Halbinsel
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
Kristine Bilkau, 1974 geboren, zählt zu den wichtigen Stimmen der deutschen Gegenwartsliteratur. Sie studierte Geschichte und Amerikanistik in Hamburg und New Orleans. Bereits ihr Romandebüt »Die Glücklichen« fand ein begeistertes Medienecho, wurde mit dem Franz-Tumler-Preis, dem Klaus-Michael-Kühne-Preis und dem Hamburger Förderpreis für Literatur ausgezeichnet und in mehrere Sprachen übersetzt. Mit ihrem Roman »Nebenan« stand sie 2022 auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises. Kristine Bilkau lebt mit ihrer Familie in Hamburg.
Beiträge
Das komplette Buch ist aus der Sicht von Annett geschrieben. Eine Mutter, die sich nach der Ohnmacht ihrer erwachsenen Tochter Sorgen macht. Sie überdenkt ihr Leben und ihrer Erziehung und versucht die Hintergründe zu erforschen, warum ihre Tochter zusammengebrochen ist. Insgesamt hat mir das Buch sowohl zwischendurch gefallen, als auch manchmal nicht. In manchen Situationen habe ich mich ertappt gefühlt bei der Erziehung und den Gedankengängen zu meinen Kindern. Manchmal konnte ich es jedoch auch nicht nachvollziehen. Schwierig für mich zu beurteilen. Lest es selbst.
Annetts Tochter Linn, die Mitte 20 ist und nach einem zielstrebigen Studium ihre erste Stelle angetreten hat, wird bei einem Vortrag ohnmächtig und erholt sich erstmal für ein paar Tage bei Annett. Aus den Tagen werden Monate, nachdem Linn ihre Stelle aufgegeben und ihre Berliner Wohnung gekündigt hat. Das alles läuft nicht ganz konfliktfrei ab, denn Annett, die Linn nach dem frühen Tod ihres Vaters allein großgezogen hat, projiziert doch allerlei Vorstellungen auf Linn, denen Linn wiederum nicht entsprechen will. Mir hat dieses Buch gut gefallen, gerade auch die Reflektionen von Annett zum Thema Elternsein und unterschiedlichen Vorstellungen der Generationen.
Oops, da hatte ich wohl zuviel erwartet. Das Buch plätscherte vor sich hin und die Protagonistin, mit der ich mich so gern identifiziert hätte, war sooo langweilig. Schade
Die Ich - Erzählerin Annett(49 Jahre) erzählt, wie es ist/ war, als ihre 25 jährige Tochter Linn wieder bei ihr einzieht, nachdem sie bei einem Vortrag einen Schwächeanfall erlitt. Der gesamte Tages-Lebensrhythmus der allein lebenden ( und auch alleinerziehenden) Annett gerät durcheinander. Sie rutscht automatisch wieder in die Mutter- Rolle ( mit Besorgnis, Fragen, Projizierungen, Zukunftsängste- aber auch- Freude, Liebe, Fürsorge, Lösungsvorschläge, Pragmatismus..etc).
Schwer ist es für sie, Linn‘s Verhalten/ Reaktionen zu verstehen. Sie einfach machen oder nicht machen zu lassen… Und nebenbei sind da auch noch die neuen Nachbarn und Levin, ein Hotel mit einem Gemäldeschaden zu ihren Kosten, der verstorbene Ehemann und die Klimakrise. Alles sehr leicht erzählt- obwohl die Themen so unterschiedlich und schwierig sind. Ich hätte gerne Annett und Linn noch länger begleitet. Ich las über ihre Probleme , Liebe, Sorge, Trauer und fühlte mich verstanden.
Zwischen Ebbe und Leere - wenn das Leise zu leise wird
Kristine Bilkau schreibt mit der ihr eigenen stillen Präzision, doch Halbinsel bleibt merkwürdig blass. Die Mutter-Tochter-Dynamik, die im Zentrum steht, verspricht zunächst emotionale Tiefe, verliert sich dann aber in behutsam erzählten, aber letztlich kraftlosen Alltagsbeobachtungen. Die Szene der Wattwanderung mit dem flüchtenden Schimmel mag metaphorisch aufgeladen sein, wirkt jedoch wie ein Symbol für den Roman selbst: atmosphärisch, aber richtungslos. Nach dem eindrucksvollen ‚Die Glücklichen‘ hatte ich auf eine ähnlich dichte, gegenwärtige Erzählung gehofft – stattdessen blieb vor allem ein Gefühl der gepflegten Langeweile zurück.
"Ich zweifelte daran, ob ich mich irgendwo anders zugehörig fühlen würde. Ob das wirklich gelingen könnte. Wo würde die Einsamkeit lauern? Hinter der Veränderung oder dem Vertrauten?" "Nun schien jede kleine Frage, die ich ihr stellte, anstrengend für sie zu sein. Es war, als würde ich vor einem verschlossenen Haus stehen, an Türen und Fenstern klopfen, doch nirgendwo ließ sich etwas öffnen." "Der Fluss war glatt und friedlich, das Ufer spiegelte sich darin. Ich bewegte sachte die Arme und Beine, schaute umher, war umgeben von diesem Blau, ich musste nichts tun, als in diesen Farben zu baden, zu schwimmen, mich treiben zu lassen, ich fühlte mich so leicht wie lange nicht mehr." "Diese Kartons, was sind die eigentlich wirklich? Trauer, die aus dem Weg geräumt und weg gepackt wurde?" Die Geschichte von der alleinerziehenden Anett und ihrer Tochter Linn, die nach einem Schwächeanfall ins elterliche Haus zurückkehrt, um sich zu erholen und über ihre Zukunft nachzudenken. Johan, der Vater, ist gestorben, als Linn fünf Jahre alt war. Anett hat es geschafft ihrer Tochter die Ausbildung zu ermöglichen, Perspektiven geschaffen, die sie sich für ihre Zukunft gewünscht hat. Das unerwartete, neuerliche Zusammenleben läuft nicht reibungslos ab, einige Ansichten gehen in verschiedene Richtungen. Was folgt ist ein erneutes Annähern, Kennenlernen, Tolerieren. Ein leiser Mutter-Tochter-Roman, der verschiedene Themen aufgreift. "Der Blick auf das Kind -was davon ist Projektion der eigenen Ängste, der eigenen unerfüllten Wünsche, der im eigenen Leben nicht erreichten Ziele und Ideale?" Von mir gibt es auf jeden Fall eine Leseempfehlung ☀️
Ein leises, aktuelles, vielschichtiges und sehr gut zu lesendes Buch!
Annett, Mitte 40 und Mutter von Linn, erzählt von einem Sommer mit ihrer Tochter. Linn ist eigentlich längst bei ihrer Mutter ausgezogen, hat sehr erfolgreich ihr Studium abgeschlossen und eine gute Anstellung als Umweltmanagerin erhalten. Nichts deutete darauf hin, dass irgendetwas im Leben von Linn nicht in Ordnung ist. Doch dann hat sie plötzlich einen Zusammenbruch und zieht wieder zurück zu ihrer Mutter nach Schleswig-Holstein. Was eigentlich nur für den Übergang im Genesungsprozess gedacht war, wird sehr schnell zur dauerhaften Lösung. Linn richtet sich häuslich ein, sucht sich einen Aushilfsjob und scheint gar nicht mehr in das alte Leben zurück zu wollen. Annett kann diese Situation nur schwer aushalten, versucht keinen Druck zu machen, kann aber nicht verstehen, wo der Enthusiasmus ihrer Tochter geblieben ist. Die Lesenden begleiten Annett bei ihrem Reflexionsprozess, den sie u.a. In Zwiegesprächen mit ihrem tragisch und viel zu früh verstorbenen Ehemann und Vater von Linn führt. Kristina Bilkau beschreibt die Annäherung von Mutter und Tochter in einer sehr unaufgeregten Art und Weise und nimmt dabei verschiedene Themenauf, ohne die Handlung zu überfrachten. Sukzessive versteht man die Hintergründe, die Linn in die Krise geführt haben und es ist schön zu lesen, dass auch Annett sich mit der neuen Situation zunehmend besser arrangieren kann und ihre eigen Wünsche und Bedürfnisse wieder in den Vordergrund treten. Das Buch hat auch bei mir dazu geführt stärker auf die Kinder und ihr Tempo zu hören. Sie werden ihren Weg machen auf ihre eigene Art. Wer gerne Bücher mit leisen Tönen liest, wird mit diesem Buch sicher eine große Freude haben.
"Der Blick auf das Kind – was davon ist Projektion der eigenen Ängste, der eigenen unerfüllten Wünsche, der im eigenen Leben nicht erreichten Ziele und Ideale?"
Ich habe leicht in das Buch hineingefunden und konnte den Protagonistinnen gut folgen. Ihr Leben, Handeln und Denkweisen waren ebenso gut wie die Stimmungen und Umwelt beschrieben, mit wenigen Worten wird Atmosphäre geschaffen, passend zur norddeutschen Landschaft. Besonders das Watt hat mir gefallen. Gefühle waren gut nachvollziehbar und man hat den Eindruck mit Mutter und Tochter durch die Tage zu huschen, die Situation spitzt sich zu und die Frage taucht auf, wie Verständnis füreinander aufgebaut und wie Konflikte und Versäumtes der Vergangenheit bewältigt werden können. Trotz alles Liebe füreinander müssen auch Unverständnis und Unstimmigkeiten verarbeitet werden. Annette versteht nicht, dass ihre Tochter hinter ihren Möglichkeiten bleibt und keiner gut honorierten Tätigkeit nachgehen will. Es geht auch um Loslassen und den eigenen Weg gehen und die Tochter gehen zu lassen. Probleme unserer Zeit werden angesprochen, ohne lehrmeisterhafte Lösungen aufzuzeigen. Alles in allem nicht perfekt aber lesenswert.
Halbinsel von Kristine Bilkau ist der erste Roman, den ich von der Autorin gelesen habe. Er ist für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert, und es würde mich sehr freuen, wenn die Autorin den Preis bekommt. Es ist das Porträt einer früh verwitweten Mutter, die nach dem Zusammenbruch ihrer 25jährigen Tochter Resonanz über die vergangenen Jahre zieht. Annett, 49, lebt auf einer Halbinsel im nordfriesischen Wattenmeer. Sie ist Bibliothekarin und hat ihre Tochter Linn allein großgezogen. Trotz Geldmangel hat sie sich immer bemüht, Linn alle Wünsche zu erfüllen, und ihr ein Studium mit Auslandsaufenthalten in Rumänien und Schweden ermöglicht. Linn hatte dort im Rahmen ihres Umweltmanagementstudiums an Aufforstungsprojekten teilgenommen. Nach dem Studium hat sie einen gut bezahlten Job bei einem renommierten Unternehmen in Berlin bekommen. Eines Morgens bekommt Annett die Mitteilung, dass Linn bei einem Vortrag zusammengebrochen ist. Sie fährt sofort ins Krankenhaus, wo die beiden vereinbaren, dass Linn zu Hause an der Nordsee wieder zu Kräften kommen soll. Annett versteht nicht, was mit Linn passiert ist, die doch immer alles richtiggemacht hatte und nie aus der Reihe getanzt ist. Sie forscht nach, was genau an dem Tag, an dem Linn zusammengebrochen ist, passiert ist und zieht Resonanz über die vergangenen fünfundzwanzig Jahre. Sie denkt noch oft an den Tag, an dem Johan nicht vom Laufen zurückgekehrt war und ab dem ihr die alleinige Verantwortung für die fünfjährige Tochter zufiel. Mutter und Tochter führen tiefsinnige Gespräche über die Vergangenheit. Sie machen Wattwanderungen und werden schier von der Kraft der Natur überwältigt, als ein Pferd im Watt verschwindet. „Ich sehe ihn ständig vor mir, nachts auf dieser Sandbank. Ich kann dir nicht sagen, wie traurig mich dieses Bild macht. Als würde er vor uns, vor dieser Welt davonlaufen.“ (S. 190) Linn erzählt ihrer Mutter von den Umweltprojekten, die sie betreut hatte und von ihren Zweifeln, ob die „Wohltätigen“ wirklich wohltätig sind. Dann ist da noch der Regressanspruch des Hotels, in dem Linn bei ihrem Zusammenbruch ein wertvolles Gemälde beschädigt haben soll. Auf den 220 Seiten spricht die Autorin sehr viele Themen an. Der Schreibstil gefällt mir unheimlich gut, das Wattenmeer ist wundervoll beschrieben, doch besonders ergriffen war ich von Annetts Gefühlen ihrer Tochter gegenüber: „Alle diese Jahre, diese gesamte Zeit schien mir so überschaubar, so verschwindend schnell vergangen, als stünde ich an einer Bahnschranke und ein Zug rast vorbei, da kommt er, da ist er, da fährt er, und dann höre ich nur noch sein Rauschen aus der Ferne wie ein Echo. Schwanger werden, ein Kind zur Welt bringen, den Partner verlieren, das Kind großziehen, es davongehen sehen, diese Jahre: hier, das sind sie gewesen, und hier, das sind die Fehler, die du gemacht hat.“ (S. 198) Den Roman empfehle ich vor allem Müttern, denn wer von uns fragt sich nicht, ob man bei der Erziehung alles richtiggemacht hat: „Der Blick auf das Kind – was davon ist Projektion der eigenen Ängste, der eigenen unerfüllten Wünsche, der im eigenen Leben nicht erreichten Ziele und Ideale?“
Wundervoll. Voller Zartheit, Zuversicht und Vertrauen.
Linn und Annett, Tochter und Mutter Beide sind durch ein Schicksal geprägt. Der Vater und Annetts Ehemann, Johann, ist verstorben, als Linn noch sehr klein war. 20 Jahre später, Linn erlebt eine Krise. Beide werden wieder enger zueinander geführt. Linn kommt ins Elternhaus zurück. Wird dies vorübergehend sein? Es zeigt sich Schritt für Schritt, dass manches was früher voller Liebe getan wurde, vielleicht ganz anders wahrgenommen wurde und eine andere Wirkung hatte wie erhofft. Wir begleiten Annett in ihre Gedankenwelt und in ihre Sicht der Vergangenheit. All ihr Bemühen, vor allem für Linn…. Irgendwann war diese aus dem Haus und dann… Ja was wurde dann eigentlich aus Annett? Die ganze Situation bringt sie dazu über sich selbst und ihr heutiges Dasein nachzudenken. Ein wundervolles Buch. Die Gefühle und Gedanken werden so zart beschrieben, dass wir sie als Lesende teils erahnen, aber kaum nahgenug „greifen“ können. Das Buch regt zum Nachdenken an und weisst darauf hin, dass Freiheit und Förderung im direkten Konflikt zueinander stehen und stets ausbalanciert werden wollen. Dies kann kaum gelingen… Ein Buch voller Mutterliebe ohne „zu schwer“ zu sein. Toll. 😊

Beschreibung
Autorenbeschreibung
Kristine Bilkau, 1974 geboren, zählt zu den wichtigen Stimmen der deutschen Gegenwartsliteratur. Sie studierte Geschichte und Amerikanistik in Hamburg und New Orleans. Bereits ihr Romandebüt »Die Glücklichen« fand ein begeistertes Medienecho, wurde mit dem Franz-Tumler-Preis, dem Klaus-Michael-Kühne-Preis und dem Hamburger Förderpreis für Literatur ausgezeichnet und in mehrere Sprachen übersetzt. Mit ihrem Roman »Nebenan« stand sie 2022 auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises. Kristine Bilkau lebt mit ihrer Familie in Hamburg.
Beiträge
Das komplette Buch ist aus der Sicht von Annett geschrieben. Eine Mutter, die sich nach der Ohnmacht ihrer erwachsenen Tochter Sorgen macht. Sie überdenkt ihr Leben und ihrer Erziehung und versucht die Hintergründe zu erforschen, warum ihre Tochter zusammengebrochen ist. Insgesamt hat mir das Buch sowohl zwischendurch gefallen, als auch manchmal nicht. In manchen Situationen habe ich mich ertappt gefühlt bei der Erziehung und den Gedankengängen zu meinen Kindern. Manchmal konnte ich es jedoch auch nicht nachvollziehen. Schwierig für mich zu beurteilen. Lest es selbst.
Annetts Tochter Linn, die Mitte 20 ist und nach einem zielstrebigen Studium ihre erste Stelle angetreten hat, wird bei einem Vortrag ohnmächtig und erholt sich erstmal für ein paar Tage bei Annett. Aus den Tagen werden Monate, nachdem Linn ihre Stelle aufgegeben und ihre Berliner Wohnung gekündigt hat. Das alles läuft nicht ganz konfliktfrei ab, denn Annett, die Linn nach dem frühen Tod ihres Vaters allein großgezogen hat, projiziert doch allerlei Vorstellungen auf Linn, denen Linn wiederum nicht entsprechen will. Mir hat dieses Buch gut gefallen, gerade auch die Reflektionen von Annett zum Thema Elternsein und unterschiedlichen Vorstellungen der Generationen.
Oops, da hatte ich wohl zuviel erwartet. Das Buch plätscherte vor sich hin und die Protagonistin, mit der ich mich so gern identifiziert hätte, war sooo langweilig. Schade
Die Ich - Erzählerin Annett(49 Jahre) erzählt, wie es ist/ war, als ihre 25 jährige Tochter Linn wieder bei ihr einzieht, nachdem sie bei einem Vortrag einen Schwächeanfall erlitt. Der gesamte Tages-Lebensrhythmus der allein lebenden ( und auch alleinerziehenden) Annett gerät durcheinander. Sie rutscht automatisch wieder in die Mutter- Rolle ( mit Besorgnis, Fragen, Projizierungen, Zukunftsängste- aber auch- Freude, Liebe, Fürsorge, Lösungsvorschläge, Pragmatismus..etc).
Schwer ist es für sie, Linn‘s Verhalten/ Reaktionen zu verstehen. Sie einfach machen oder nicht machen zu lassen… Und nebenbei sind da auch noch die neuen Nachbarn und Levin, ein Hotel mit einem Gemäldeschaden zu ihren Kosten, der verstorbene Ehemann und die Klimakrise. Alles sehr leicht erzählt- obwohl die Themen so unterschiedlich und schwierig sind. Ich hätte gerne Annett und Linn noch länger begleitet. Ich las über ihre Probleme , Liebe, Sorge, Trauer und fühlte mich verstanden.
Zwischen Ebbe und Leere - wenn das Leise zu leise wird
Kristine Bilkau schreibt mit der ihr eigenen stillen Präzision, doch Halbinsel bleibt merkwürdig blass. Die Mutter-Tochter-Dynamik, die im Zentrum steht, verspricht zunächst emotionale Tiefe, verliert sich dann aber in behutsam erzählten, aber letztlich kraftlosen Alltagsbeobachtungen. Die Szene der Wattwanderung mit dem flüchtenden Schimmel mag metaphorisch aufgeladen sein, wirkt jedoch wie ein Symbol für den Roman selbst: atmosphärisch, aber richtungslos. Nach dem eindrucksvollen ‚Die Glücklichen‘ hatte ich auf eine ähnlich dichte, gegenwärtige Erzählung gehofft – stattdessen blieb vor allem ein Gefühl der gepflegten Langeweile zurück.
"Ich zweifelte daran, ob ich mich irgendwo anders zugehörig fühlen würde. Ob das wirklich gelingen könnte. Wo würde die Einsamkeit lauern? Hinter der Veränderung oder dem Vertrauten?" "Nun schien jede kleine Frage, die ich ihr stellte, anstrengend für sie zu sein. Es war, als würde ich vor einem verschlossenen Haus stehen, an Türen und Fenstern klopfen, doch nirgendwo ließ sich etwas öffnen." "Der Fluss war glatt und friedlich, das Ufer spiegelte sich darin. Ich bewegte sachte die Arme und Beine, schaute umher, war umgeben von diesem Blau, ich musste nichts tun, als in diesen Farben zu baden, zu schwimmen, mich treiben zu lassen, ich fühlte mich so leicht wie lange nicht mehr." "Diese Kartons, was sind die eigentlich wirklich? Trauer, die aus dem Weg geräumt und weg gepackt wurde?" Die Geschichte von der alleinerziehenden Anett und ihrer Tochter Linn, die nach einem Schwächeanfall ins elterliche Haus zurückkehrt, um sich zu erholen und über ihre Zukunft nachzudenken. Johan, der Vater, ist gestorben, als Linn fünf Jahre alt war. Anett hat es geschafft ihrer Tochter die Ausbildung zu ermöglichen, Perspektiven geschaffen, die sie sich für ihre Zukunft gewünscht hat. Das unerwartete, neuerliche Zusammenleben läuft nicht reibungslos ab, einige Ansichten gehen in verschiedene Richtungen. Was folgt ist ein erneutes Annähern, Kennenlernen, Tolerieren. Ein leiser Mutter-Tochter-Roman, der verschiedene Themen aufgreift. "Der Blick auf das Kind -was davon ist Projektion der eigenen Ängste, der eigenen unerfüllten Wünsche, der im eigenen Leben nicht erreichten Ziele und Ideale?" Von mir gibt es auf jeden Fall eine Leseempfehlung ☀️
Ein leises, aktuelles, vielschichtiges und sehr gut zu lesendes Buch!
Annett, Mitte 40 und Mutter von Linn, erzählt von einem Sommer mit ihrer Tochter. Linn ist eigentlich längst bei ihrer Mutter ausgezogen, hat sehr erfolgreich ihr Studium abgeschlossen und eine gute Anstellung als Umweltmanagerin erhalten. Nichts deutete darauf hin, dass irgendetwas im Leben von Linn nicht in Ordnung ist. Doch dann hat sie plötzlich einen Zusammenbruch und zieht wieder zurück zu ihrer Mutter nach Schleswig-Holstein. Was eigentlich nur für den Übergang im Genesungsprozess gedacht war, wird sehr schnell zur dauerhaften Lösung. Linn richtet sich häuslich ein, sucht sich einen Aushilfsjob und scheint gar nicht mehr in das alte Leben zurück zu wollen. Annett kann diese Situation nur schwer aushalten, versucht keinen Druck zu machen, kann aber nicht verstehen, wo der Enthusiasmus ihrer Tochter geblieben ist. Die Lesenden begleiten Annett bei ihrem Reflexionsprozess, den sie u.a. In Zwiegesprächen mit ihrem tragisch und viel zu früh verstorbenen Ehemann und Vater von Linn führt. Kristina Bilkau beschreibt die Annäherung von Mutter und Tochter in einer sehr unaufgeregten Art und Weise und nimmt dabei verschiedene Themenauf, ohne die Handlung zu überfrachten. Sukzessive versteht man die Hintergründe, die Linn in die Krise geführt haben und es ist schön zu lesen, dass auch Annett sich mit der neuen Situation zunehmend besser arrangieren kann und ihre eigen Wünsche und Bedürfnisse wieder in den Vordergrund treten. Das Buch hat auch bei mir dazu geführt stärker auf die Kinder und ihr Tempo zu hören. Sie werden ihren Weg machen auf ihre eigene Art. Wer gerne Bücher mit leisen Tönen liest, wird mit diesem Buch sicher eine große Freude haben.
"Der Blick auf das Kind – was davon ist Projektion der eigenen Ängste, der eigenen unerfüllten Wünsche, der im eigenen Leben nicht erreichten Ziele und Ideale?"
Ich habe leicht in das Buch hineingefunden und konnte den Protagonistinnen gut folgen. Ihr Leben, Handeln und Denkweisen waren ebenso gut wie die Stimmungen und Umwelt beschrieben, mit wenigen Worten wird Atmosphäre geschaffen, passend zur norddeutschen Landschaft. Besonders das Watt hat mir gefallen. Gefühle waren gut nachvollziehbar und man hat den Eindruck mit Mutter und Tochter durch die Tage zu huschen, die Situation spitzt sich zu und die Frage taucht auf, wie Verständnis füreinander aufgebaut und wie Konflikte und Versäumtes der Vergangenheit bewältigt werden können. Trotz alles Liebe füreinander müssen auch Unverständnis und Unstimmigkeiten verarbeitet werden. Annette versteht nicht, dass ihre Tochter hinter ihren Möglichkeiten bleibt und keiner gut honorierten Tätigkeit nachgehen will. Es geht auch um Loslassen und den eigenen Weg gehen und die Tochter gehen zu lassen. Probleme unserer Zeit werden angesprochen, ohne lehrmeisterhafte Lösungen aufzuzeigen. Alles in allem nicht perfekt aber lesenswert.
Halbinsel von Kristine Bilkau ist der erste Roman, den ich von der Autorin gelesen habe. Er ist für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert, und es würde mich sehr freuen, wenn die Autorin den Preis bekommt. Es ist das Porträt einer früh verwitweten Mutter, die nach dem Zusammenbruch ihrer 25jährigen Tochter Resonanz über die vergangenen Jahre zieht. Annett, 49, lebt auf einer Halbinsel im nordfriesischen Wattenmeer. Sie ist Bibliothekarin und hat ihre Tochter Linn allein großgezogen. Trotz Geldmangel hat sie sich immer bemüht, Linn alle Wünsche zu erfüllen, und ihr ein Studium mit Auslandsaufenthalten in Rumänien und Schweden ermöglicht. Linn hatte dort im Rahmen ihres Umweltmanagementstudiums an Aufforstungsprojekten teilgenommen. Nach dem Studium hat sie einen gut bezahlten Job bei einem renommierten Unternehmen in Berlin bekommen. Eines Morgens bekommt Annett die Mitteilung, dass Linn bei einem Vortrag zusammengebrochen ist. Sie fährt sofort ins Krankenhaus, wo die beiden vereinbaren, dass Linn zu Hause an der Nordsee wieder zu Kräften kommen soll. Annett versteht nicht, was mit Linn passiert ist, die doch immer alles richtiggemacht hatte und nie aus der Reihe getanzt ist. Sie forscht nach, was genau an dem Tag, an dem Linn zusammengebrochen ist, passiert ist und zieht Resonanz über die vergangenen fünfundzwanzig Jahre. Sie denkt noch oft an den Tag, an dem Johan nicht vom Laufen zurückgekehrt war und ab dem ihr die alleinige Verantwortung für die fünfjährige Tochter zufiel. Mutter und Tochter führen tiefsinnige Gespräche über die Vergangenheit. Sie machen Wattwanderungen und werden schier von der Kraft der Natur überwältigt, als ein Pferd im Watt verschwindet. „Ich sehe ihn ständig vor mir, nachts auf dieser Sandbank. Ich kann dir nicht sagen, wie traurig mich dieses Bild macht. Als würde er vor uns, vor dieser Welt davonlaufen.“ (S. 190) Linn erzählt ihrer Mutter von den Umweltprojekten, die sie betreut hatte und von ihren Zweifeln, ob die „Wohltätigen“ wirklich wohltätig sind. Dann ist da noch der Regressanspruch des Hotels, in dem Linn bei ihrem Zusammenbruch ein wertvolles Gemälde beschädigt haben soll. Auf den 220 Seiten spricht die Autorin sehr viele Themen an. Der Schreibstil gefällt mir unheimlich gut, das Wattenmeer ist wundervoll beschrieben, doch besonders ergriffen war ich von Annetts Gefühlen ihrer Tochter gegenüber: „Alle diese Jahre, diese gesamte Zeit schien mir so überschaubar, so verschwindend schnell vergangen, als stünde ich an einer Bahnschranke und ein Zug rast vorbei, da kommt er, da ist er, da fährt er, und dann höre ich nur noch sein Rauschen aus der Ferne wie ein Echo. Schwanger werden, ein Kind zur Welt bringen, den Partner verlieren, das Kind großziehen, es davongehen sehen, diese Jahre: hier, das sind sie gewesen, und hier, das sind die Fehler, die du gemacht hat.“ (S. 198) Den Roman empfehle ich vor allem Müttern, denn wer von uns fragt sich nicht, ob man bei der Erziehung alles richtiggemacht hat: „Der Blick auf das Kind – was davon ist Projektion der eigenen Ängste, der eigenen unerfüllten Wünsche, der im eigenen Leben nicht erreichten Ziele und Ideale?“
Wundervoll. Voller Zartheit, Zuversicht und Vertrauen.
Linn und Annett, Tochter und Mutter Beide sind durch ein Schicksal geprägt. Der Vater und Annetts Ehemann, Johann, ist verstorben, als Linn noch sehr klein war. 20 Jahre später, Linn erlebt eine Krise. Beide werden wieder enger zueinander geführt. Linn kommt ins Elternhaus zurück. Wird dies vorübergehend sein? Es zeigt sich Schritt für Schritt, dass manches was früher voller Liebe getan wurde, vielleicht ganz anders wahrgenommen wurde und eine andere Wirkung hatte wie erhofft. Wir begleiten Annett in ihre Gedankenwelt und in ihre Sicht der Vergangenheit. All ihr Bemühen, vor allem für Linn…. Irgendwann war diese aus dem Haus und dann… Ja was wurde dann eigentlich aus Annett? Die ganze Situation bringt sie dazu über sich selbst und ihr heutiges Dasein nachzudenken. Ein wundervolles Buch. Die Gefühle und Gedanken werden so zart beschrieben, dass wir sie als Lesende teils erahnen, aber kaum nahgenug „greifen“ können. Das Buch regt zum Nachdenken an und weisst darauf hin, dass Freiheit und Förderung im direkten Konflikt zueinander stehen und stets ausbalanciert werden wollen. Dies kann kaum gelingen… Ein Buch voller Mutterliebe ohne „zu schwer“ zu sein. Toll. 😊
