Die Stunde zwischen Frau und Gitarre: Roman (suhrkamp taschenbuch)
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Setz gelingt mit diesem Buch etwas erstaunliches. Ich bin tierisch genervt von diesem Buch, ich finde Natalie mega ätzend, mich hat ein großer Teil der Plotebene nicht interessiert und trotzdem ist das ein phänomenal, großartiges Stück Kunst! Er rückt mir auf die Pelle, drückt mich in die Gedanken-/und Lebenswelt einer Person, die völlig blank zieht.Er bricht in meine Bubble (Schutzzone) ein. Lässt mich an Natalies Ängsten, ihren Zwängen, Verunsicherung und verstörenden Mechanismen, mit dieser Welt, mit diesem Leben zurecht zu kommen teilhaben. NATALIE: Sexuelle Abenteuer/Streifzüge (zu nah, zu viel, widerlich!) Ihr sprunghaftes assoziatives Denken, das in verstörende Bilder abgleitet Die Vorliebe für "Nonsequitur-Unterhaltungen und Gedanken": unlogische Folgerungen, Fehlschlüsse der Argumentation, oder wie ich es ausdrücke: Gaga-Nonsens- wozu? Entspannung! Verdrängung von Erinnerungen? Sie scheint zu sensibel für das Leben zu sein. Imaginäre Mäuse und weiße Flauschbälle aus ihrer Fantasiewelt helfen sich zu erden. Ein Großteil des Buches spielt in dieser Nonsens-Welt, die für Natalie überlebenswichtig ist- für mich die reinste Qual. Ich habe vieles als Eskapismus empfunden. Was will dieses Buch? Welchen Mehrwert habe ich als Leser? Ich konnte es nicht sehen. Natalie mit ihrem Hang zu Verschwörungsmythen, dem Empfinden in einer Parallelwelt zu leben, voller Glitches , "Zeitungen und Kalender, die einem das Denken vernebeln". Lauter Plot, bei dem ich mich fragte, was soll ich damit?! Das interessiert mich nicht die Bohne. Dazu diese furchtbaren Gespräche, die nicht zu ende gesprochenen Sätze, das Rumgedruckse. So oft wollte ich schreien: " Leute kommt zum Punkt! Jetzt spuckt's aus!" Diese furchtbare ineffiziente Kommunikation. Ein Wahnsinn. Wisst ihr was mich am meisten fertig macht? Ich weiß immer noch nicht was Mike malt! Als wäre es lebendig. In diesem Buch ist vieles einfach nur sinnlos. Figuren werden platziert: Mario und Natalies Eltern, die dann einfach keine weitere Rolle mehr spielen. Die Ausführungen um Natalies Bruder: keine Ahnung was mit dem nun ist. Alles wabert in diesem Buch diffus herum. Hollberg mit seinen unheimlichen Meta-Erzählungen. Der Veloziraptor ist meine Lieblingsszene. Ach, und dann ging mir ein Licht auf: Kontrollverlust, Machtlosigkeit, das Gefühl von Wehrlosigkeit. Durchgespielt an Natalies Leben, ihrem Körper, Frau sein, den Anfällen der Vergangenheit, dem Heim und seinen Bewohnern, dem Thema Rache und Stalking und am Leser, der machtlos, wehrlos diesem Wahnsinn ausgeliefert ist. Dafür braucht es genau diese ekelhafte Länge von 1000 Seiten. Die Story wäre auch auf 500 Seiten prächtig erzählt gewesen, hätte aber eben nicht diesen Effekt, das langsame Durchdrehen des Lesers. Ich hasse das Buch. Sollte es Euch beim anlesen genauso gehen? Gut so, weiter machen!
1000 Seiten im Kopf von Natalie Reinegger. Ihren Ticks und Marotten, ihren weirden Gedankengängen, ihren unfassbaren Beobachtungen und verschwurbelten Assoziationen. So grotesk und abstoßend, so zart und schön, so komisch und relatable. Natalie ist die neue Heilerziehungspflegerin im Wohnheim und wird als Bezugsbetreuerin dem im Rollstuhl sitzenden Alexander Dorm zugewiesen. Jede Woche bekommt er Besuch von Christopher Hollberg, seiner großen Liebe, seinem Stalkingopfer. Das Stalking ging so weit, dass es Hollbergs Frau wohl in den Selbstmord trieb. Natalie wird von den Kolleginnen nur widerwillig informiert, was es mit diesem Arrangement auf sich hat - es sei gut für alle Beteiligten und von ihr wird nur erwartet, mitzuspielen. Doch Natalie beobachtet das Verhalten Hollbergs gegenüber seines ehemaligen Stalkers mit zunehmender Skepsis - subtile Worte und Gesten lassen Demütigung und Rachegelüste durchblitzen, erwecken schleichend Grusel und Paranoia. Clemens Setz hält über den Großteil des Buches dieses fragile Gerüst aufrecht und lässt seine Protagonistin inmitten eigener Krisen vor Heimbewohnern und deren Angehörigen, Kolleginnen und eher flüchtigen Bekannten einen Eiertanz aufführen, den perfekten Satz, die richtige Dosierung Nähe, das fehlende luminous detail suchend. Was sie entspannt: Nonsense-Gespräche (Nonseq), glänzende Hinterköpfe, Live-Sendungen, ASMR und Muskelrelaxans. Nichts vermag dieses Buch in Gänze zu beschreiben, als das Buch selbst. Wir schlittern von absurden, nerdigen Anekdoten in fundamentale Überlegungen, die einem das Hirn sprengen. Setz stellt außergewöhnliche Beschreibungen und Vergleiche an - vielleicht die wahrhaftesten, die ich je gelesen habe - und verliert sich ständig in Details gleich seiner Protagonistin, die auf dem Heimweg minutenlang trauernd vor Hunde-Vermisstenanzeigen stehen bleibt. Dabei Liebe, Obsession, Rache, Einsamkeit in allen erdenklichen Variationen - tiefgreifend spürbar und feinfühlig in Worte gefasst. Und diese Dialoge! Genau so sprechen Leute: mit unvollendeten Sätzen, mit unausgesprochenen Andeutungen, mit einem Cringe-Faktor, bei dem sich mir alles zusammenzieht. Auch die Heimbewohner werden mit so einer Authentizität beschrieben, dass ich jeden Einzelnen kennen und lieben gelernt habe. Nach all den oben genannten Themen wird auf einer ganz vordergründigen Ebene schlicht und ergreifend der Alltag einer Heilerziehungspflegerin und der im Wohnheim lebenden Menschen mit Beeinträchtigungen mit einfühlsamen und respektvollen Details gezeichnet, so allumfassend mit allen Krisen und schönen Momenten, ohne jemals urteilend zu werden.. Ein Meisterwerk, das für mich keine Seite weniger haben dürfte. Jetzt hörte sie einen lauten, tief ins Rückenmark gehenden Schluck Wasser, gefolgt von einem Biss in einen Apfel, so welthaltig und intim wie ein Zahnwehimpuls mitten in der Nacht, und rannte währenddessen an einer großen, toten Lagerhalle vorbei, deren Fensterscheiben von jemandem eingeworfen worden waren, damit die Seele entweichen konnte. (S. 213) Komische Nachmittagsluft, unerwartete Kälte in einem Gebäudeschatten. Als würde jemand auf Knopfdruck zu lachen aufhören. (S. 328) Die Luft war immer noch warm wie am Mittag, als wäre die Dämmerung in der Stadt nur eine Fehlleistung der Augen. Straßenlaternen: Lichtkneipen für Insekten. (S. 16)
Ich glaube ich habe mich schon lange nicht mehr so gefühlt. Ich hab das Gefühl ich hätte ein Buch im Kampf bezwungen.
Der Wahnsinn in Romanform „Ist dies auch Wahnsinn, so ist doch Methode drin.“ (William Shakespeare) Mehr brauche ich eigentlich über „Die Stunde zwischen Frau und Gitarre“ von Clemens J. Setz nicht sagen ha ha ha. Okay, ich versuch´s trotzdem, diesem 1000-seitigen Klopper eine Rezension zu „verpassen“, auch wenn ich ziemlich sprachlos bin, was mich die letzten Wochen begleitet hat und ich mir sicher bin, diesem Machwerk in keiner Weise irgendwie gerecht werden zu können. Dazu ist der Roman zu komplex, zu irre, zu… – ihr seht, mir fallen kaum adäquate Adjektive ein *g*. Natalie fängt als Betreuerin in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderungen an und wird dort „Bezugi“ für mehrere Klienten, darunter ein begnadeter Maler sowie ein im Rollstuhl sitzender junger Mann namens Alexander Dorm. Dieser bekommt regelmäßig Besuch von Christopher Hollberg – ausgerechnet dem Mann, dessen Frau sich vor ein paar Jahren das Leben genommen hat, da sie zuvor von Alexander Dorm gestalkt wurde. Schon bald wird Natalie ob des „Arrangements“ skeptisch und fängt an, Nachforschungen anzustellen… Das ist nur eine der vielen Ebenen dieses Meisterwerks des Irrsinns. Selten sind mir so viele Charaktere begegnet (inklusive Erzähler *g*), die viel reden, aber immer (oder meistens) am Thema vorbei erzählen. Das ist auf der einen Seite anstrengend zu lesen, aber auf der anderen Seite irre komisch und hat mich nicht nur einmal zum Lachen gebracht. Dann gab es Passagen, in denen die Fragezeichen in meinen Augen gar nicht groß genug sein konnten und dann wiederum welche, in denen die Leser:innen Natalie so dermaßen nah kommen, dass es schon fast (körperlich) weh tut. Überhaupt, Natalie: sie ist eine grandios gezeichnete Hauptfigur, die man abwechselnd schütteln oder knuddeln möchte – je nachdem, in welcher Situation sie sich gerade befindet. An einer Stelle sagt sie über sich: „Oh Gott, ich bin total peinlich. Ich kann nicht mal normale, gerade Gedanken denken." (S. 217/218) Ja, Natalie – das bist du. Und trotzdem… Ich komme auch jetzt noch nicht von dem Roman los; meine Gedanken kehren immer zurück zu Natalie, Alexander, Mike und all den anderen Figuren, die mich über sechs Wochen täglich begleitet haben. Eigentlich sollte man diesen Roman mindestens einmal im Jahr lesen – er regt einen auf, treibt einen in den Wahnsinn und lässt einen trotzdem den realen Irrsinn für ein paar Tage vergessen und entsprechend erden. So, und nun – Ende. Glocken- und Glasklare Leseempfehlung und damit verdiente 5*. ©kingofmusic
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Setz gelingt mit diesem Buch etwas erstaunliches. Ich bin tierisch genervt von diesem Buch, ich finde Natalie mega ätzend, mich hat ein großer Teil der Plotebene nicht interessiert und trotzdem ist das ein phänomenal, großartiges Stück Kunst! Er rückt mir auf die Pelle, drückt mich in die Gedanken-/und Lebenswelt einer Person, die völlig blank zieht.Er bricht in meine Bubble (Schutzzone) ein. Lässt mich an Natalies Ängsten, ihren Zwängen, Verunsicherung und verstörenden Mechanismen, mit dieser Welt, mit diesem Leben zurecht zu kommen teilhaben. NATALIE: Sexuelle Abenteuer/Streifzüge (zu nah, zu viel, widerlich!) Ihr sprunghaftes assoziatives Denken, das in verstörende Bilder abgleitet Die Vorliebe für "Nonsequitur-Unterhaltungen und Gedanken": unlogische Folgerungen, Fehlschlüsse der Argumentation, oder wie ich es ausdrücke: Gaga-Nonsens- wozu? Entspannung! Verdrängung von Erinnerungen? Sie scheint zu sensibel für das Leben zu sein. Imaginäre Mäuse und weiße Flauschbälle aus ihrer Fantasiewelt helfen sich zu erden. Ein Großteil des Buches spielt in dieser Nonsens-Welt, die für Natalie überlebenswichtig ist- für mich die reinste Qual. Ich habe vieles als Eskapismus empfunden. Was will dieses Buch? Welchen Mehrwert habe ich als Leser? Ich konnte es nicht sehen. Natalie mit ihrem Hang zu Verschwörungsmythen, dem Empfinden in einer Parallelwelt zu leben, voller Glitches , "Zeitungen und Kalender, die einem das Denken vernebeln". Lauter Plot, bei dem ich mich fragte, was soll ich damit?! Das interessiert mich nicht die Bohne. Dazu diese furchtbaren Gespräche, die nicht zu ende gesprochenen Sätze, das Rumgedruckse. So oft wollte ich schreien: " Leute kommt zum Punkt! Jetzt spuckt's aus!" Diese furchtbare ineffiziente Kommunikation. Ein Wahnsinn. Wisst ihr was mich am meisten fertig macht? Ich weiß immer noch nicht was Mike malt! Als wäre es lebendig. In diesem Buch ist vieles einfach nur sinnlos. Figuren werden platziert: Mario und Natalies Eltern, die dann einfach keine weitere Rolle mehr spielen. Die Ausführungen um Natalies Bruder: keine Ahnung was mit dem nun ist. Alles wabert in diesem Buch diffus herum. Hollberg mit seinen unheimlichen Meta-Erzählungen. Der Veloziraptor ist meine Lieblingsszene. Ach, und dann ging mir ein Licht auf: Kontrollverlust, Machtlosigkeit, das Gefühl von Wehrlosigkeit. Durchgespielt an Natalies Leben, ihrem Körper, Frau sein, den Anfällen der Vergangenheit, dem Heim und seinen Bewohnern, dem Thema Rache und Stalking und am Leser, der machtlos, wehrlos diesem Wahnsinn ausgeliefert ist. Dafür braucht es genau diese ekelhafte Länge von 1000 Seiten. Die Story wäre auch auf 500 Seiten prächtig erzählt gewesen, hätte aber eben nicht diesen Effekt, das langsame Durchdrehen des Lesers. Ich hasse das Buch. Sollte es Euch beim anlesen genauso gehen? Gut so, weiter machen!
1000 Seiten im Kopf von Natalie Reinegger. Ihren Ticks und Marotten, ihren weirden Gedankengängen, ihren unfassbaren Beobachtungen und verschwurbelten Assoziationen. So grotesk und abstoßend, so zart und schön, so komisch und relatable. Natalie ist die neue Heilerziehungspflegerin im Wohnheim und wird als Bezugsbetreuerin dem im Rollstuhl sitzenden Alexander Dorm zugewiesen. Jede Woche bekommt er Besuch von Christopher Hollberg, seiner großen Liebe, seinem Stalkingopfer. Das Stalking ging so weit, dass es Hollbergs Frau wohl in den Selbstmord trieb. Natalie wird von den Kolleginnen nur widerwillig informiert, was es mit diesem Arrangement auf sich hat - es sei gut für alle Beteiligten und von ihr wird nur erwartet, mitzuspielen. Doch Natalie beobachtet das Verhalten Hollbergs gegenüber seines ehemaligen Stalkers mit zunehmender Skepsis - subtile Worte und Gesten lassen Demütigung und Rachegelüste durchblitzen, erwecken schleichend Grusel und Paranoia. Clemens Setz hält über den Großteil des Buches dieses fragile Gerüst aufrecht und lässt seine Protagonistin inmitten eigener Krisen vor Heimbewohnern und deren Angehörigen, Kolleginnen und eher flüchtigen Bekannten einen Eiertanz aufführen, den perfekten Satz, die richtige Dosierung Nähe, das fehlende luminous detail suchend. Was sie entspannt: Nonsense-Gespräche (Nonseq), glänzende Hinterköpfe, Live-Sendungen, ASMR und Muskelrelaxans. Nichts vermag dieses Buch in Gänze zu beschreiben, als das Buch selbst. Wir schlittern von absurden, nerdigen Anekdoten in fundamentale Überlegungen, die einem das Hirn sprengen. Setz stellt außergewöhnliche Beschreibungen und Vergleiche an - vielleicht die wahrhaftesten, die ich je gelesen habe - und verliert sich ständig in Details gleich seiner Protagonistin, die auf dem Heimweg minutenlang trauernd vor Hunde-Vermisstenanzeigen stehen bleibt. Dabei Liebe, Obsession, Rache, Einsamkeit in allen erdenklichen Variationen - tiefgreifend spürbar und feinfühlig in Worte gefasst. Und diese Dialoge! Genau so sprechen Leute: mit unvollendeten Sätzen, mit unausgesprochenen Andeutungen, mit einem Cringe-Faktor, bei dem sich mir alles zusammenzieht. Auch die Heimbewohner werden mit so einer Authentizität beschrieben, dass ich jeden Einzelnen kennen und lieben gelernt habe. Nach all den oben genannten Themen wird auf einer ganz vordergründigen Ebene schlicht und ergreifend der Alltag einer Heilerziehungspflegerin und der im Wohnheim lebenden Menschen mit Beeinträchtigungen mit einfühlsamen und respektvollen Details gezeichnet, so allumfassend mit allen Krisen und schönen Momenten, ohne jemals urteilend zu werden.. Ein Meisterwerk, das für mich keine Seite weniger haben dürfte. Jetzt hörte sie einen lauten, tief ins Rückenmark gehenden Schluck Wasser, gefolgt von einem Biss in einen Apfel, so welthaltig und intim wie ein Zahnwehimpuls mitten in der Nacht, und rannte währenddessen an einer großen, toten Lagerhalle vorbei, deren Fensterscheiben von jemandem eingeworfen worden waren, damit die Seele entweichen konnte. (S. 213) Komische Nachmittagsluft, unerwartete Kälte in einem Gebäudeschatten. Als würde jemand auf Knopfdruck zu lachen aufhören. (S. 328) Die Luft war immer noch warm wie am Mittag, als wäre die Dämmerung in der Stadt nur eine Fehlleistung der Augen. Straßenlaternen: Lichtkneipen für Insekten. (S. 16)
Ich glaube ich habe mich schon lange nicht mehr so gefühlt. Ich hab das Gefühl ich hätte ein Buch im Kampf bezwungen.
Der Wahnsinn in Romanform „Ist dies auch Wahnsinn, so ist doch Methode drin.“ (William Shakespeare) Mehr brauche ich eigentlich über „Die Stunde zwischen Frau und Gitarre“ von Clemens J. Setz nicht sagen ha ha ha. Okay, ich versuch´s trotzdem, diesem 1000-seitigen Klopper eine Rezension zu „verpassen“, auch wenn ich ziemlich sprachlos bin, was mich die letzten Wochen begleitet hat und ich mir sicher bin, diesem Machwerk in keiner Weise irgendwie gerecht werden zu können. Dazu ist der Roman zu komplex, zu irre, zu… – ihr seht, mir fallen kaum adäquate Adjektive ein *g*. Natalie fängt als Betreuerin in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderungen an und wird dort „Bezugi“ für mehrere Klienten, darunter ein begnadeter Maler sowie ein im Rollstuhl sitzender junger Mann namens Alexander Dorm. Dieser bekommt regelmäßig Besuch von Christopher Hollberg – ausgerechnet dem Mann, dessen Frau sich vor ein paar Jahren das Leben genommen hat, da sie zuvor von Alexander Dorm gestalkt wurde. Schon bald wird Natalie ob des „Arrangements“ skeptisch und fängt an, Nachforschungen anzustellen… Das ist nur eine der vielen Ebenen dieses Meisterwerks des Irrsinns. Selten sind mir so viele Charaktere begegnet (inklusive Erzähler *g*), die viel reden, aber immer (oder meistens) am Thema vorbei erzählen. Das ist auf der einen Seite anstrengend zu lesen, aber auf der anderen Seite irre komisch und hat mich nicht nur einmal zum Lachen gebracht. Dann gab es Passagen, in denen die Fragezeichen in meinen Augen gar nicht groß genug sein konnten und dann wiederum welche, in denen die Leser:innen Natalie so dermaßen nah kommen, dass es schon fast (körperlich) weh tut. Überhaupt, Natalie: sie ist eine grandios gezeichnete Hauptfigur, die man abwechselnd schütteln oder knuddeln möchte – je nachdem, in welcher Situation sie sich gerade befindet. An einer Stelle sagt sie über sich: „Oh Gott, ich bin total peinlich. Ich kann nicht mal normale, gerade Gedanken denken." (S. 217/218) Ja, Natalie – das bist du. Und trotzdem… Ich komme auch jetzt noch nicht von dem Roman los; meine Gedanken kehren immer zurück zu Natalie, Alexander, Mike und all den anderen Figuren, die mich über sechs Wochen täglich begleitet haben. Eigentlich sollte man diesen Roman mindestens einmal im Jahr lesen – er regt einen auf, treibt einen in den Wahnsinn und lässt einen trotzdem den realen Irrsinn für ein paar Tage vergessen und entsprechend erden. So, und nun – Ende. Glocken- und Glasklare Leseempfehlung und damit verdiente 5*. ©kingofmusic