Die Ursache

Die Ursache

Hardcover
5.02
Autobiografische ErzählungNationalsozialismusInternatKrieg

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Beschreibung

Im ersten Band seiner Autobiographischen Schriften betreibt Thomas Bernhard eine Ursachenforschung, die nichts und niemanden verschont: das Internat war ein Kerker, die Stadt Salzburg eine Todeskrankheit, die Vernichtung allgegenwärtig. Die einzige Lichtgestalt war der Großvater, der ihm von Mozart, Rembrandt und Beethoven erzählt. Diese „Ursachen“, die Bernhard hier mehr als nur „andeutet“, hinterlassen unauslöschliche Spuren in seinem ganzen Werk. Mit einem präzisen, sparsamen, fast realistischen Strich und einer eindringlichen Wiederholungs- und Variationstechnik gelingt es Lukas Kummer, Thomas Bernhards Erinnerungen an die Schrecken von Internat, Krieg und Nationalsozialismus sichtbar zu machen.
Haupt-Genre
Romane
Sub-Genre
Zeitgenössische Romane
Format
Hardcover
Seitenzahl
112
Preis
22.00 €

Autorenbeschreibung

geboren am 9. Februar 1931, gestorben am 12. Februar 1989 in Gmunden (Oberösterreich). 1952-1957 Musik- und Schauspielstudium an der Akademie Mozarteum Salzburg, ab 1957 freier Schriftsteller. Zahlreiche Auszeichnungen, u. a. Österreichischer Staatspreis 1967, Georg-Büchner-Preis 1970.

Beiträge

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Alle
5

Nach meinem ersten, erfolglosen Leseversuch eines Buchs von Thomas Bernhard in seinem Todesjahr 1989 war dieser Autor in meiner Unlesbar-Schublade gelandet. Nach über 30 Jahren habe ich ihm nun nochmal eine Chance mit dem ersten Band seiner fünfteiligen Autobiografie gegeben. Und es hat mich wirklich umgehauen. Allerdings kann ich auch verstehen, dass ich als junger Mensch mit diesem Schreibstil weniger anfangen konnte. Thomas Bernhard will mit dem Buch andeuten, welche Ursachen dazu geführt haben, dass die Welt und er nicht in Frieden und Zufriedenheit miteinander existieren können und konnten. Der Untertitel "Andeutung" vermag einen sehr vorsichtig zu Werke gehenden Autor mit differenziertem Blick auf die Zwischentöne in die Vorstellung des Lesers bringen. Wenn man dann aber schon die ersten Seiten liest, wird man geradezu weggeblasen von einem Sturm an Wut, Anschuldigungen, Anklagen und Abrechnungen gegenüber den Menschen, der Stadt, dem Staat und der Kirche in seiner Salzburger Heimat. Nach der Lektüre muss man glauben, dass es neben Salzburg eigentlich keine schlimmere Ansammlung von Menschen geben kann auf diesem Planeten. Da kann man schon verstehen, dass Bernhard das ungeliebte und wahrscheinlich auch unverstandene Kind seiner Heimat war. Bernhard wurde 1931 geboren und wuchs in keiner heilen Familienstruktur auf. Der Vater hat Frau und Kind verlassen, die Mutter kam mit ihrem Ältesten Thomas nicht zurecht, zu ihrem zweiten Ehemann und seinen Halbgeschwistern entstand keine freundschaftliche Beziehung. Lediglich der Großvater stellte die einzige, liebevolle Bezugsperson dar, der Bernhard uneingeschränktes Vertrauen schenkte. Thomas Bernhard berichtet in diesem Buch über seine Jugendzeit bis zum 15. Lebensjahr, in dem er das verhasste Gymnasium abbrach und in eine Lehre ging. Detailliert geht er dabei auf die Tyrannei ein, die zunächst die nationalsozialistische Erziehung und später die erzkatholische Erziehung bei ihm und allen anderen Kindern anrichtete. Letztlich bestand für ihn kein Unterschied zwischen Faschismus und Katholizismus, denn die Bildungsmethoden änderten sich nach 1945 nicht. Statt Hitler hing jetzt das Kreuz an der Wand, was den einzigen Unterschied darstellte. Der Schreibstil Bernhards ist wirklich gewöhnungsbedürftig. Ich bin gerade mit Thomas Mann als Parallellektüre einiges gewohnt gewesen was die Satzlängen angeht, aber Bernhard stellt dies noch in den Schatten. Die Sätze türmen sich wie Wellenberge, durch ständiges Wiederholen und vor allem Präzisieren zu regelrecht Anklagekaskaden auf. Die Sprachmelodie ist ein ständiges Crescendo. Ich stellte mir Bernhard beim Lesen am Rednerpult vor, permanent mit dem Zeigefinger auf das Holz klopfend beim Lamentieren. Das ist die reine, gewaltige Energie der Worte, die einem da entgegen sprudelt. Das würde ich gerne als Solostück auf einer Theaterbühne erleben. Allerdings ist das Buch nichts für sonnige Gemüter, die gerne Wohlfühlbücher lesen. Bernhard ist zutiefst pessimistisch und misanthropisch. Er gibt der Welt, der Familie und den Mitschülern aber auch keine Chance, eine Beziehung zu ihm aufzubauen. Er geht von Anfang an auf Rebellion und misstraut den Menschen. Jeder von uns kennt aber das Gefühl der Ausgrenzung und des Unverstandenseins. Ich selbst hätte gerne in diesen Momenten die Sprachgewalt Bernhards gehabt, die Welt als solches mal komplett zusammenzuscheißen. Das Buch hat mir gutgetan in seiner ganzen Negativität. Womöglich fällt es einfacher ihn zu verstehen, wenn man mehr Lebenserfahrung und -enttäuschung erlebt hat. Ich werde die folgenden vier Bände auf jeden Fall auch noch lesen.

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Nach meinem ersten, erfolglosen Leseversuch eines Buchs von Thomas Bernhard in seinem Todesjahr 1989 war dieser Autor in meiner Unlesbar-Schublade gelandet. Nach über 30 Jahren habe ich ihm nun nochmal eine Chance mit dem ersten Band seiner fünfteiligen Autobiografie gegeben. Und es hat mich wirklich umgehauen. Allerdings kann ich auch verstehen, dass ich als junger Mensch mit diesem Schreibstil weniger anfangen konnte. Thomas Bernhard will mit dem Buch andeuten, welche Ursachen dazu geführt haben, dass die Welt und er nicht in Frieden und Zufriedenheit miteinander existieren können und konnten. Der Untertitel "Andeutung" vermag einen sehr vorsichtig zu Werke gehenden Autor mit differenziertem Blick auf die Zwischentöne in die Vorstellung des Lesers bringen. Wenn man dann aber schon die ersten Seiten liest, wird man geradezu weggeblasen von einem Sturm an Wut, Anschuldigungen, Anklagen und Abrechnungen gegenüber den Menschen, der Stadt, dem Staat und der Kirche in seiner Salzburger Heimat. Nach der Lektüre muss man glauben, dass es neben Salzburg eigentlich keine schlimmere Ansammlung von Menschen geben kann auf diesem Planeten. Da kann man schon verstehen, dass Bernhard das ungeliebte und wahrscheinlich auch unverstandene Kind seiner Heimat war. Bernhard wurde 1931 geboren und wuchs in keiner heilen Familienstruktur auf. Der Vater hat Frau und Kind verlassen, die Mutter kam mit ihrem Ältesten Thomas nicht zurecht, zu ihrem zweiten Ehemann und seinen Halbgeschwistern entstand keine freundschaftliche Beziehung. Lediglich der Großvater stellte die einzige, liebevolle Bezugsperson dar, der Bernhard uneingeschränktes Vertrauen schenkte. Thomas Bernhard berichtet in diesem Buch über seine Jugendzeit bis zum 15. Lebensjahr, in dem er das verhasste Gymnasium abbrach und in eine Lehre ging. Detailliert geht er dabei auf die Tyrannei ein, die zunächst die nationalsozialistische Erziehung und später die erzkatholische Erziehung bei ihm und allen anderen Kindern anrichtete. Letztlich bestand für ihn kein Unterschied zwischen Faschismus und Katholizismus, denn die Bildungsmethoden änderten sich nach 1945 nicht. Statt Hitler hing jetzt das Kreuz an der Wand, was den einzigen Unterschied darstellte. Der Schreibstil Bernhards ist wirklich gewöhnungsbedürftig. Ich bin gerade mit Thomas Mann als Parallellektüre einiges gewohnt gewesen was die Satzlängen angeht, aber Bernhard stellt dies noch in den Schatten. Die Sätze türmen sich wie Wellenberge, durch ständiges Wiederholen und vor allem Präzisieren zu regelrecht Anklagekaskaden auf. Die Sprachmelodie ist ein ständiges Crescendo. Ich stellte mir Bernhard beim Lesen am Rednerpult vor, permanent mit dem Zeigefinger auf das Holz klopfend beim Lamentieren. Das ist die reine, gewaltige Energie der Worte, die einem da entgegen sprudelt. Das würde ich gerne als Solostück auf einer Theaterbühne erleben. Allerdings ist das Buch nichts für sonnige Gemüter, die gerne Wohlfühlbücher lesen. Bernhard ist zutiefst pessimistisch und misanthropisch. Er gibt der Welt, der Familie und den Mitschülern aber auch keine Chance, eine Beziehung zu ihm aufzubauen. Er geht von Anfang an auf Rebellion und misstraut den Menschen. Jeder von uns kennt aber das Gefühl der Ausgrenzung und des Unverstandenseins. Ich selbst hätte gerne in diesen Momenten die Sprachgewalt Bernhards gehabt, die Welt als solches mal komplett zusammenzuscheißen. Das Buch hat mir gutgetan in seiner ganzen Negativität. Womöglich fällt es einfacher ihn zu verstehen, wenn man mehr Lebenserfahrung und -enttäuschung erlebt hat. Ich werde die folgenden vier Bände auf jeden Fall auch noch lesen.

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