Melnitz

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5

Jüdisches Leben in der Schweiz im Laufe der Jahrhunderte, voller einprägsamer Charaktere, Witz, Tragik - große Empfehlung!

Was für ein üppiger, virtuos erzählter, facettenreicher Roman! Warum er "Melnitz" heißt, obwohl es doch um Familie Meijer geht, wird schon ersichtlich, als Onkel Melnitz - sarkastisch, mahnend, aufdringlich - das erste Mal in Erscheinung tritt, und klärt sich spätestens im spannenden Nachwort von Lewinsky gänzlich. Im Laufe der Geschichte gewährt der Autor uns Einblicke in eine jüdische Familiengeschichte in der Schweiz. Mehr als ein Jahrhundert begleiten wir die Meijers und erfahren anhand ihrer Geschichte(n) auch, wie es sich zwischen 1871 und 1937 als jüdische Menschen in der Schweiz lebte, welche Ressentiments auch hier herrschten und welche Rolle die Schweiz schließlich während der NS-Zeit (nicht) spielte. In den personalen Erzählformen kommt man den Figuren so nahe, dass eine Verwechslungsgefahr auch bei zunehmendem Personal nicht besteht - was nicht nur daran liegen dürfte, dass der Fokus des Erzählten stets zur im Mittelpunkt stehenden Figur passt, sondern auch daran, dass sie meist Eigenheiten im Ausdruck haben. Besonders spannend fand ich die (im Anhang in einem Glossar zusammengefassten, sich aber im Erzählfluss stets selbst erklärenden) jiddischen Einschübe. Nicht spoilern sollte man sich durch ein genaues Studium des (ebenfalls im Anhang befindlichen) Familienstammbaums - aber wenn man am Ende angelangt ist, lässt er einen in Erinnerungen an all die besonderen Figuren schwelgen. Zwei Monate las ich an diesem Werk und das hatte manche Gründe - eine mangelnde Güte des Erzählten gehörte jedoch nicht dazu. Im Gegenteil: Trotz (oder wegen?) dieser langen Lesedauer bin ich nicht erleichtert, fertig zu sein, sondern wehmütig. Ich werde sie alle vermissen, vom Viehhändler Salomon, mit dem alles begann, über dessen feine Tochter Mimi und pragmatische Ziehtochter Chanele, über deren Kinder - darunter der aufstrebende François und der sensible Arthur - bis hin zu seinen Enkeln - etwa die Zwillinge Lea und Rachel - bis hin zum Urenkel Hillel, der große Pläne schmiedet. Es war wirklich grandios und ein bisschen wie eine lieb gewonnene Serie, bei deren letzter Folge der Abschiedsschmerz einsetzt. Große Empfehlung!

5

Großartige Familiengeschichte „Immer, wenn er gestorben war, kam er wieder zurück.“ (S. 11) Die Bedeutung dieses Einleitungssatzes, der in der Geschichte öfter wiederholt wird, erschließt sich den Leserinnen und Lesern von „Melnitz“ des Schweizer Autors Charles Lewinsky erst im Lauf der Lektüre. Für mich steht „Onkel Melnitz“ stellvertretend für all die Gräueltaten gegenüber den Juden im Laufe ihrer mehr als 4000-jährigen Geschichte. Er ist das Allwissen, dass seine Familie mit Witz und Verstand im Laufe von knapp acht Jahrzehnten immer wieder „aufsucht“, um sie auf (jüdische) Traditionen, auf Fehler in ihrer Denkweise usw. hinweist. Die Familie Meijer will eigentlich nur ein ruhiges (jüdisches) Leben in der Schweiz führen. Doch immer wieder treffen sie auf Spuren des tief verwurzelten Antisemitismus der Eidgenossen, die an den Haaren herbeigezogenen Lügen die über die Juden im Umlauf sind und die damit einhergehende „Stimmungsmache“. Auch die ach so neutrale und „weltoffene“ Schweiz wimmelt so von Antisemiten. Erbärmlich… In mehreren zeitlich voneinander getrennten Abschnitten bekommt die Leserschaft einen umfassenden Überblick über 5 Generationen der Familie Meijer; jede Generation mit ihren eigenen Traditionen, Marotten, Eigenarten und Fehlern ausgestattet. Ja, Lewinsky hat keine „perfekte“ Familienidylle erschaffen, sondern beschreibt schlicht und ergreifend das L E B E N. Eingebettet darin immer Ereignisse der jüngeren Geschichte und ihre Auswirkungen auf das jüdische Volk. Manches hat man schon mal irgendwie gehört oder gelesen, manches war mir aber auch neu und hat mich dank der Leserunde auch zu neuer Lektüre gebracht. Auf über 900 Seiten entwirft Charles Lewinsky eine grandiose (Familien-)Geschichte, die kaum Längen aufweist und von der ersten bis zur letzten Seite zu begeistern weiß. Immer wieder blitzt der knochentrockene Humor des Autors durch und am Ende will man als Leser eigentlich gar nicht in die „Welt“ entlassen werden, sondern noch bei Salomon, Golde, Pinchas usw. bleiben und ihre Traditionen pflegen oder auch darüber diskutieren. Mit einem umfassenden (9 Seiten) Glossar mit jüdischen Begriffen endet ein Buch, das für mich zu den absoluten Highlights in diesem Jahr zählt und welches einen Ehrenplatz in meiner Bibliothek bekommt, um es spätestens im (Un-)Ruhestand wieder zu lesen *g*. Meisterhafte 5* und absolute Leseempfehlung! ©kingofmusic

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