Lincoln in the Bardo: A Novel
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Beschreibung
Beiträge
Mr. und Mrs. Lincoln, das Präsidentenehepaar geben einen Empfang, doch mit dem Herzen sind sie bei ihrem Sohn, der mit dem Tode ringt. Der kleine Willi stirbt und wird zu Grabe getragen, aber seine Seele ist im Zwischenreich im Bardo. Zusammen mit anderen Einwohnern des Friedhofs, versucht er seinem Vater noch einmal nahe zu sein. Dabei lernen alle was es heißt zusammenzuhalten, uneigennützig zu sein und einige wagen sogar den entgültigen Schritt ins Jenseits. Ich weiß nicht ob ich dieses Buch gelesen hätte, hätte ich gewusst was mich erwartet. Zunächst hielt ich den Schreibstil für eine Einleitung, beim Durchblättern stellte ich jedoch fest, dass das ganze Buch aufgebaut ist, wie das Notizbuch eines Autors für Recherchezwecke. Es waren Zitationen (reale und fiktive), kurze episodenhafte Einblicke in das Gemüt der handelnden Personen/Geister und dann wieder Theaterstückähnliche Dialoge. Sozusagen ein dekompositionierter Roman. Das allein war schon schwierig zu lesen, aber dann waren die Figuren mitunter auch noch so unsympathisch, ja geradezu grotesk, dass der Lesespaß sich für mich in Grenzen hielt. Der Leser bekommt zwar einen kleinen Einblick in die Gemütsverfassung des großen Präsidenten, aber irgendwie war es dann doch unbefriedigend. Generell kommen so viele einzelne Personen/Geister mit ihrer Geschichte zu Wort, dass ich zu keinem davon eine richtige Bindung eingehen konnte. Das was ich mich bis heute frage und vielleicht ist es gut, dass der Autor dazu keine Stellung bezieht, ist was der Priester so schlimmes in seinem Leben getan hat, um die Hölle zu verdienen, nach seinem Tod. Die einzige Figur, die mich weiterlesen ließ war William Lincoln, der seinen Vater vermisst und nicht versteht, wie er auf dem Friedhof landen konnte. Die Versteinerung des kleinen Geisterkörpers habe ich auch nicht so recht einordnen können. Generell blieben viele Fragen, die sich mir während des Lesens stellten unbeantwortet. „Lincoln in the Bardo“ ist eine meiner ungewöhnlichsten Leseerfahrungen und ich bereue sie nicht, nur hat mich die Geschichte einfach kalt gelassen. Aber hin und wieder muss man mal kleine Experimente wagen. Einfach mal über den Tellerrand hinausschauen
Wow - das beschreibt die Lektüre von "Lincoln in the Bardo" wohl am besten. Auch wenn es ein äusserst triviales Wort für ein solch literarisches Werk ist. Dennoch kam ich nicht umhin, während des Lesens immer wieder "Wow" zu denken und erst jetzt nachdem ich das Buch beendet habe. Aber dieses Wow ist hart erarbeitet. Anfangs dachte ich mehrfach daran, diesen Titel abzubrechen. Denn es ist ein eigenwilliges Buch, das ebenso daherkommt. Lange wusste ich nicht, wo ich mich befand, wer mir was warum erzählt und wo die Handlung ist. Denn das Besondere an "Lincoln in the Bardo", neben dem mysteriösen und leicht gruseligen Schauplatz, ist die Erzählweise. Normalerweise verfügt jedes Buch über einen Erzähler. Sei es nun ein Ich-Erzähler oder ein sogenannter "Erzähler-Erzähler" oder gar einen auktorialen Erzähler. Jemand ist da, der zu uns spricht. Nur im Drama gibt es keinen Erzähler. Und bei Saunders. Der streicht kurzerhand den Erzähler, führt dafür aber eine Unmenge an Charakteren ein, die berichten. Ähnlich wie bei einem Drama, nur anders. Da werden Textstücke zusammengetragen, Biographien zitiert, Leute befragt, Briefe gezeigt... Das wirkt auf den ersten Blick alles sehr chaotisch und wirr. Ich zumindest musste mich erst einmal daran gewöhnen. Dazu kommt der eben schon erwähnte Schauplatz, eine Zwischenwelt, in der alles irgendwie anders funktioniert. Da kommen Figuren mit mehreren Ärmen und Augen daher, manche wachsen, während sie reden und weitere Kuriositäten. Diese aber spiegeln das Leben wider, das die jeweilige Figur geführt hat und sie noch immer verfolgt. Es ist ein Teufelskreis in dem diese Geister oder Gespenster gefangen sind, erst als Willie auftaucht, scheint sich etwas zu ändern. Saunders berührt das Thema von Leben und Sterben auf eine neue, sehr kreative Art und Weise. Er ist dabei poetisch und einfühlsam. Vor dem Hintergrund des Bürgerkrieges in Amerika, von dem wir auch einiges mitbekommen, entspinnt sich so eine Handlung, aus mehreren Blickwinkeln erzählt, emotional aufwühlend und besonders. Es werden auch noch andere Themen der damaligen Gesellschaft angesprochen, die aber noch immer aktuell sind. Homosexualität, unerfüllte Lebensträume, Sklaverei/Rassismus... Aufgrund der vielen verschiedenen Personen, die uns alle ihren Teil erzählen, wirkt dieses Gerüst weder erzwungen, noch überfüllt oder gar besserwisserisch. Dies beweist, welches Geschick Saunders beim Aufbau dieses Romanes bewiesen hat. Jede Figur hat auch ihre ganz eigene Sprache, die Stand, Bildungsniveau und Herkunft widerspiegelt. Dies und der fordernde Aufbau des Buches führen dazu, dass "Lincoln in the Bardo" nicht einfach zu lesen ist. Ich gebe zu, ich habe nicht alles verstanden oder mitbekommen. Für Anfänger in der englischen Sprache ist es deshalb nicht empfehlenswert, hier würde ich sagen, lohnt es sich, auf die deutsche Übersetzung zu warten. Ein Buch, das fordert und einem als Leser etwas abverlangt; einen aber auch mit einer Tiefgründigkeit belohnt, die man oftmals vergeblich sucht. Auf jeden Fall ist es ein Titel wie kaum ein anderer und meiner Ansicht nach hat es den Man Booker Price redlich verdient.
Too late today to review - but it was good
Very emotional about this but it was very good.
3.5 stars Washington im Februar 1862: Willie, der Sohn des Präsidenten der Vereinigten Staaten Abraham Lincoln verstirbt im Alter von 11 Jahren an Typhus. Der Präsident und seine Frau sind untröstlich. Mehrfach begibt Lincoln sich auf den Friedhof, um den kleinen Jungen noch einmal in den Armen zu halten. Doch er ist nicht allein auf dem Friedhof. Die Seelen zahlreicher Verstorbener bewohnen den Friedhof. Sie befinden sich im Bardo, der nach tibetisch-buddhistischer Vorstellung eine Zwischenexistenz zwischen Diesseits und Jenseits darstellt. Sie ahnen im Innersten, dass sie tot sind, weigern sich jedoch, dies anzuerkennen. Als die Seele des kleinen Willie im Bardo eintrifft, beratschlagen sie, was sie für ihn tun können. Für mich war George Saunders‘ erster Roman auch die erste Lektüre dieses Autors, daher war ich nicht mit seinem experimentellen Stil vertraut. Ich hatte jedoch in einigen Rezensionen gelesen, dass es sich hier um ein höchst ungewöhnliches Werk handelt. Tatsächlich war ich gleich auf der ersten Seite verwirrt: Wer ist denn hier der Erzähler? Irgendwann taucht der Name „hans vollmann“ auf. Die Suchmaschine führte mich zu einem Artikel im New Yorker, in dem das Konzept des Buches erläutert wird. Nach der Lektüre dieses Artikels fand ich mich in dem Buch zurecht. Hans Vollmann ist einer der Verstorbenen, die auf dem Oak Hill Cemetery in Washington im Bardo verweilen. Diese Verstorbenen sind die Erzähler des Romans, ähnlich wie in einem Drama kommen sie abwechselnd zu Wort und wer gerade sprach, wird hinter der jeweiligen Passage angegeben. Diese Kapitel erinnern daher an ein Drama, ja, an ein altgriechisches Drama, denn die Stimmen ergeben zusammen einen Chor. (Von selbst bin ich darauf ehrlich gesagt nicht gekommen, bei diesem Buch lohnt es sich, im Netz ein wenig die Hintergründe zu recherchieren.) Unterbrochen wird der Chor durch Kapitel, in denen Auszüge aus (fiktiven?) historischen Zeugnissen Lincoln und seine Familie sowie die Krankheit und den Tod des Kindes beschreiben. Erstaunt war ich, auch in diesem Buch wieder auf das Thema der unzuverlässigen Geschichtsschreibung zu stoßen. So wird die Mondphase in der Nacht von Willies Tod einmal als Halbmond, mal als Neumond, mal als Vollmond beschrieben. Auch die Aussagen zum Äußeren von Abraham Lincoln widersprechen sich drastisch, was zeigt, wie stark geschichtliche Zeugnisse von der individuellen Wahrnehmung abhängen. Die Themen, die Lincolns Leben bestimmten, kommen durch den Chor zur Sprache: die sehr rührend beschriebene Trauer des Präsidenten, der Bürgerkrieg, die Tatsache, dass viele Bürger es Lincoln sehr übel nahmen, dass er ihre Söhne wegen Sklaven in den Tod schickte und natürlich auch die Sklaverei selbst. Interessant ist, dass einer der Schwarzen im Chor die eloquenteste Sprache aufweist. Die Struktur des Romans macht ihn besonders interessant, die Sprache ist wunderbar und der immer wieder aufblitzende Humor von George Saunders, der sich vor allem in der Weigerung der Seelen äußert, ihren Tod zu akzeptieren, gefiel mir sehr. Nach einer Weile wurde das Lesen jedoch ermüdend für mich, die Begeisterung und der Lesegenuss ließen nach. Obwohl die Seiten nicht eng beschrieben und das Buch daher nicht sehr umfangreich ist, war ich froh, als ich das Ende erreicht hatte. Mein Fazit ist, dass das Buch wahnsinnig interessant gemacht und sprachlich meisterhaft geschrieben ist, jedoch nur begrenzt zugängig. Aufgrund dieser mangelnden Zugänglichkeit sehe ich das Buch durchaus auf der Shortlist, aber nicht unbedingt als Sieger. P.S.: Die Hörbuchadaptation des Romans scheint sehr interessant zu sein, da ein ganzes Ensemble von Schauspielern die Rolle des Chors übernimmt.
George Saunders „Lincoln in the bardo“ ist anders als die von mir gewohnten Romane. Er schreibt klar und strukturiert, was auch ein Genuss ist. Es ist verständlich und in vielen Stellen auch melodisch. Dennoch hat es mich überrascht, das keine wörtliche Rede vorkommt. Kenntlich gemacht, wer spricht, wird nicht durch die von mir geliebten Anführungszeichen, sondern durch die Namensnennung am Ende des Satzes. Somit hat „Lincoln in the bardo“ den Stil eines Theaterstücks. Aber nicht nur dies ist ungewöhnlich, sondern auch die &-Zeichen, die immer wieder anstatt das ausgeschriebene Wort vorkommen. So etwas irritiert mich und ich werte es unter künstlerische Freiheit. Ein stückweit überlege ich mir immer noch wohin die künstlerische Leistung von George Saunders liegt, denn ein Buch soll nicht nur kurios aufgemacht sein, sondern auch für mich in meinen Augen einen Mehrwert haben. Worauf ich hinaus will ist, dass neben den Theaterstückelementen, noch viele Zitate angefügt werden, die ganze Kapitel ausmachen und damit den Großteil der Handlung ausmachen. So hatte stellenweise, das Gefühl, eine wissenschaftliche Biographie zu lesen, anstatt einen Roman. So hat „Lincoln in the bardo“ für mich keine richtige Gattungszuordnung. Er ist etwas Theaterstück, dann Sachbuch, wobei es wirklich eine Aneinanderreihung der Zitate ist. Die literarische Leistung von George Saunders sehe ich im Theaterstückelement, welches wirklich gelungen ist. Darin beschreibt er die Zwischenwelt, der Übergang zwischen Leben und Tod. Dieser Teil ist melodisch und man erlebt mit wie William Lincoln, der Sohn von Abraham Lincoln, in die Zwischenwelt übergeht. Dieser Teil ist tiefsinnig und auch traurig, wenn die Geister von ihrem früheren Leben und dann von ihrem Leben in der Zwischenwelt erzählen, und weshalb sie noch nicht in die andere Welt übergegangen sind. Ich musste öfters schlucken. Das waren dann die Moment, in denen mich das Buch überzeugt hat. Tja, und dann kam wieder ein Wechsel. Die beiden Stilelemente wechseln sich immer ab. Wenn man gerade glaubt, noch eine Weile in der Zwischenwelt verbleiben zu können und Williams weiteren Weg mit Rückblicken auf sein junges kurzes Leben zu verfolgen, wechselt schon wieder der Stil. Dann wird es wieder sachlich und ich erfahre, wie Abraham Lincoln mit dem Tod seines geliebten Sohnes umgeht und trauert. Das wird leider durch den Sachbuchstil sehr distanziert geschrieben und hat mich zwar neugierig gemacht und ich habe es auch sehr interessiert gelesen, aber es hat mich nicht so mitgenommen auf die literarische Reise wie die Zeit in der Zwischenwelt. Zusammengenommen liegt in meinen Augen, die literarische Leistung in der Verknüpfung von zwei Gattungselementen zu einem Roman. Wer sich auf abrupte Wechsel einstellen kann und dies auch mag, sich ebenso für Abraham Lincoln interessiert, demjenigen kann ich das Buch empfehlen. Wer glaubt einen Roman zu lesen, der im Erzählstil gehalten ist, dem muss ich allerdings abraten das Buch zu erwerben, denn dann folgt eine Enttäuschung. Fazit Enttäuscht hat mich „Lincoln in the bardo“ nicht, aber es hat mich auch nicht so beeindruckt, wie ich es erwartet hätte, wenn es für einen so wichtigen Literaturpreis nominiert wird und ihn schließlich auch bekommt.
Beschreibung
Beiträge
Mr. und Mrs. Lincoln, das Präsidentenehepaar geben einen Empfang, doch mit dem Herzen sind sie bei ihrem Sohn, der mit dem Tode ringt. Der kleine Willi stirbt und wird zu Grabe getragen, aber seine Seele ist im Zwischenreich im Bardo. Zusammen mit anderen Einwohnern des Friedhofs, versucht er seinem Vater noch einmal nahe zu sein. Dabei lernen alle was es heißt zusammenzuhalten, uneigennützig zu sein und einige wagen sogar den entgültigen Schritt ins Jenseits. Ich weiß nicht ob ich dieses Buch gelesen hätte, hätte ich gewusst was mich erwartet. Zunächst hielt ich den Schreibstil für eine Einleitung, beim Durchblättern stellte ich jedoch fest, dass das ganze Buch aufgebaut ist, wie das Notizbuch eines Autors für Recherchezwecke. Es waren Zitationen (reale und fiktive), kurze episodenhafte Einblicke in das Gemüt der handelnden Personen/Geister und dann wieder Theaterstückähnliche Dialoge. Sozusagen ein dekompositionierter Roman. Das allein war schon schwierig zu lesen, aber dann waren die Figuren mitunter auch noch so unsympathisch, ja geradezu grotesk, dass der Lesespaß sich für mich in Grenzen hielt. Der Leser bekommt zwar einen kleinen Einblick in die Gemütsverfassung des großen Präsidenten, aber irgendwie war es dann doch unbefriedigend. Generell kommen so viele einzelne Personen/Geister mit ihrer Geschichte zu Wort, dass ich zu keinem davon eine richtige Bindung eingehen konnte. Das was ich mich bis heute frage und vielleicht ist es gut, dass der Autor dazu keine Stellung bezieht, ist was der Priester so schlimmes in seinem Leben getan hat, um die Hölle zu verdienen, nach seinem Tod. Die einzige Figur, die mich weiterlesen ließ war William Lincoln, der seinen Vater vermisst und nicht versteht, wie er auf dem Friedhof landen konnte. Die Versteinerung des kleinen Geisterkörpers habe ich auch nicht so recht einordnen können. Generell blieben viele Fragen, die sich mir während des Lesens stellten unbeantwortet. „Lincoln in the Bardo“ ist eine meiner ungewöhnlichsten Leseerfahrungen und ich bereue sie nicht, nur hat mich die Geschichte einfach kalt gelassen. Aber hin und wieder muss man mal kleine Experimente wagen. Einfach mal über den Tellerrand hinausschauen
Wow - das beschreibt die Lektüre von "Lincoln in the Bardo" wohl am besten. Auch wenn es ein äusserst triviales Wort für ein solch literarisches Werk ist. Dennoch kam ich nicht umhin, während des Lesens immer wieder "Wow" zu denken und erst jetzt nachdem ich das Buch beendet habe. Aber dieses Wow ist hart erarbeitet. Anfangs dachte ich mehrfach daran, diesen Titel abzubrechen. Denn es ist ein eigenwilliges Buch, das ebenso daherkommt. Lange wusste ich nicht, wo ich mich befand, wer mir was warum erzählt und wo die Handlung ist. Denn das Besondere an "Lincoln in the Bardo", neben dem mysteriösen und leicht gruseligen Schauplatz, ist die Erzählweise. Normalerweise verfügt jedes Buch über einen Erzähler. Sei es nun ein Ich-Erzähler oder ein sogenannter "Erzähler-Erzähler" oder gar einen auktorialen Erzähler. Jemand ist da, der zu uns spricht. Nur im Drama gibt es keinen Erzähler. Und bei Saunders. Der streicht kurzerhand den Erzähler, führt dafür aber eine Unmenge an Charakteren ein, die berichten. Ähnlich wie bei einem Drama, nur anders. Da werden Textstücke zusammengetragen, Biographien zitiert, Leute befragt, Briefe gezeigt... Das wirkt auf den ersten Blick alles sehr chaotisch und wirr. Ich zumindest musste mich erst einmal daran gewöhnen. Dazu kommt der eben schon erwähnte Schauplatz, eine Zwischenwelt, in der alles irgendwie anders funktioniert. Da kommen Figuren mit mehreren Ärmen und Augen daher, manche wachsen, während sie reden und weitere Kuriositäten. Diese aber spiegeln das Leben wider, das die jeweilige Figur geführt hat und sie noch immer verfolgt. Es ist ein Teufelskreis in dem diese Geister oder Gespenster gefangen sind, erst als Willie auftaucht, scheint sich etwas zu ändern. Saunders berührt das Thema von Leben und Sterben auf eine neue, sehr kreative Art und Weise. Er ist dabei poetisch und einfühlsam. Vor dem Hintergrund des Bürgerkrieges in Amerika, von dem wir auch einiges mitbekommen, entspinnt sich so eine Handlung, aus mehreren Blickwinkeln erzählt, emotional aufwühlend und besonders. Es werden auch noch andere Themen der damaligen Gesellschaft angesprochen, die aber noch immer aktuell sind. Homosexualität, unerfüllte Lebensträume, Sklaverei/Rassismus... Aufgrund der vielen verschiedenen Personen, die uns alle ihren Teil erzählen, wirkt dieses Gerüst weder erzwungen, noch überfüllt oder gar besserwisserisch. Dies beweist, welches Geschick Saunders beim Aufbau dieses Romanes bewiesen hat. Jede Figur hat auch ihre ganz eigene Sprache, die Stand, Bildungsniveau und Herkunft widerspiegelt. Dies und der fordernde Aufbau des Buches führen dazu, dass "Lincoln in the Bardo" nicht einfach zu lesen ist. Ich gebe zu, ich habe nicht alles verstanden oder mitbekommen. Für Anfänger in der englischen Sprache ist es deshalb nicht empfehlenswert, hier würde ich sagen, lohnt es sich, auf die deutsche Übersetzung zu warten. Ein Buch, das fordert und einem als Leser etwas abverlangt; einen aber auch mit einer Tiefgründigkeit belohnt, die man oftmals vergeblich sucht. Auf jeden Fall ist es ein Titel wie kaum ein anderer und meiner Ansicht nach hat es den Man Booker Price redlich verdient.
Too late today to review - but it was good
Very emotional about this but it was very good.
3.5 stars Washington im Februar 1862: Willie, der Sohn des Präsidenten der Vereinigten Staaten Abraham Lincoln verstirbt im Alter von 11 Jahren an Typhus. Der Präsident und seine Frau sind untröstlich. Mehrfach begibt Lincoln sich auf den Friedhof, um den kleinen Jungen noch einmal in den Armen zu halten. Doch er ist nicht allein auf dem Friedhof. Die Seelen zahlreicher Verstorbener bewohnen den Friedhof. Sie befinden sich im Bardo, der nach tibetisch-buddhistischer Vorstellung eine Zwischenexistenz zwischen Diesseits und Jenseits darstellt. Sie ahnen im Innersten, dass sie tot sind, weigern sich jedoch, dies anzuerkennen. Als die Seele des kleinen Willie im Bardo eintrifft, beratschlagen sie, was sie für ihn tun können. Für mich war George Saunders‘ erster Roman auch die erste Lektüre dieses Autors, daher war ich nicht mit seinem experimentellen Stil vertraut. Ich hatte jedoch in einigen Rezensionen gelesen, dass es sich hier um ein höchst ungewöhnliches Werk handelt. Tatsächlich war ich gleich auf der ersten Seite verwirrt: Wer ist denn hier der Erzähler? Irgendwann taucht der Name „hans vollmann“ auf. Die Suchmaschine führte mich zu einem Artikel im New Yorker, in dem das Konzept des Buches erläutert wird. Nach der Lektüre dieses Artikels fand ich mich in dem Buch zurecht. Hans Vollmann ist einer der Verstorbenen, die auf dem Oak Hill Cemetery in Washington im Bardo verweilen. Diese Verstorbenen sind die Erzähler des Romans, ähnlich wie in einem Drama kommen sie abwechselnd zu Wort und wer gerade sprach, wird hinter der jeweiligen Passage angegeben. Diese Kapitel erinnern daher an ein Drama, ja, an ein altgriechisches Drama, denn die Stimmen ergeben zusammen einen Chor. (Von selbst bin ich darauf ehrlich gesagt nicht gekommen, bei diesem Buch lohnt es sich, im Netz ein wenig die Hintergründe zu recherchieren.) Unterbrochen wird der Chor durch Kapitel, in denen Auszüge aus (fiktiven?) historischen Zeugnissen Lincoln und seine Familie sowie die Krankheit und den Tod des Kindes beschreiben. Erstaunt war ich, auch in diesem Buch wieder auf das Thema der unzuverlässigen Geschichtsschreibung zu stoßen. So wird die Mondphase in der Nacht von Willies Tod einmal als Halbmond, mal als Neumond, mal als Vollmond beschrieben. Auch die Aussagen zum Äußeren von Abraham Lincoln widersprechen sich drastisch, was zeigt, wie stark geschichtliche Zeugnisse von der individuellen Wahrnehmung abhängen. Die Themen, die Lincolns Leben bestimmten, kommen durch den Chor zur Sprache: die sehr rührend beschriebene Trauer des Präsidenten, der Bürgerkrieg, die Tatsache, dass viele Bürger es Lincoln sehr übel nahmen, dass er ihre Söhne wegen Sklaven in den Tod schickte und natürlich auch die Sklaverei selbst. Interessant ist, dass einer der Schwarzen im Chor die eloquenteste Sprache aufweist. Die Struktur des Romans macht ihn besonders interessant, die Sprache ist wunderbar und der immer wieder aufblitzende Humor von George Saunders, der sich vor allem in der Weigerung der Seelen äußert, ihren Tod zu akzeptieren, gefiel mir sehr. Nach einer Weile wurde das Lesen jedoch ermüdend für mich, die Begeisterung und der Lesegenuss ließen nach. Obwohl die Seiten nicht eng beschrieben und das Buch daher nicht sehr umfangreich ist, war ich froh, als ich das Ende erreicht hatte. Mein Fazit ist, dass das Buch wahnsinnig interessant gemacht und sprachlich meisterhaft geschrieben ist, jedoch nur begrenzt zugängig. Aufgrund dieser mangelnden Zugänglichkeit sehe ich das Buch durchaus auf der Shortlist, aber nicht unbedingt als Sieger. P.S.: Die Hörbuchadaptation des Romans scheint sehr interessant zu sein, da ein ganzes Ensemble von Schauspielern die Rolle des Chors übernimmt.
George Saunders „Lincoln in the bardo“ ist anders als die von mir gewohnten Romane. Er schreibt klar und strukturiert, was auch ein Genuss ist. Es ist verständlich und in vielen Stellen auch melodisch. Dennoch hat es mich überrascht, das keine wörtliche Rede vorkommt. Kenntlich gemacht, wer spricht, wird nicht durch die von mir geliebten Anführungszeichen, sondern durch die Namensnennung am Ende des Satzes. Somit hat „Lincoln in the bardo“ den Stil eines Theaterstücks. Aber nicht nur dies ist ungewöhnlich, sondern auch die &-Zeichen, die immer wieder anstatt das ausgeschriebene Wort vorkommen. So etwas irritiert mich und ich werte es unter künstlerische Freiheit. Ein stückweit überlege ich mir immer noch wohin die künstlerische Leistung von George Saunders liegt, denn ein Buch soll nicht nur kurios aufgemacht sein, sondern auch für mich in meinen Augen einen Mehrwert haben. Worauf ich hinaus will ist, dass neben den Theaterstückelementen, noch viele Zitate angefügt werden, die ganze Kapitel ausmachen und damit den Großteil der Handlung ausmachen. So hatte stellenweise, das Gefühl, eine wissenschaftliche Biographie zu lesen, anstatt einen Roman. So hat „Lincoln in the bardo“ für mich keine richtige Gattungszuordnung. Er ist etwas Theaterstück, dann Sachbuch, wobei es wirklich eine Aneinanderreihung der Zitate ist. Die literarische Leistung von George Saunders sehe ich im Theaterstückelement, welches wirklich gelungen ist. Darin beschreibt er die Zwischenwelt, der Übergang zwischen Leben und Tod. Dieser Teil ist melodisch und man erlebt mit wie William Lincoln, der Sohn von Abraham Lincoln, in die Zwischenwelt übergeht. Dieser Teil ist tiefsinnig und auch traurig, wenn die Geister von ihrem früheren Leben und dann von ihrem Leben in der Zwischenwelt erzählen, und weshalb sie noch nicht in die andere Welt übergegangen sind. Ich musste öfters schlucken. Das waren dann die Moment, in denen mich das Buch überzeugt hat. Tja, und dann kam wieder ein Wechsel. Die beiden Stilelemente wechseln sich immer ab. Wenn man gerade glaubt, noch eine Weile in der Zwischenwelt verbleiben zu können und Williams weiteren Weg mit Rückblicken auf sein junges kurzes Leben zu verfolgen, wechselt schon wieder der Stil. Dann wird es wieder sachlich und ich erfahre, wie Abraham Lincoln mit dem Tod seines geliebten Sohnes umgeht und trauert. Das wird leider durch den Sachbuchstil sehr distanziert geschrieben und hat mich zwar neugierig gemacht und ich habe es auch sehr interessiert gelesen, aber es hat mich nicht so mitgenommen auf die literarische Reise wie die Zeit in der Zwischenwelt. Zusammengenommen liegt in meinen Augen, die literarische Leistung in der Verknüpfung von zwei Gattungselementen zu einem Roman. Wer sich auf abrupte Wechsel einstellen kann und dies auch mag, sich ebenso für Abraham Lincoln interessiert, demjenigen kann ich das Buch empfehlen. Wer glaubt einen Roman zu lesen, der im Erzählstil gehalten ist, dem muss ich allerdings abraten das Buch zu erwerben, denn dann folgt eine Enttäuschung. Fazit Enttäuscht hat mich „Lincoln in the bardo“ nicht, aber es hat mich auch nicht so beeindruckt, wie ich es erwartet hätte, wenn es für einen so wichtigen Literaturpreis nominiert wird und ihn schließlich auch bekommt.