellschaft vonstatten geht. Dabei tut es weh. Und es ist gut so.

Es verdeutlicht intensiv und nachhallend, wie eine solche Situation in unserer Gesellschaft vonstatten geht. Dabei tut es weh. Und es ist gut so.
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