Air: Roman | Nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2025
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Pauls Geheimnis seines erfolgreichen Einrichtens auf Zeit war, daß er den Menschen ihre eigene herrliche Zukunft aufzeigen konnte, eine Zukunft, die in der jeweiligen Immobilie schon enthalten war, aufschimmerte, dann aber wieder verschwand. Als ob er es möglich machen könnte, den Menschen die Kulissen eines nur kurz inszenierten, aber besonders gelungenen schauspielerlosen Theaterstücks zu zeigen, und sie sich infolgedessen wünschten, ihr Leben könne immerfort so sein, ohne ungeordnete Stapel von noch nicht bezahlten Rechnungen in der Ecke, ohne leere Milchtüten, ohne Toilettenrollenhalter, Energiesparbirnen und Wäschekörbe voller gebrauchter Unterhosen und einzelner Socken. Paul war in den Augen seiner Kunden, obwohl sie und er das niemals so formulieren konnten, ein Magier, der ihnen half, den entropischen, furchtbar deprimierenden Zustand des Lebens zu überlisten. -Zitat, Seiten 44,45 Nicht ohne Grund hat Christian Kracht seinem Roman das titelgebende "Lied des Wanderers Aengus" vorangestellt, ein Gedicht von William Butler Yeats, welches im Jahre 1897 auch unter dem Titel "A mad song" veröffentlicht wurde. Das Gedicht voller mystischer Sehnsucht und tiefem Verlangen veranschaulicht, wie -in diesem Fall- unerwiderte Liebe, aber auch generell, unerfüllbare Träume, die sowohl die Energiereserven eines Menschen erschöpfen und gleichzeitig dessen Fantasie beflügeln können. Fasziniert von dem "schimmernden Mädchen", welches in eine Art Zwischenraum entschwindet, welcher gleichzeitig das Reich der Träume und die reale Welt zu berühren scheint, ist der rastlose Wanderer bestrebt, auf seiner Suche nach der unerreichbaren Schönheit diese Welten zusammen zu bringen, was ihm selbst eine Aura von Leid, aber auch Schönheit verleiht. Mit diesem Ausflug in die mystische und melancholische Poesie im Sinn, starten wir nun in diese Geschichte, die zunächst auf zwei Ebenen stattfindet. Da ist einmal der Magier der Inneneinrichtung namens Paul, der nach einem Auftrag für einen Herzog, ein Gemälde von James Archer geschickt bekommt, auf dem die schwer angeschlagenen Helden Merlin und Lancelot abgebildet sind. Nachdem der Protagonist dieses Bild sein eigen nennt, kann er sich vor Aufträgen kaum retten, und genießt schließlich gewisse Extravaganzen, zu dem sein Domizil auf einer steinigen schottischen Insel zählt. Doch dann erhält er eine Anfrage von einer norwegischen Zeitschrift, die er abonniert hat und die in mehr als einer Hinsicht reizvoll erscheint. Auf der zweiten Erzählebene begegnen wir dem Mädchen Idlr, die gerade ihre Mutter an die "gelbe Seuche" verloren hat und in einer Umgebung lebt, die einem Gemälde von Henri Rousseau entspricht. Sie hat großen Hunger und versucht, ein Waldtier zu erjagen. Doch ihre Pfeile durchbohren einen rätselhaften Fremden, der aus einer anderen Welt stammt. Liebevoll pflegt sie den Verletzten, doch es tauchen Soldaten auf und der Fremde scheint nicht überrascht, dass der Herzog ihn sucht. Auch scheint er eine geheimnisvolle Waffe in seinem Beutel zu tragen - ist er vielleicht ein Magier und werden seine Fähigkeiten den beiden auf der Flucht helfen? Bald wird dem Lesenden die Verbindung der zunächst getrennten Handlungsstränge klar, aber eine Geschichte zum Rätselraten zu erzählen, das ist nicht der Stil von Christian Kracht. Vielleicht hat er sich ja tatsächlich mal das Gemälde von James Archer intensiver angeschaut und sich überlegt, wie er die Darstellung zum Leben erwecken und mit einer modernen Geschichte verbinden kann. Vielleicht war es aber auch ganz anders, und überhaupt ist es wohl die Stärke des Autoren, so viele Variablen in seinem Werk anzubieten, dass jeder was zum Interpretieren hat. Daher sind diese ganzen Worte am Ende nur Gedankenspiele, aber Christian Kracht macht das sehr gut. Persönlich hätte er auf die computerspielartigen Szenen, bei denen gefühlt ein Bodycounter mitläuft und auf das eisige Fantasy Utopia verzichten können. Aber wie Anfang und Ende des Romans in Harmonie stehen, ist sehr gelungen. Und am Ende steht vielleicht die Frage, was ist mein persönlicher Sehnsuchtsort? Und vielleicht bringt die Geschichte auch mehr Gelassenheit, denn verlassene Orte werden Teil des gleichmütigen Rythmus der Natur - die einfach so funktioniert, ohne Strom und ohne die unermüdliche Schaffenskraft des Menschen. FAZIT Der Auftakt mit der Beschreibung des Wohnzimmers von Paul war wunderbar plastisch und die Geschichte um den Protagonisten auch sehr humorvoll verfasst. Die zweite Handlungsebene hat mich sehr stark an "Das letzte Einhorn" erinnert. Manchmal war mir die Handlung und die Ausarbeitung der Schauplätze etwas zu flach, gerade zum Ende hin hatte ich manchmal das Gefühl, dass nicht mehr so viel kreative Energie im Schreiben steckt. Ich habe es geliebt, wie Motive und bestimmte Phrasen wiederholt eingebaut wurden, auch wenn ich vermute, dass der Autor auch falsche Fährten legt. Und ich vermute, dass er sich mit der Morgenstern Reihe von Karl Ove Knausgård beschäftigt hat, es liegen auch dessen Bücher im Schaufenster der norwegischen Buchhandlung. Ob modernes Märchen oder reines Gedankenspiel, die Reise des Airman hat mich abgeholt. Wer will auch mit auf die große Suche?
Für alle, die sich auf ein literarisches Abenteuer einlassen möchten, das zwischen Realität und Mythos pendelt, ist 𝘈𝘪𝘳 eine empfehlenswerte Lektüre.
☄️ 𝘞𝘦𝘪𝘴𝘴𝘵 𝘥𝘶, 𝘸𝘦𝘳 𝘢𝘭𝘭𝘦 𝘋𝘪𝘯𝘨𝘦 𝘪𝘯 𝘴𝘦𝘪𝘯𝘦𝘮 𝘦𝘪𝘨𝘦𝘯𝘦𝘯 𝘚𝘦𝘭𝘣𝘴𝘵 𝘴𝘪𝘦𝘩𝘵, 𝘶𝘯𝘥 𝘴𝘦𝘪𝘯 𝘦𝘪𝘨𝘦𝘯𝘦𝘴 𝘚𝘦𝘭𝘣𝘴𝘵 𝘪𝘯 𝘢𝘭𝘭𝘦𝘯 𝘋𝘪𝘯𝘨𝘦𝘯, 𝘥𝘦𝘳 𝘷𝘦𝘳𝘭𝘪𝘦𝘳𝘵 𝘢𝘭𝘭𝘦 𝘍𝘶𝘳𝘤𝘩𝘵. ⁽ᵁᴺᴮᴱᶻᴬᴴᴸᵀᴱ ᵂᴱᴿᴮᵁᴺᴳ ⁻ ˢᴱᴸᴮˢᵀᴷᴬᵁᶠ⁾ 💭 𝘈𝘪𝘳 war mein erster Roman von Christian Kracht, und ich war gespannt, was mich – und den Protagonisten Paul – erwarten würde. Die Geschichte beginnt auf zwei Zeitebenen: In der Gegenwart begleiteten wir Paul, einen Innenarchitekten, der den Auftrag erhält, ein Rechenzentrum in Stavanger, Norwegen, mit dem perfekten Weiß zu streichen. In der zweiten Zeitebene finden wir uns in einer keltisch anmutenden, vorchristlichen Welt wieder – ein Übergang, der mich zunächst verwirrte. Die ersten Seiten sind atmosphärisch dicht und szenisch geschrieben, besonders seine Hütte in der kleinen schottischen Stadt Stromness und die Zeit in Stavanger haben mir gefallen. Doch dann ereignet sich eine Sonneneruption, die Pauls Realität erschüttert. Obwohl der Schreibstil flüssig bleibt und viele spannende Ideen präsentiert werden, fühlte ich mich in Stavanger hängen geblieben und in dieser neuen Welt etwas verloren. Die Verbindung zwischen den beiden Ebenen ist zwar vorhanden, doch einige Fäden bleiben für mich lose. 𝘈𝘪𝘳 ist kein Roman für diejenigen, die eine geradlinige Geschichte erwarten. Es ist vielmehr ein literarisches Rätsel, das zum Interpretieren und Diskutieren einlädt. Die Charaktere sind faszinierend, das Setting ungewöhnlich, und die Fragen, die der Roman aufwirft, begleiten mich vor allem auch nach der Lektüre. Ich hätte gerne mehr Zeit mit Paul in Stavanger verbracht, doch die Reise, die Kracht hier anbietet, ist einzigartig und herausfordernd zugleich. Für alle, die sich auf ein literarisches Abenteuer einlassen möchten, das zwischen Realität und Mythos pendelt, ist 𝘈𝘪𝘳 eine empfehlenswerte Lektüre. ⭐️⭐️⭐️

Kurzweilig und sehr unterhaltsam
Das Buch spielt am Anfang in zwei verschiedenen Ebenen, am Ende ist es aber nur noch eine. War mein erster Kracht und es hat mir echt gut gefallen. Also, klare Empfehlung!
Das Buch war anders als alles was ich jemals gelesen habe. Die Geschichte schwenkt zwischen verschiedenen Zeitzonen oder ist es Traum und Wirklichkeit? So richtig erschließt es sich mir nicht…..es war nicht langweilig, man wollte schon wissen wie es weitergeht bzw. ausgeht Nur bedingt zu empfehlen, wäre derRoman umfangreicher gewesen , hätte ich vielleicht abgebrochen. 250 Seiten knapp, dasteht mal so für zwischendurch
So seltsam und doch so angenehm zu lesen.
Irritierend, spannend, ratlos machend und auf jeden Fall lesenswert. Anders als meine bisherigen Erfahrungen mit Kracht... und ich glaube, diese Überraschung in seiner Leserschaft wird ihn freuen. Er ist halt nicht einzuordnen. Werde ihm also weiterhin treu bleiben 😁
Sternebewertung fiktiv
„Das Leben war voller Sorgen, aber auch nicht wirklich. Es war eine Zeit, in der viele Dinge schnell erworben und dann wieder vergessen wurden.“ Seite 11 Die Geschichte beginnt in einer kleinen Stadt in Schottland. Paul, ein Schweizer Inneneinrichter, lebt dort scheinbar unbedeutend, bis ihm zwei neue Aufträge angeboten werden. Er entscheidet sich für den vermeintlich einfacheren. Einen Raum in einem norwegischen Datenzentrum neu zu streichen. Eine Aufgabe ohne Besonderheiten, und plötzlich verschwindet Paul in diesem Raum. Wir tauchen in eine Parallelwelt ein, die sich wie ein düsteres, mittelalterliches Universum anfühlt. Paul befindet sich plötzlich dort, ein kleines Mädchen namens Ildr an der Hand und ist auf der Flucht vor einem bedrohlichen Fürsten. Die beiden Welten beginnen sich miteinander zu verflechten. Das reale Leben, die erlebte Parallelwelt, und Pauls eigenes Bewusstsein vermischen sich zusehends. Der Autor schafft mit AIR ein unruhiges, fast beängstigendes Universum. Was in Pauls realem Leben Bedeutung hat, seine Werte, sein Beruf, seine Entscheidungen wird in der anderen Welt zu einem unheimlichen Spiegelbild. Manche Passagen musste ich zweimal lesen, um den Verlauf besser zu verstehen. Die Geschichte funktioniert wie eine Metapher, eine große mit verschlüsselter Frage nach Identität, Erinnerung und dem, was bleibt, wenn wir selbst nicht mehr da sind. Der Roman ist kein typischer Kracht. AIR ist dabei alles andere als einfach, es ist fordernd, verstörend, und gerade dadurch intensiv. Besonders das Ende hallt nach. Die Parallelwelt endet dort, wo die Geschichte in der realen Welt begonnen hat. Zumindest habe ich es so empfunden. Das verstärkt die Grundfragen des Romans noch einmal. AIR ist ein Anklopfen an unsere Gedanken, an unsere Werte, an das Leben selbst. Kein klassischer Kracht, aber ein wirklich verrückter, der ein zweites Lesen einfordern kann und Ruhe braucht.
Ein Buch, bei dem man nicht möchte, das es endet… Klare 5 Sterne für diese souverän erzählte, surreal-phantastische Geschichte!
Es ist schon gut. Das rätselhafte zieht einen immer mehr rein… auch die letzten 30-40 Seiten gefielen mir sehr gut. Aber wie ich es am Ende wirklich fand, das wird mir vermutlich erst in ein paar Wochen klar.
EDIT: Mit etwas Abstand… Kracht kann wirklich fein und destilliert schreiben. Das wird immer bleiben. Auch hier schafft er es wieder sublime Scherze über unsere trottelige Moderne zu machen. Diese Art von Insider-Jokes mögen natürlich vor allem Feuilleton-Boys. Und auch wenn ich selber manchmal ein bisschen Fan-Boy-tum in mir habe… hier ist es mir doch alles etwas zu doll. In „die sogenannte Gegenwart“ kann man von Lars Weisbrod und Ijoma Mangold zwar schon auch viel interessantes über den Roman lernen… aber insgesamt nervt das abgekulte schon sehr. Im Leben nicht wäre der Roman von einer jungen Frau so veröffentlicht worden, noch so abgefeiert. Und das nervt dann doch ein bisschen. Weil gut ist er schon, der Roman, aber hier kauft man die Fans auch mit. Allgemein ist mir zu wenig ambivalenz bei den Besprechungen unterwegs. Die schlechte Kritik in der FAZ war mir wiederum zu einfältig. Naja. Vielleicht sollte man ihn in 1-2 Jahren lesen, wenn die Rezeption weniger aufgeregt drum
»Weißt Du, wer alle Dinge in seinem eigenen Selbst sieht, und sein eigenes Selbst in allen Dingen, der verliert alle Furcht.«
Christian Kracht ist einer der Autoren, dessen Bücher ich langsam, Satz für Satz, lese, um keines der vielen versteckten Details zu überlesen. So auch bei diesem Roman. Es beginnt mit Paul, einem Schweizer Dekorateur, der eigentlich Wohnungen einrichtet, damit sich diese besser verkaufen lassen. Doch als er von seinem Lieblingsmagazin Kūki einen Auftrag bekommt, der darin besteht das perfekte, das einmalige Weiß zu finden, begibt er sich auf eine Reise nach Norwegen, die ganz anders endet, als er es erwartet hätte. Für nichts anderes als für ein riesiges Data Center soll er den gewünschten Farbton finden. Also fährt er mit Cohen, dem Verleger der Zeitschrift, dorthin. Eine außergewöhnliche Sonneneruption, dessen Strahlung einige Minuten später die Erde erreichte, löste in den Datenbanken, in denen Paul sich eben befand, einen Stromausfall aus. Kurz darauf war er nicht mehr da. Er findet sich in einer ganz anderen Welt wieder, in der er gleich zu Beginn fast erschossen wird. Krachts neuer Roman ist eine absurde Reise in andere Welten, in dem einige Motive, wie ein ominöses Ölgemälde oder die Zeitschrift Kūki, die gleich zu Beginn eindrücklich beschrieben werden und auf das neugierig machen, was noch kommen wird, eine besondere Rolle spielen. Anfangs fühlt man sich etwas verloren und muss sich zuerst noch orientieren, doch mit der Zeit erschließt sich immer mehr ein Gesamtbild, auch wenn am Ende noch einige Fragen, besonders solche die jegliche Vorstellungskraft überschreiten, übrig bleiben. Doch genau das macht den Reiz des Buchs aus und ist definitiv eine Stärke, neben dem bewussten Stil. Gerne wäre ich noch länger in der Welt verblieben, die Kracht in diesem Buch erschaffen hat. Letztlich ist es jedoch fast unmöglich diesem Roman durch eine Rezension ansatzweise gerecht zu werden, man muss ihn selbst lesen und sich seine eigene Meinung dazu bilden.

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Pauls Geheimnis seines erfolgreichen Einrichtens auf Zeit war, daß er den Menschen ihre eigene herrliche Zukunft aufzeigen konnte, eine Zukunft, die in der jeweiligen Immobilie schon enthalten war, aufschimmerte, dann aber wieder verschwand. Als ob er es möglich machen könnte, den Menschen die Kulissen eines nur kurz inszenierten, aber besonders gelungenen schauspielerlosen Theaterstücks zu zeigen, und sie sich infolgedessen wünschten, ihr Leben könne immerfort so sein, ohne ungeordnete Stapel von noch nicht bezahlten Rechnungen in der Ecke, ohne leere Milchtüten, ohne Toilettenrollenhalter, Energiesparbirnen und Wäschekörbe voller gebrauchter Unterhosen und einzelner Socken. Paul war in den Augen seiner Kunden, obwohl sie und er das niemals so formulieren konnten, ein Magier, der ihnen half, den entropischen, furchtbar deprimierenden Zustand des Lebens zu überlisten. -Zitat, Seiten 44,45 Nicht ohne Grund hat Christian Kracht seinem Roman das titelgebende "Lied des Wanderers Aengus" vorangestellt, ein Gedicht von William Butler Yeats, welches im Jahre 1897 auch unter dem Titel "A mad song" veröffentlicht wurde. Das Gedicht voller mystischer Sehnsucht und tiefem Verlangen veranschaulicht, wie -in diesem Fall- unerwiderte Liebe, aber auch generell, unerfüllbare Träume, die sowohl die Energiereserven eines Menschen erschöpfen und gleichzeitig dessen Fantasie beflügeln können. Fasziniert von dem "schimmernden Mädchen", welches in eine Art Zwischenraum entschwindet, welcher gleichzeitig das Reich der Träume und die reale Welt zu berühren scheint, ist der rastlose Wanderer bestrebt, auf seiner Suche nach der unerreichbaren Schönheit diese Welten zusammen zu bringen, was ihm selbst eine Aura von Leid, aber auch Schönheit verleiht. Mit diesem Ausflug in die mystische und melancholische Poesie im Sinn, starten wir nun in diese Geschichte, die zunächst auf zwei Ebenen stattfindet. Da ist einmal der Magier der Inneneinrichtung namens Paul, der nach einem Auftrag für einen Herzog, ein Gemälde von James Archer geschickt bekommt, auf dem die schwer angeschlagenen Helden Merlin und Lancelot abgebildet sind. Nachdem der Protagonist dieses Bild sein eigen nennt, kann er sich vor Aufträgen kaum retten, und genießt schließlich gewisse Extravaganzen, zu dem sein Domizil auf einer steinigen schottischen Insel zählt. Doch dann erhält er eine Anfrage von einer norwegischen Zeitschrift, die er abonniert hat und die in mehr als einer Hinsicht reizvoll erscheint. Auf der zweiten Erzählebene begegnen wir dem Mädchen Idlr, die gerade ihre Mutter an die "gelbe Seuche" verloren hat und in einer Umgebung lebt, die einem Gemälde von Henri Rousseau entspricht. Sie hat großen Hunger und versucht, ein Waldtier zu erjagen. Doch ihre Pfeile durchbohren einen rätselhaften Fremden, der aus einer anderen Welt stammt. Liebevoll pflegt sie den Verletzten, doch es tauchen Soldaten auf und der Fremde scheint nicht überrascht, dass der Herzog ihn sucht. Auch scheint er eine geheimnisvolle Waffe in seinem Beutel zu tragen - ist er vielleicht ein Magier und werden seine Fähigkeiten den beiden auf der Flucht helfen? Bald wird dem Lesenden die Verbindung der zunächst getrennten Handlungsstränge klar, aber eine Geschichte zum Rätselraten zu erzählen, das ist nicht der Stil von Christian Kracht. Vielleicht hat er sich ja tatsächlich mal das Gemälde von James Archer intensiver angeschaut und sich überlegt, wie er die Darstellung zum Leben erwecken und mit einer modernen Geschichte verbinden kann. Vielleicht war es aber auch ganz anders, und überhaupt ist es wohl die Stärke des Autoren, so viele Variablen in seinem Werk anzubieten, dass jeder was zum Interpretieren hat. Daher sind diese ganzen Worte am Ende nur Gedankenspiele, aber Christian Kracht macht das sehr gut. Persönlich hätte er auf die computerspielartigen Szenen, bei denen gefühlt ein Bodycounter mitläuft und auf das eisige Fantasy Utopia verzichten können. Aber wie Anfang und Ende des Romans in Harmonie stehen, ist sehr gelungen. Und am Ende steht vielleicht die Frage, was ist mein persönlicher Sehnsuchtsort? Und vielleicht bringt die Geschichte auch mehr Gelassenheit, denn verlassene Orte werden Teil des gleichmütigen Rythmus der Natur - die einfach so funktioniert, ohne Strom und ohne die unermüdliche Schaffenskraft des Menschen. FAZIT Der Auftakt mit der Beschreibung des Wohnzimmers von Paul war wunderbar plastisch und die Geschichte um den Protagonisten auch sehr humorvoll verfasst. Die zweite Handlungsebene hat mich sehr stark an "Das letzte Einhorn" erinnert. Manchmal war mir die Handlung und die Ausarbeitung der Schauplätze etwas zu flach, gerade zum Ende hin hatte ich manchmal das Gefühl, dass nicht mehr so viel kreative Energie im Schreiben steckt. Ich habe es geliebt, wie Motive und bestimmte Phrasen wiederholt eingebaut wurden, auch wenn ich vermute, dass der Autor auch falsche Fährten legt. Und ich vermute, dass er sich mit der Morgenstern Reihe von Karl Ove Knausgård beschäftigt hat, es liegen auch dessen Bücher im Schaufenster der norwegischen Buchhandlung. Ob modernes Märchen oder reines Gedankenspiel, die Reise des Airman hat mich abgeholt. Wer will auch mit auf die große Suche?
Für alle, die sich auf ein literarisches Abenteuer einlassen möchten, das zwischen Realität und Mythos pendelt, ist 𝘈𝘪𝘳 eine empfehlenswerte Lektüre.
☄️ 𝘞𝘦𝘪𝘴𝘴𝘵 𝘥𝘶, 𝘸𝘦𝘳 𝘢𝘭𝘭𝘦 𝘋𝘪𝘯𝘨𝘦 𝘪𝘯 𝘴𝘦𝘪𝘯𝘦𝘮 𝘦𝘪𝘨𝘦𝘯𝘦𝘯 𝘚𝘦𝘭𝘣𝘴𝘵 𝘴𝘪𝘦𝘩𝘵, 𝘶𝘯𝘥 𝘴𝘦𝘪𝘯 𝘦𝘪𝘨𝘦𝘯𝘦𝘴 𝘚𝘦𝘭𝘣𝘴𝘵 𝘪𝘯 𝘢𝘭𝘭𝘦𝘯 𝘋𝘪𝘯𝘨𝘦𝘯, 𝘥𝘦𝘳 𝘷𝘦𝘳𝘭𝘪𝘦𝘳𝘵 𝘢𝘭𝘭𝘦 𝘍𝘶𝘳𝘤𝘩𝘵. ⁽ᵁᴺᴮᴱᶻᴬᴴᴸᵀᴱ ᵂᴱᴿᴮᵁᴺᴳ ⁻ ˢᴱᴸᴮˢᵀᴷᴬᵁᶠ⁾ 💭 𝘈𝘪𝘳 war mein erster Roman von Christian Kracht, und ich war gespannt, was mich – und den Protagonisten Paul – erwarten würde. Die Geschichte beginnt auf zwei Zeitebenen: In der Gegenwart begleiteten wir Paul, einen Innenarchitekten, der den Auftrag erhält, ein Rechenzentrum in Stavanger, Norwegen, mit dem perfekten Weiß zu streichen. In der zweiten Zeitebene finden wir uns in einer keltisch anmutenden, vorchristlichen Welt wieder – ein Übergang, der mich zunächst verwirrte. Die ersten Seiten sind atmosphärisch dicht und szenisch geschrieben, besonders seine Hütte in der kleinen schottischen Stadt Stromness und die Zeit in Stavanger haben mir gefallen. Doch dann ereignet sich eine Sonneneruption, die Pauls Realität erschüttert. Obwohl der Schreibstil flüssig bleibt und viele spannende Ideen präsentiert werden, fühlte ich mich in Stavanger hängen geblieben und in dieser neuen Welt etwas verloren. Die Verbindung zwischen den beiden Ebenen ist zwar vorhanden, doch einige Fäden bleiben für mich lose. 𝘈𝘪𝘳 ist kein Roman für diejenigen, die eine geradlinige Geschichte erwarten. Es ist vielmehr ein literarisches Rätsel, das zum Interpretieren und Diskutieren einlädt. Die Charaktere sind faszinierend, das Setting ungewöhnlich, und die Fragen, die der Roman aufwirft, begleiten mich vor allem auch nach der Lektüre. Ich hätte gerne mehr Zeit mit Paul in Stavanger verbracht, doch die Reise, die Kracht hier anbietet, ist einzigartig und herausfordernd zugleich. Für alle, die sich auf ein literarisches Abenteuer einlassen möchten, das zwischen Realität und Mythos pendelt, ist 𝘈𝘪𝘳 eine empfehlenswerte Lektüre. ⭐️⭐️⭐️

Kurzweilig und sehr unterhaltsam
Das Buch spielt am Anfang in zwei verschiedenen Ebenen, am Ende ist es aber nur noch eine. War mein erster Kracht und es hat mir echt gut gefallen. Also, klare Empfehlung!
Das Buch war anders als alles was ich jemals gelesen habe. Die Geschichte schwenkt zwischen verschiedenen Zeitzonen oder ist es Traum und Wirklichkeit? So richtig erschließt es sich mir nicht…..es war nicht langweilig, man wollte schon wissen wie es weitergeht bzw. ausgeht Nur bedingt zu empfehlen, wäre derRoman umfangreicher gewesen , hätte ich vielleicht abgebrochen. 250 Seiten knapp, dasteht mal so für zwischendurch
So seltsam und doch so angenehm zu lesen.
Irritierend, spannend, ratlos machend und auf jeden Fall lesenswert. Anders als meine bisherigen Erfahrungen mit Kracht... und ich glaube, diese Überraschung in seiner Leserschaft wird ihn freuen. Er ist halt nicht einzuordnen. Werde ihm also weiterhin treu bleiben 😁
Sternebewertung fiktiv
„Das Leben war voller Sorgen, aber auch nicht wirklich. Es war eine Zeit, in der viele Dinge schnell erworben und dann wieder vergessen wurden.“ Seite 11 Die Geschichte beginnt in einer kleinen Stadt in Schottland. Paul, ein Schweizer Inneneinrichter, lebt dort scheinbar unbedeutend, bis ihm zwei neue Aufträge angeboten werden. Er entscheidet sich für den vermeintlich einfacheren. Einen Raum in einem norwegischen Datenzentrum neu zu streichen. Eine Aufgabe ohne Besonderheiten, und plötzlich verschwindet Paul in diesem Raum. Wir tauchen in eine Parallelwelt ein, die sich wie ein düsteres, mittelalterliches Universum anfühlt. Paul befindet sich plötzlich dort, ein kleines Mädchen namens Ildr an der Hand und ist auf der Flucht vor einem bedrohlichen Fürsten. Die beiden Welten beginnen sich miteinander zu verflechten. Das reale Leben, die erlebte Parallelwelt, und Pauls eigenes Bewusstsein vermischen sich zusehends. Der Autor schafft mit AIR ein unruhiges, fast beängstigendes Universum. Was in Pauls realem Leben Bedeutung hat, seine Werte, sein Beruf, seine Entscheidungen wird in der anderen Welt zu einem unheimlichen Spiegelbild. Manche Passagen musste ich zweimal lesen, um den Verlauf besser zu verstehen. Die Geschichte funktioniert wie eine Metapher, eine große mit verschlüsselter Frage nach Identität, Erinnerung und dem, was bleibt, wenn wir selbst nicht mehr da sind. Der Roman ist kein typischer Kracht. AIR ist dabei alles andere als einfach, es ist fordernd, verstörend, und gerade dadurch intensiv. Besonders das Ende hallt nach. Die Parallelwelt endet dort, wo die Geschichte in der realen Welt begonnen hat. Zumindest habe ich es so empfunden. Das verstärkt die Grundfragen des Romans noch einmal. AIR ist ein Anklopfen an unsere Gedanken, an unsere Werte, an das Leben selbst. Kein klassischer Kracht, aber ein wirklich verrückter, der ein zweites Lesen einfordern kann und Ruhe braucht.
Ein Buch, bei dem man nicht möchte, das es endet… Klare 5 Sterne für diese souverän erzählte, surreal-phantastische Geschichte!
Es ist schon gut. Das rätselhafte zieht einen immer mehr rein… auch die letzten 30-40 Seiten gefielen mir sehr gut. Aber wie ich es am Ende wirklich fand, das wird mir vermutlich erst in ein paar Wochen klar.
EDIT: Mit etwas Abstand… Kracht kann wirklich fein und destilliert schreiben. Das wird immer bleiben. Auch hier schafft er es wieder sublime Scherze über unsere trottelige Moderne zu machen. Diese Art von Insider-Jokes mögen natürlich vor allem Feuilleton-Boys. Und auch wenn ich selber manchmal ein bisschen Fan-Boy-tum in mir habe… hier ist es mir doch alles etwas zu doll. In „die sogenannte Gegenwart“ kann man von Lars Weisbrod und Ijoma Mangold zwar schon auch viel interessantes über den Roman lernen… aber insgesamt nervt das abgekulte schon sehr. Im Leben nicht wäre der Roman von einer jungen Frau so veröffentlicht worden, noch so abgefeiert. Und das nervt dann doch ein bisschen. Weil gut ist er schon, der Roman, aber hier kauft man die Fans auch mit. Allgemein ist mir zu wenig ambivalenz bei den Besprechungen unterwegs. Die schlechte Kritik in der FAZ war mir wiederum zu einfältig. Naja. Vielleicht sollte man ihn in 1-2 Jahren lesen, wenn die Rezeption weniger aufgeregt drum
»Weißt Du, wer alle Dinge in seinem eigenen Selbst sieht, und sein eigenes Selbst in allen Dingen, der verliert alle Furcht.«
Christian Kracht ist einer der Autoren, dessen Bücher ich langsam, Satz für Satz, lese, um keines der vielen versteckten Details zu überlesen. So auch bei diesem Roman. Es beginnt mit Paul, einem Schweizer Dekorateur, der eigentlich Wohnungen einrichtet, damit sich diese besser verkaufen lassen. Doch als er von seinem Lieblingsmagazin Kūki einen Auftrag bekommt, der darin besteht das perfekte, das einmalige Weiß zu finden, begibt er sich auf eine Reise nach Norwegen, die ganz anders endet, als er es erwartet hätte. Für nichts anderes als für ein riesiges Data Center soll er den gewünschten Farbton finden. Also fährt er mit Cohen, dem Verleger der Zeitschrift, dorthin. Eine außergewöhnliche Sonneneruption, dessen Strahlung einige Minuten später die Erde erreichte, löste in den Datenbanken, in denen Paul sich eben befand, einen Stromausfall aus. Kurz darauf war er nicht mehr da. Er findet sich in einer ganz anderen Welt wieder, in der er gleich zu Beginn fast erschossen wird. Krachts neuer Roman ist eine absurde Reise in andere Welten, in dem einige Motive, wie ein ominöses Ölgemälde oder die Zeitschrift Kūki, die gleich zu Beginn eindrücklich beschrieben werden und auf das neugierig machen, was noch kommen wird, eine besondere Rolle spielen. Anfangs fühlt man sich etwas verloren und muss sich zuerst noch orientieren, doch mit der Zeit erschließt sich immer mehr ein Gesamtbild, auch wenn am Ende noch einige Fragen, besonders solche die jegliche Vorstellungskraft überschreiten, übrig bleiben. Doch genau das macht den Reiz des Buchs aus und ist definitiv eine Stärke, neben dem bewussten Stil. Gerne wäre ich noch länger in der Welt verblieben, die Kracht in diesem Buch erschaffen hat. Letztlich ist es jedoch fast unmöglich diesem Roman durch eine Rezension ansatzweise gerecht zu werden, man muss ihn selbst lesen und sich seine eigene Meinung dazu bilden.
