Heute wär ich mir lieber nicht begegnet

Heute wär ich mir lieber nicht begegnet

Hardcover
2.73
RororoRumäniendeutscheGeheimpolizeiDiktatur

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Haupt-Genre
N/A
Sub-Genre
N/A
Format
Hardcover
Seitenzahl
240
Preis
33.60 €

Beiträge

3
Alle
4

Wow. Es war etwas ungewohnt ein Buch in diesem Stil zu lesen, aber es hatte trotzdem was war mitreißend.

2

Es gibt Momente beim Lesen, da beneide ich die bildende Kunst. Man stellt sich in einem Museum vor ein expressionistisches Gemälde, sieht die vielen grauen dicken Pinselstriche mit dem roten Fleck in der Mitte, undefinierbar in der Aussage, nichtssagend in der Ästhetik, stellt man eine gewisse triste Atmosphäre fest und ist sich sicher, so etwas nicht in seiner Wohnung haben zu wollen und geht dann nach 12 Sekunden zum nächsten Bild. In Herta Müllers Buch dauert die Betrachtungsphase bestimmt rund sechs Stunden. Das zieht sich. Schön ist das nicht. Ist halt Kunst. Prämiert vom Nobelpreiskomitee. Ich kann darauf verzichten und denke, dass das mit mir und Frau Müller nichts mehr wird. Beispiel gefällig: „Von weitem kam Gebell und dann Geschrei. Lillis Offizier wurde gefesselt, in eine Blechhütte geführt und bewacht von dem Glückserpichten, der geschossen hatte. Lilli blieb liegen. Die Hütte hatte keine Vorderwand. Auf dem Boden stand eine Wasserzisterne, an der Wand eine Bank, in der Ecke eine Tragbahre. Der Bewacher trank viel Wasser, wusch sein Gesicht, zog das Hemd aus der Hose und wischte sich ab und setzte sich. Der Gefesselte durfte nicht sitzen, aber hinaus ins Gras schauen, wo Lilli lag, durfte er. Fünf Hunde liefen, das Gras stand ihnen bis zum Hals, ihre Beine flogen darüber. Und weit hinter ihnen rannte eine Schar abgehetzter Soldaten. Bis sie bei Lilli ankamen, war nicht nur ihr Kleid in Fetzen gerissen. Die Hunde räumten Lillis Körper aus. Unter ihren Schnauzen lag Lilli so rot wie ein ganzes Beet Klatschmohn. Die Soldaten trieben die Hunde weg und stellten sich in den Kreis. Dann kamen zwei in die Hütte, tranken Wasser und nahmen die Tragbahre mit. Das erzählte mir Lillis Stiefvater. Wie ein ganzes Beet Klatschmohn, sagte er, ich dachte in dem Moment an Kirschen. Hier kann man sehr gut die vielen Grautöne erkennen und dann der rote Fleck, ein Hauch von Klatschmohn, reflektiert mit der Kirsche. Der Mohn als Symbol des Friedens? Die Kirsche als Symbol für die Süße des Lebens? Oder der Wunsch nach den Tod? Ehrlich gesagt, mir ist es egal. Ich mag diese Art von Stakkatosätze nicht, die in ihrer Schlichtheit die Trostlosigkeit in dem von der Diktatur geknechteten Rumänien verdeutlichen sollen. In „Niederungen“ schreibt Herta Müller noch mit ihrer eigenen Erzählstimme, was ganz angenehm zu lesen war. Autobiografisch ist ja eigentlich alles, was sie schreibt. Nur in dem vorliegenden Buch lässt sie die Geschichte von einer (sprachlich eingeschränkten) einfachen Frau erzählen, die auf dem Weg zum regelmäßig wiederkehrenden Verhör sitzt. Wie gesagt, dass mag authentisch sein, aber Gefallen finde ich daran nicht. Leider spielen die Gedanken an die Konfrontation mit dem Staatsapparat keine große Rolle. Vielmehr ist das Buch von Erinnerungen an Kindheit, Jugend und Ehe geprägt. Das hatte ich mir auch anders vorgestellt.

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Es gibt Momente beim Lesen, da beneide ich die bildende Kunst. Man stellt sich in einem Museum vor ein expressionistisches Gemälde, sieht die vielen grauen dicken Pinselstriche mit dem roten Fleck in der Mitte, undefinierbar in der Aussage, nichtssagend in der Ästhetik, stellt man eine gewisse triste Atmosphäre fest und ist sich sicher, so etwas nicht in seiner Wohnung haben zu wollen und geht dann nach 12 Sekunden zum nächsten Bild. In Herta Müllers Buch dauert die Betrachtungsphase bestimmt rund sechs Stunden. Das zieht sich. Schön ist das nicht. Ist halt Kunst. Prämiert vom Nobelpreiskomitee. Ich kann darauf verzichten und denke, dass das mit mir und Frau Müller nichts mehr wird. Beispiel gefällig: „Von weitem kam Gebell und dann Geschrei. Lillis Offizier wurde gefesselt, in eine Blechhütte geführt und bewacht von dem Glückserpichten, der geschossen hatte. Lilli blieb liegen. Die Hütte hatte keine Vorderwand. Auf dem Boden stand eine Wasserzisterne, an der Wand eine Bank, in der Ecke eine Tragbahre. Der Bewacher trank viel Wasser, wusch sein Gesicht, zog das Hemd aus der Hose und wischte sich ab und setzte sich. Der Gefesselte durfte nicht sitzen, aber hinaus ins Gras schauen, wo Lilli lag, durfte er. Fünf Hunde liefen, das Gras stand ihnen bis zum Hals, ihre Beine flogen darüber. Und weit hinter ihnen rannte eine Schar abgehetzter Soldaten. Bis sie bei Lilli ankamen, war nicht nur ihr Kleid in Fetzen gerissen. Die Hunde räumten Lillis Körper aus. Unter ihren Schnauzen lag Lilli so rot wie ein ganzes Beet Klatschmohn. Die Soldaten trieben die Hunde weg und stellten sich in den Kreis. Dann kamen zwei in die Hütte, tranken Wasser und nahmen die Tragbahre mit. Das erzählte mir Lillis Stiefvater. Wie ein ganzes Beet Klatschmohn, sagte er, ich dachte in dem Moment an Kirschen. Hier kann man sehr gut die vielen Grautöne erkennen und dann der rote Fleck, ein Hauch von Klatschmohn, reflektiert mit der Kirsche. Der Mohn als Symbol des Friedens? Die Kirsche als Symbol für die Süße des Lebens? Oder der Wunsch nach den Tod? Ehrlich gesagt, mir ist es egal. Ich mag diese Art von Stakkatosätze nicht, die in ihrer Schlichtheit die Trostlosigkeit in dem von der Diktatur geknechteten Rumänien verdeutlichen sollen. In „Niederungen“ schreibt Herta Müller noch mit ihrer eigenen Erzählstimme, was ganz angenehm zu lesen war. Autobiografisch ist ja eigentlich alles, was sie schreibt. Nur in dem vorliegenden Buch lässt sie die Geschichte von einer (sprachlich eingeschränkten) einfachen Frau erzählen, die auf dem Weg zum regelmäßig wiederkehrenden Verhör sitzt. Wie gesagt, dass mag authentisch sein, aber Gefallen finde ich daran nicht. Leider spielen die Gedanken an die Konfrontation mit dem Staatsapparat keine große Rolle. Vielmehr ist das Buch von Erinnerungen an Kindheit, Jugend und Ehe geprägt. Das hatte ich mir auch anders vorgestellt.

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